Foundations & NPO

Referentenentwurf eines Wachstumschancengesetzes - Relevante Änderungen für gemeinnützige Organisationen

23.07.2023 | FGS Blog

Der am 13. Juli 2023 veröffentlichte Referentenentwurf eines Wachstumschancengesetzes bringt für gemeinnützige Organisationen wenige branchenspezifische Neuerungen mit sich. Die im Koalitionsvertrag der drei Ampel-Parteien angekündigte Modernisierung des Gemeinnützigkeitsrechts lässt weiter auf sich warten. Dem Vernehmen nach soll lediglich der gesetzliche Katalog gemeinnütziger Zwecke erweitert werden, angeblich um die Förderung des investigativen Journalismus und des eSports – was kein großer Wurf wäre. Hier ein Überblick über die geplanten Änderungen durch das Wachstumschancengesetz, die für gemeinnützige Organisationen von besonderem Interesse sind:

Ermäßigter Umsatzsteuersatz

Erfreulicherweise möchte der Gesetzgeber festschreiben, dass der ermäßigte Umsatzsteuersatz von derzeit 7 % bei umsatzsteuerpflichtigen Zweckbetriebsleistungen greift, wenn entweder die Leistungsempfänger oder an der Leistungserbringung beteiligte Personen von einem steuerbegünstigten Satzungszweck der leistenden Körperschaft erfasst sind (§ 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a Satz 4 UStG-Entwurf). Mit dieser Regelung setzt der deutsche Gesetzgeber die im April letzten Jahres beschlossene Änderung der unionsrechtlichen Grundlage für die Steuersatzermäßigung um (siehe Anhang III Nr. 15 zu Art. 98 Abs. 2 MwStSystRL). Damit wird die bisherige Praxis, wonach umsatzsteuerpflichtige Leistungen einer gemeinnützigen Körperschaft im Rahmen eines Inklusionsbetriebs oder einer Werkstatt für behinderte Menschen dem ermäßigten Steuersatz unterliegen können, im Gesetz ausdrücklich abgebildet – dies auch in Reaktion auf die bislang restriktive Rechtsprechung des V. Senats des Bundesfinanzhofs.

Verlustverrechnung im steuerpflichtigen Bereich

Für gemeinnützige Körperschaften, die steuerpflichtige wirtschaftliche Geschäftsbetriebe unterhalten, sind die allgemeinen, insbesondere für nichtgemeinnützige Körperschaften geplanten Änderungen im Unternehmenssteuerrecht von Relevanz. Dies betrifft insbesondere die Verrechnung von Verlusten bei der Körperschaftsteuer. Der Zeitraum, auf den Verluste aus dem einheitlichen steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb zurückgetragen werden dürfen, soll von derzeit zwei auf drei Jahre verlängert werden. Zugleich soll der Höchstbetrag von EUR 10 Mio. für einen Verlustrücktrag dauerhaft gelten. Für Zwecke der Gewerbesteuer soll weiterhin kein Verlustrücktrag möglich sein.

Zuwendungsempfängerregister, digitaler Spendenabzug

Bereits das geltende Recht sieht die Einführung eines sog. Zuwendungsempfängerregisters zum 1. Januar 2024 vor (§ 60b AO). In dem Register sollen sämtliche Körperschaften erfasst werden, die berechtigt sind, über Spenden und Mitgliedsbeiträge Zuwendungsbestätigungen auszustellen. Das Register soll – nach über 15 (!) Jahren Vorlaufzeit – die Schnittstelle zum digitalisierten Spendenabzug sein (siehe dazu § 50 Abs. 2 EStDV i.V.m. § 93c AO). Durch das jetzt anstehende Reformgesetz sollen auch solche EU-/EWR-ausländischen Körperschaften in das Register aufgenommen werden, die mangels inländischer Einkünfte nicht in Deutschland beschränkt körperschaftsteuerpflichtig sind, aber bei fiktiver beschränkter Steuerpflicht in Deutschland wegen Gemeinnützigkeit steuerbefreit wären (siehe z.B. § 10b Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 EStG i.V.m. § 60b Abs. 1 AO-Entwurf). Solche Körperschaften müssen, um für Spenden und Mitgliedsbeiträge Zuwendungsbestätigungen ausstellen zu dürfen, im Register aufgeführt sein (§ 50 Abs. 1 Satz 2 f. EStDV-Entwurf). Zudem sieht das Reformgesetz einige Änderungen zum Inhalt des Registers vor.

Gemeinnützige Personengesellschaften

Nach geplantem neuem Recht sollen nunmehr sämtliche Personengesellschaften, also auch Gesellschaften bürgerlichen Rechts, zur Körperschaftbesteuerung optieren dürfen (§ 1a Abs. 1 Satz 1 KStG-Entwurf). Die wohl herrschende Literaturmeinung steht auf dem Standpunkt, dass zur Körperschaftbesteuerung optierende Personen(handels)- gesellschaften nach den allgemeinen gesetzlichen Regeln wegen Gemeinnützigkeit steuerbegünstigt sein können. Unter dieser Voraussetzung unterlägen Gesellschaften bürgerlichen Rechts – in der Praxis mitunter ungewollt gegründet – nicht mehr der Gewerbesteuer. Bekanntlich haben gemeinnützige Körperschaften bereits heute die Möglichkeit, über Fördertätigkeiten (§ 58 Nr. 1 AO) und/oder über ein sog. „planmäßiges Zusammenwirken“ (§ 57 Abs. 3 AO) miteinander zu kooperieren – wobei ein „planmäßiges Zusammenwirken“ aufgrund des von der Finanzverwaltung erfundenen „doppelten Satzungserfordernisses“ praktisch im Wesentlichen auf verbundene Unternehmen beschränkt ist.

Mitteilungspflichten bei „Steuergestaltungen“

Künftig müssen Steuerpflichtige oder Dritte der Finanzverwaltung auch sog. „Steuergestaltungen“ mit reinem Inlandsbezug anzeigen (§§ 138l bis 138n AO-Entwurf). Anzeigepflichtig sind Gestaltungen, sehr vereinfacht gesprochen, nur, wenn ein „verständiger Dritter […] vernünftigerweise erwarten kann“, als „Hauptzweck“ einen steuerlichen Vorteil zu erzielen. Zudem muss der „Nutzer“ der Gestaltung eine gewisse wirtschaftliche Größe haben oder von Dritten, etwa einer Stiftung, beherrscht werden; alternativ reicht es aus, wenn die Gestaltung einen bestimmten monetären Mindestnutzen bringen soll, etwa bei Erwerb von Anteilen an einer Gesellschaft mit Grundvermögen. Auch wenn gemeinnützige Körperschaften nicht im Fokus der nun auf Inlandsfälle ausgedehnten Mitteilungspflicht stehen, sollten sie die Neuregelung im Hinterkopf behalten, insbesondere bei Umstrukturierungen.

Umsatzsteuerbefreiungen, Rechnungserteilung

Weitere für gemeinnützige Körperschaften relevante Änderungen betreffen die Umsatzsteuerbefreiungen in § 4 Nr. 16 UStG und die Rechnungserteilung (§ 14 UStG).

Weiterer Reformbedarf

Für den gemeinnützigen Sektor verbleibt aus Sicht der Praxis – mitunter erheblicher – Reformbedarf. Vorschläge für eine grundsätzliche Neuausrichtung sowie für besonders praxisrelevante Detailänderungen des Gemeinnützigkeitsrechts hat der Verfasser dieses Blog-Beitrags gemeinsam mit Professor Dr. Sebastian Unger, Ruhr-Universität Bochum, in der Zeitschrift Deutsches Steuerrecht (DStR), Heft 24, Seite 1282 ff., aufgezeigt.