Wachstumschancengesetz zur Verbesserung steuerlicher Rahmenbedingungen im Überblick (Teil 1)

18.07.2023 | FGS Blog

Das Bundesministerium für Finanzen hat einen Referentenentwurf für ein Gesetz zur Stärkung von Wachstumschancen, Investitionen sowie Steuervereinfachung und Steuerfairness, das sogenannte Wachstumschancengesetz, vorgelegt. Damit sollen „zielgerichtete Maßnahmen“ zur Stärkung der deutschen Wirtschaft ergriffen werden. Das Wachstumschancengesetz sieht dabei eine Vielzahl von steuerlichen Maßnahmen vor.

Steuerliche Förderungen

Nach den Regelungen des neu einzuführenden Klimaschutz-Investitionsprämiengesetzes (Klimaschutz-InvPG) sollen Steuerpflichtige eine Investitionsprämie i.H.v. 15 % der getätigten Aufwendungen, max. EUR 30.000.000, (§ 4 Abs. 3 Klimaschutz-InvPG) für die Anschaffung oder Herstellung von abnutzbaren beweglichen Wirtschaftsgütern in Anspruch nehmen können, sofern die Wirtschaftsgüter bestimmte energetische Voraussetzungen erfüllen (§ 2 Klimaschutz-InvPG).

Der Referentenentwurf sieht auch Änderungen bei der Forschungszulage vor. So sollen etwa neben Personalaufwendungen nun auch Materialaufwendungen förderfähig sein (§ 3 Abs. 3a FZulG-E). Zudem soll die Bemessungsgrundlage für die Forschungszulage auf 12 Mio. EUR verdreifacht werden.

Ertragsteuerliche Maßnahmen

  • Neufassung der Thesaurierungsbegünstigung für nicht entnommene Gewinne gem. § 34a EStG. Insbesondere sollen die Verwendungsreihenfolge verbessert und das Thesaurierungsvolumen erhöht werden.
  • Umfassende Neuregelung der Zinsschranke gem. § 4h EStG. So sollen die bisherigen Ausnahmetatbestände Zugehörigkeit zum Konzern (§ 4h Abs. 2 S. 1 Nr. 2 EStG) und Eigenkapitalvergleich (§ 4h Abs. 2 S. 1 Nr. 3 EStG) entfallen und zudem die bislang geltende Freigrenze von 3 Mio. € durch einen Freibetrag in entsprechender Höhe ersetzt werden (§ 4h Abs. 2 EStG-E).
  • Einführung einer Zinshöhenschranke in § 4l EStG-E. Nach dieser Zinshöhenschranke sollen Zinsaufwendungen zwischen verbundenen Unternehmen i.S.d. § 1 Abs. 2 AStG nur dann steuerlich abziehbar sein, soweit die Zinsaufwendungen den um zwei Prozentpunkte erhöhten Basiszinssatz i.S.d. § 247 BGB übersteigen. Die neue Regelung sieht allerdings vor, dass der Steuerpflichtige einen Gegenbeweis erbringen und damit einen höheren Zinsabzug in Anspruch nehmen kann (Anwendbarkeit ab dem 1. Januar 2024)
  • Erweiterung der Möglichkeiten zum Verlustrücktrag gem. § 10d Abs. 1 EStG-E von bislang zwei auf nunmehr drei Veranlagungszeiträume für Veranlagungszeiträume ab dem 1. Januar 2024. Zudem soll ein Verlustvortrag künftig dauerhaft i.H.v. 10 Mio. EUR (bzw. 20 Mio. EUR)bei Zusammenveranlagung möglich sein.
  • Für die Jahre 2024-2027 soll ein der Höhe nach uneingeschränkter Verlustvortrag gem. § 10d Abs. 2 EStG-E gelten. Ab dem Jahr 2028 soll ein Verlustvortrag bis zur Höhe von 10 Mio. EUR (bzw. 20 Mio. EUR im Fall der Zusammenveranlagung) uneingeschränkt und darüber hinaus im Rahmen der Mindestbesteuerung möglich sein.
  • Auch die steuerlichen Abschreibungsmöglichkeiten bestimmter Wirtschaftsgüter sollen angepasst werden. Die Sonderabschreibung nach § 7g Abs. 5 EStG soll von bislang 20 % auf 50 % erhöht werden. Zudem sollen die Grenzen für sofortabschreibungsfähige GwG i.S.d. § 6 Abs. 2 EStG auf 1.000 EUR sowie für die Bildung eines Sammelpostens gem. § 6 Abs. 2a EStG von aktuell 1.000 EUR auf 5.000 EUR (§ 6 Abs. 2a EStG-E) erhöht werden.
  • Die Option für Personengesellschaften zur Körperschaftsteuerpflicht gem. § 1a KStG (sog. Optionsmodell) soll in mehreren Punkten ab dem 1.1.2024 angepasst werden. Der Anwendungsbereich des Optionsmodells soll auf alle Personengesellschaften ausgeweitet werden (§ 1a Abs. 1 KStG-E). Zudem soll eine Optionsausübung künftig auch in Neugründungsfällen möglich sein (§ 1a Abs. 1 KStG-E).
  • Für Erhebungszeiträume vom 1.1.2024 bis zum 31.12.2027 soll eine der Höhe nach unbeschränkte Nutzung von Gewerbeverlusten im Rahmen eines Verlustvortrags gem. § 10a GewStG-E gelten. Ab dem 1.1.2028 soll die bisherige Höchstgrenze für eine uneingeschränkte Verlustverrechnung auf 10.000.000 EUR erhöht werden.
  • Die sog. Nachspaltungsveräußerungssperre in § 15 Abs. 2 S. 2 ff. UmwStG soll angepasst werden. Dabei soll erstmals die Begriffe „außenstehende Person“ und „Vorbereitung einer Veräußerung“ definiert werden.

Umsatzsteuerliche Maßnahmen

Im Umsatzsteuerrecht sind insbesondere Änderungen der Anforderungen an die Rechnungsstellung vorgesehen. So soll für Leistungen im B2B-Bereich gem. § 14 Abs. 2 UStG-E zukünftig eine zwingende Verpflichtung zur Stellung von elektronischen Rechnungen i.S.d. § 14 Abs. 1 UStG-E bestehen. Für Leistungen an Nichtunternehmer soll der Unternehmer berechtigt sein, eine elektronische Rechnung zu stellen.

Verfahrensrechtliche Maßnahmen

  • Auch solche EU-/EWR-ausländischen Körperschaften, die mangels inländischer Einkünfte nicht in Deutschland beschränkt körperschaftsteuerpflichtig sind, aber bei fiktiver beschränkter Steuerpflichtig in Deutschland wegen Gemeinnützigkeit steuerbefreit wären, sollen in das zum 1.1.2024 eingeführte Zuwendungsempfängerregister (§ 60b AO) aufgenommen werden (§ 60b Abs. 1 AO-E). Solche Körperschaften müssen, um für Spenden und Mitgliedsbeiträge Zuwendungsbestätigungen ausstellen zu dürfen, im Register aufgeführt sein (§ 50 Abs. 1 Satz 2 f. EStDV-Entwurf).
  • Einführung eines internationalen Risikobewertungsverfahrens, welches auf Antrag des Steuerpflichtigen geführt werden kann. Im Rahmen dessen soll eine Einschätzung von steuerlichen Risiken für bereits verwirklichte Sachverhalte mit einem oder mehreren Staaten oder Hoheitsgebieten „in einem auf Kooperation und Transparenz angelegten Verfahren“ getroffen werden. Sofern das Risiko eines Steuerausfalls für den geprüften Sachverhalt als gering eingeschätzt wird, kann von einer Prüfung des Sachverhalts im Rahmen einer späteren Betriebsprüfung abgesehen werden.
  • Erweiterung des Anwendungsbereichs der bislang nur für grenzüberschreitende Steuergestaltungen geltende Meldepflichten (DAC6) auch auf innerstaatliche Gestaltungen. Eine meldepflichtige innerstaatliche Gestaltung liegt dabei nur dann vor, wenn, ähnlich wie auch bei der Meldepflicht für grenzüberschreitende Steuergestaltungen, ein bestimmtes Kennzeichen durch die Gestaltung verwirklicht wird und der oder einer der Hauptvorteile die Erlangung eines steuerlichen Vorteils ist.

Sämtliche in diesem Beitrag im Überblick dargestellten geplanten Maßnahmen und Änderungen werden in einzelnen Blog-Beiträgen genauer und im Detail betrachtet.

Ausblick

Der Referentenentwurf zum Wachstumschancengesetz ist äußerst umfangreich und enthält in nahezu allen steuerlichen Rechtsgebieten weitreichende geplante Änderungen. Während eine Vielzahl der Maßnahmen durchaus zu begrüßen ist, sieht der Referentenentwurf teils drastische Verschärfungen im Vergleich zur bisherigen Rechtslage vor. Unternehmen sollten das Gesetzgebungsverfahren daher in jedem Fall weiter beobachten.

 

Der Referentenentwurf zum Wachstumschancengesetz enthält eine Vielzahl steuerlicher Maßnahmen für Unternehmen. Die folgenden Maßnahmen werden in dieser Blog-Reihe tiefergehend betrachtet: