Der Referentenentwurf des Wachstumschancengesetz vom 14. Juli 2023 beinhaltet einige interessante Änderungen im Bereich der steuerlichen Abschreibung von Wirtschaftsgütern:
Geringwertige Wirtschaftsgüter & Sammelposten
Nach derzeitiger Rechtslage können gem. § 6 Abs. 2 S. 1 EStG die Anschaffungs- oder Herstellungskosten abnutzbarer beweglicher Wirtschaftsgüter, die zu einer selbständigen Nutzung fähig sind, im Jahr der Anschaffung oder Herstellung des Wirtschaftsguts in voller Höhe als Betriebsausgaben geltend gemacht werden, sofern die Anschaffungs- oder Herstellungskosten des einzelnen Wirtschaftsguts 800 EUR nicht übersteigen (sog. geringwertige Wirtschaftsgüter). Maßgebend für diese Wertgrenze ist stets der Nettobetrag ohne Einbeziehung der Umsatzsteuer, unabhängig davon, ob die Vorsteuer abziehbar ist oder nicht. Der Referentenentwurf sieht eine deutliche Steigerung der maßgeblichen Wertgrenze von derzeit 800 EUR auf nunmehr 1.000 EUR vor (§ 6 Abs. 2 S. 1 EStG-E).
Anstelle der Sofortabschreibung nach § 6 Abs. 2 S. 1 EStG, kann der Steuerpflichtige einen sogenannten Sammelposten gem. § 6 Abs. 2a S. 1 EStG für abnutzbare bewegliche Wirtschaftsgüter bilden, die einer selbständigen Nutzung fähig sind und deren Anschaffungs- oder Herstellungskosten ohne Umsatzsteuer 250 EUR, aber nicht 1.000 EUR übersteigen. Der gebildete Sammelposten ist gem. § 6 Abs. 2a S. 2 EStG im Jahr der Bildung und in den darauffolgenden vier Jahren jeweils mit einem Fünftel gewinnmindernd aufzulösen. Die Auflösung ist dabei stets in Höhe von einem Fünftel zu gewähren; eine zeitanteilige Auflösung, etwa bei unterjähriger Bildung des Sammelpostens, ist dementsprechend nicht vorzunehmen. Zu beachten ist jedoch, dass das Wahlrecht zur Bildung eines Sammelpostens gem. § 6 Abs. 2a S. 5 EStG stets einheitlich für alle in einem Wirtschaftsjahr angeschafften oder hergestellten Wirtschaftsgüter ausgeübt werden muss. Eine Aufteilung zwischen Sofortabschreibung nach § 6 Abs. 2 S. 1 EStG und der Sammelpostenabschreibung nach § 6 Abs. 2a S. 1 EStG ist dementsprechend nicht möglich. Nach § 6 Abs. 2a S. 1 und 2 EStG-E soll die Wertgrenze für die Sammelpostenbildung von derzeit 1.000 EUR deutlich auf 5.000 EUR und die Abschreibungsdauer von bislang fünf auf nunmehr drei Wirtschaftsjahr reduziert werden.
Sonderabschreibung nach § 7g Abs. 5 EStG
Nach § 7g Abs. 5 EStG können Steuerpflichtige für abnutzbare bewegliche Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens im Jahr der Anschaffung oder Herstellung und den darauffolgenden vier Wirtschaftsjahren bis zu 20 % der Anschaffungs- oder Herstellungskosten als zusätzliche Sonderabschreibung neben der regulären Abschreibung in Anspruch nehmen. Voraussetzung hierfür ist gem. § 7g Abs. 6 EStG, dass der Gewinn des Betriebs des Steuerpflichtigen im Jahr vor der Anschaffung oder Herstellung die Grenze von 200.000 EUR nicht übersteigt und das Wirtschaftsgut im Jahr der Anschaffung oder Herstellung und im darauf folgenden Wirtschaftsjahr vermietet oder in einer inländischen Betriebsstätte des Betriebs des Steuerpflichtigen ausschließlich oder fast ausschließlich, d.h. zu mindestens 90 %, betrieblich genutzt wird. Die Sonderabschreibung ist aufgrund der relativ niedrigen Gewinngrenze damit insbesondere für neugegründete und kleinere Unternehmen von Relevanz. Eine Inanspruchnahme der Sonderabschreibung ist dabei unabhängig von der vorherigen Inanspruchnahme des Investitionsabzugsbetrags nach § 7g Abs. 1 EStG möglich. Der bisherige Abschreibungshöchstbetrag soll nach dem Referentenentwurf von derzeit 20 % auf 50 % erhöht werden (§ 7g Abs. 5 EStG-E).
Ausblick
Die im Referentenentwurf vorgesehenen Änderungen im Bereich der steuerlichen Abschreibung sind durchweg zu begrüßen. Die Ausweitung der steuerlichen Sonderabschreibung nach § 7g Abs. 5 EStG stellt gerade für kleinere Unternehmen eine willkommene Investitionsförderung dar. Da die Wertgrenze für die Bildung eines steuerlichen Sammelpostens um das Fünffache angehoben und gleichzeitig die Abschreibungsdauer deutlich verkürzt werden soll, ist davon auszugehen, dass zukünftig wohl deutlich mehr Steuerpflichtige als bisher von diesem steuerlichen Abschreibungsinstrument Gebrauch machen dürften.
Der Referentenentwurf zum Wachstumschancengesetz enthält eine Vielzahl steuerlicher Maßnahmen für Unternehmen. Die folgenden Maßnahmen werden in dieser Blog-Reihe tiefergehend betrachtet:
- Schaffung einer Klimaschutz-Investitionsprämie
- Stärkung der Forschungszulage
- Neufassung der Thesaurierungsbesteuerung gem. § 34a EStG
- Reform der Zinsschrankenregelung in § 4h EStG
- Gesteigerte steuerliche Abschreibungsmöglichkeiten
- Einführung einer Zinshöhenschrankenregelung
- Schaffung eines internationalen Risikobewertungsverfahrens
- Anpassung der Nachspaltungsveräußerungssperre in § 15 Abs. 2 UmwStG
- Ausweitung der Meldepflicht für Steuergestaltungen auf innerstaatliche Gestaltungen
- Verbesserung der ertragsteuerlichen Verlustnutzungsmöglichkeiten
- Steigerung der Attraktivität des Optionsmodells gem. § 1a KStG
- Erweiterung des Zuwendungsempfängerregisters
- Umsatzsteuerliche Maßnahmen und insbesondere elektronische Rechnungen