Der Referentenentwurf (RefE) des Wachstumschancengesetzes sieht eine Verschärfung der sog. Nachspaltungsveräußerungssperre (§ 15 Abs. 2 Satz 2-4 UmwStG) vor. Die Neuregelung soll erstmals für Spaltungen gelten, die nach dem Tag der Veröffentlichung des RefE (17.7.2023) angemeldet wurden, was verfassungsrechtlich bedenklich ist.

Erläuterungen im RefE sollen Gestaltungen zur Vorbereitung von Veräußerungen mittels Spaltungen verhindert werden. Es drohen erhebliche Verschärfungen.

Voraussetzungen für die Buchwertfortführung bei Spaltungen nach aktueller Rechtslage

Auf- oder Abspaltungen bzw. Teilübertragungen von Vermögen (§ 15 Abs. 1 UmwStG) können nach dem Umwandlungssteuergesetz (UmwStG) zu Buchwerten erfolgen. Hierfür gibt es jedoch spezifische Voraussetzungen. Neben dem sog. doppelten Teilbetriebserfordernis (§ 15 Abs. 1 Satz 2 UmwStG) und der 3-Jahres-Vorhaltefrist für sog. fiktive Teilbetriebe (§ 15 Abs. 2 Satz 1 UmwStG) ist es erforderlich, dass durch die Spaltung nicht die Veräußerung an Außenstehende vollzogen (§ 15 Abs. 2 Satz 2 UmwStG) und hierdurch auch keine solche Veräußerung vorbereitet wird (§ 15 Abs. 2 Satz 3 UmwStG).

Nach geltendem Recht ist von einer Vorbereitung einer Veräußerung auszugehen, wenn innerhalb von fünf Jahren nach dem steuerlichen Übertragungsstichtag Anteile an einer an der Spaltung beteiligten Körperschaft veräußert werden, die mehr als 20 Prozent der vor Wirksamwerden der Spaltung an der Körperschaft bestehenden Anteile ausmachen (sog. „Nachspaltungsveräußerungssperre“, § 15 Abs. 2 Satz 4 UmwStG). Damit sollen die Abspaltung und die anschließende steuerbegünstige Anteilsveräußerung am abgespaltenen Vermögen verhindert werden.

Konzerninterne Spaltungen und nachgelagerte Veräußerungen innerhalb des Konzerns oder des bisherigen Gesellschafterkreises sind bis dato unschädlich, wenn im Anschluss an diesen Vorgang keine unmittelbare oder mittelbare Veräußerung erfolgt (UmwSt-Erlass, Tz. 15.26).

Kernaussagen des BFH-Urteils v. 11.8.2021

Im letzten Jahr entschied der Bundesfinanzhof (BFH), dass § 15 Abs. 2 Satz 3 UmwStG (Vorbereitung einer Veräußerung) kein eigenständiger Ausschlussgrund für eine Buchwertfortführung ist, sondern nur den Einleitungssatz für die Nachspaltungsveräußerungssperre im Sinne des nachfolgenden § 15 Abs. 2 Satz 4 UmwStG bildet (BFH v. 11.8.2021 – I R 39/18, DStR 2022, 41). Ob eine Veräußerung von Anteilen an einer „Spaltgesellschaft“ schädlich ist, richtet sich hiernach allein nach der 20%-Grenze des § 15 Abs. 2 Satz 4 UmwStG. Soweit das abgespaltene Vermögen maximal 20% des vorherigen Gesamtunternehmenswertes ausgemacht hat, bleibt es nach BFH bei der Buchwertfortführung (zu daraus resultierenden Gestaltungspotenzialen s. Broemel/Kölle).

Veräußerungsvorbereitung soll eigenständiger Ausschlussgrund werden

Mit dem geplanten § 15 Abs. 2 UmwStG-E soll die BFH-Rechtsprechung mit Wirkung ab dem 17.7.2023 ausgehebelt werden. Die Vorbereitung einer Veräußerung an Außenstehende (s.u.) soll auch bei Anteilsveräußerungen unterhalb der 20%-Grenze buchwertschädlich sein. Dazu soll eine Integration des Tatbestands der Vorbereitung in § 15 Abs. 2 Satz 2 UmwStG-E erfolgen. D.h. eine Buchwertfortführung für das abgespaltene Vermögen wird versagt, „wenn durch die Spaltung die Veräußerung an außenstehende Person vollzogen oder vorbereitet wird.“

Erstmalige Definition einer außenstehenden Person

Der Begriff der außenstehenden Person soll künftig in § 15 Abs. 2 Satz 3 UmwStG-E definiert werden. Wenn jemand nicht ununterbrochen fünf Jahre vor der Spaltung an der übertragenden Körperschaft beteiligt war, ist diese Person außenstehend. Maßgeblich ist der Zeitpunkt der zivilrechtlichen Wirksamkeit der Spaltung (RefE, S. 158).

Nach dem reinen Gesetzeswortlaut des RefE würden auch verbundene Unternehmen iSv. § 271 Abs. 2 HGB unter die Definition der außenstehenden Personen iSv. § 15 Abs. 2 Satz 3 UmwStG-E fallen. Das wäre eine deutliche Verschärfung und würde zahlreiche konzerninterne Umstrukturierungen verhindern. Bislang sind Veräußerungen zwischen verbundenen Unternehmen im Kontext der Nachspaltungsveräußerungssperre unschädlich (UmwSt-Erlass, Tz. 15.26). Hier besteht dringender Nachbesserungsbedarf am Gesetzestext.

Schädliche Veräußerungsvorbereitung

In den Fällen der Vorbereitung einer Veräußerung ist ein Buchwertansatz bei der Spaltung rückwirkend nicht möglich, wenn innerhalb von fünf Jahren nach dem steuerlichen Übertragungsstichtag eine Veräußerung mindestens eines Anteils an einer an der Spaltung beteiligten Körperschaft an außenstehende Personen erfolgt.

Wann eine Vorbereitung einer Veräußerung vorliegt, definiert das Gesetz nicht. Nach der Gesetzesbegründung ist von einer Veräußerungsvorbereitung auszugehen, wenn im Zeitpunkt der Spaltung entweder eine konkrete Veräußerungsabsicht besteht oder eine solche nicht nur hypothetisch in Betracht gezogen wird. Der Abschluss eines Letter of Intent oder eines Memorandum of Understanding sind nicht Bedingungen für die Bejahung einer Veräußerungsvorbereitung (RefE, S. 158). Es bleibt daher eine Unsicherheit und ein Nachweisproblem, wenn innerhalb von fünf Jahren Anteile veräußert werden; hier ist eine umfassende Beweisvorsorge angeraten.

Unwiderlegbare Vermutung bei Veräußerung von mehr als 20% des Gesamtwerts

Auf die Frage der Veräußerungsabsicht kommt es nicht an, weil sie unwiderleglich vermutet wird, wenn innerhalb von fünf Jahren nach dem steuerlichen Übertragungsstichtag Anteile an einer an der Spaltung beteiligten Körperschaft an außenstehende Personen veräußert werden, die mehr als 20% des vorherigen Gesamtunternehmenswertes ausmachen. Dies entspricht bereits dem heutigen Verständnis von § 15 Abs. 2 Satz 4 UmwStG.

Spaltung bei Beteiligung von „Außenstehenden“ nur schädlich im Falle von Werteverschiebungen

§ 15 Abs. 2 Satz 6 UmwStG-E soll Umwandlungen mit außenstehenden Personen im Sinne von § 15 Abs. 2 Satz 3 UmwStG-E zu Buchwerten ermöglichen. Denn jede Umwandlung stellt einen Veräußerungsvorgang dar. Die Spaltung soll aber nach § 15 Abs. 2 Satz 6 UmwStG-E nur dann selbst als Veräußerung an außenstehende Personen gelten, wenn sie zu einer „Werteverschiebung zugunsten dieser Personen“ führt. Die Zahlung eines Spitzenausgleichs verhindert die Annahme einer Wertverschiebung in keinem Fall.

Unklar ist jedoch, was genau mit einer Werteverschiebung gemeint ist. Die Finanzverwaltung wird hier wohl an Tz. 15.44 und Tz. 13.03 des UmwSt-Erlasses gedacht haben. Dies wäre im Gesetz zu präzisieren.

 

Der Referentenentwurf zum Wachstumschancengesetz enthält eine Vielzahl steuerlicher Maßnahmen für Unternehmen. Die folgenden Maßnahmen werden in dieser Blog-Reihe tiefergehend betrachtet: