Wachstumschancengesetz (Teil 13): Überblick über die Zinshöhenschranke (§ 4l AStG)

11.08.2023 | FGS Blog

Am 12.07.2023 wurde der Entwurf eines Wachstumschancengesetzes bekannt gemacht. Dieser sieht eine Zinshöhenschranke zur Gegenfinanzierung verschiedener Förderungen (siehe hierzu Blog-Reihe im FGS-Blog) vor.

Grundlegende Regelung

Die Zinshöhenschranke stellt eine Abzugsbeschränkung für Zinsaufwendungen an nahestehende Personen i.S.d. § 1 Abs. 2 AStG dar. Zinsaufwendungen sollen dann insoweit nicht abziehbar sein, wie sie einen Höchstsatz überschreiten. Als Höchstsatz wird der um 2 Prozentpunkte erhöhte Basiszinssatz nach § 247 BGB definiert. Es besteht jedoch eine Gegenbeweismöglichkeit und eine Substanzausnahme.

Nachfolgend werden die aus Sicht der Beratungspraxis besonders relevanten Aussagen zur Zinshöhenschranke i.S.v. § 4l EStG-E dargestellt:

Anwendungsbereich

Die Zinshöhenschranke soll nur für Zinsaufwendungen gegenüber nahestehenden Personen gelten; insofern bleibt die Fremdkapitalaufnahme von Dritten durch die Zinshöhenschranke unberührt. Eine weitere Voraussetzung ist, dass Zinsaufwendungen an nahestehende Personen den Höchstsatz übersteigen, der als 2% über den Basiszinssatz nach § 247 BGB definiert ist. Dementsprechend orientiert er sich an dem Zinssatz für die jüngste Hauptrefinanzierungsoperation der Europäischen Zentralbank. Aktuell würde der Höchstsatz demnach 5,12% (3,12% Basiszinssatz zzgl. 2%) entsprechen.

Gleichwohl soll eine Escape-Möglichkeit geschaffen werden, die einen Zinsabzug bis zur (höheren) günstigsten Finanzierungsmöglichkeit zulässt, die dem Steuerpflichtigen selbst und der obersten Muttergesellschaft zur Verfügung steht. Fraglich bleibt jedoch, wie streng diese Gegenbeweismöglichkeit auszulegen ist, d. h. in welchem Umfang und in welcher Art die Steuerpflichtige und deren oberste Muttergesellschaft Fremdfinanzierungsmöglichkeiten bzw. -angebote einholen müssen, um den Gegenbeweis erfolgreich zu führen.

Auch soll die Beschränkung nicht greifen, wenn der Gläubiger im Staat des Sitzes oder Geschäftsleitungsstaat einer wesentlichen wirtschaftlichen Tätigkeit nachgeht, wobei die Substanzanforderungen des § 8 Abs. 2 AStG sinngemäß gelten. Dies greift jedoch nur, wenn der Staat sich verpflichtet hat, Amtshilfe zu leisten.

Einordnung als treaty override

Die Regelung steht nicht im Einklang mit den Regelungen des Art. 9 OECD-MA zur fremdüblichen Darlehensvergabe. Insofern können Doppelbesteuerungseffekte eintreten, da der Zinsabzug begrenzt wird, auch wenn ein höherer Fremdfinanzierungszinssatz fremdüblich wäre.

Immerhin ermöglicht die Gegenbeweismöglichkeit den Zinsabzug. Jedoch geht die vorgesehene Nachweispflicht über die abkommensrechtlich übliche Darlegung einer Fremdüblichkeit in Form einer Plausibilitätsüberlegung hinaus.

Beratungshinweise

Der Zinssatz nach § 247 BGB wird halbjährlich neu bestimmt und bekanntgegeben. Um im Fall eines sinkenden Zinsumfeldes das Risiko zu vermeiden, dass der (anteilige) Zinsabzug aufgrund der Zinshöhenschranke versagt wird, empfiehlt es sich, entweder nur kurzfristige Darlehen mit entsprechender Laufzeit bzw. mit flexiblem Zins zu vereinbaren. Insofern stehen Steuerpflichtige häufiger vor der Aufgabe, die Zinshöhe zu prüfen bzw. anzupassen.

Von der Zinshöhenschranke dürften insbesondere Steuerpflichtige mit schlechter Bonität betroffen sein, da diese – fremdüblich – entsprechend höhere Zinssätze zu zahlen hätten. Ihnen steht zwar die Gegenbeweismöglichkeit offen, gleichwohl ist fraglich, wie umfangreich der Gegenbeweis zu führen ist.

Die Regelung soll aber insbesondere dann nicht greifen, wenn der Darlehensgeber einer wirtschaftlichen Tätigkeit nachgeht. Daher werden davon – so auch ausdrücklich die Gesetzesbegründung – Fälle betroffen sein, bei denen die Finanzierung durch eine substanzlose Gesellschaft erfolgt. Gleichwohl bietet dies den Spielraum, dass die Finanzierung durch eine wirtschaftlich tätige ausländische Gesellschaft erfolgt, die ihrerseits die Finanzierung von einer substanzlosen Gesellschaft erhält und weitgehend durchleitet.

 

Der Referentenentwurf zum Wachstumschancengesetz enthält eine Vielzahl steuerlicher Maßnahmen für Unternehmen. Die folgenden Maßnahmen werden in dieser Blog-Reihe tiefergehend betrachtet: