Das Jahr 2023, in dem die große Stiftungsrechtsreform in Kraft getreten ist, neigt sich dem Ende zu. Anlass, unsere Mandantinnen und Mandanten im letzten NPO Update dieses Jahres auf für gemeinnützige Organisationen praktisch wichtige Änderungen im Neuen Jahr hinzuweisen.

Mehr Rechtssicherheit beim ermäßigten Umsatzsteuersatz

Der Gesetzgeber möchte – auch in Reaktion auf die bislang restriktive Rechtsprechung des V. Senats des Bundesfinanzhofs (BFH) – festschreiben, dass der ermäßigte Umsatzsteuersatz von derzeit 7 % bei umsatzsteuerpflichtigen Zweckbetriebsleistungen greift, wenn entweder die Leistungsempfänger oder an der Leistungserbringung beteiligte Personen von einem steuerbegünstigten Satzungszweck der leistenden Körperschaft erfasst sind (§ 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a Satz 4 UStG-Entwurf). Dies ist insbesondere für Inklusionsunternehmen und Werkstätten für behinderte Menschen eine gute Nachricht. Im Gesetz soll zudem – ebenfalls in Reaktion auf die Rechtsprechung des V. Senats – die Auffassung der Finanzverwaltung verankert werden, wonach bei Vorliegen eines Zweckbetriebs gemäß § 65 AO der ermäßigte Umsatzsteuersatz ohne weitere Wettbewerbsprüfung greift (§ 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a Satz 3 UStG-Entwurf).

Beide Neuregelungen sind Teil des Wachstumschancengesetzes, das derzeit im Vermittlungsausschuss festhängt und erst im Neuen Jahr endgültig verabschiedet werden wird. Wir gehen davon aus, dass beide Regelungen wie geplant umgesetzt werden.

Weiterhin auf sich warten lässt die Finanzverwaltung mit ihrer Auffassung zur Anwendung des ermäßigten Umsatzsteuersatzes auf steuerpflichtige Zweckbetriebsleistungen im Rahmen eines „planmäßigen Zusammenwirkens“ (§ 57 Abs. 3 AO) oder einer Fördertätigkeit (§ 58 Nr. 1 AO). Der Bundesrat hatte sich im Oktober im Verfahren betreffend das Wachstumschancengesetz restriktiv geäußert.

Zuwendungsempfängerregister geht an den Start

Zum 1.1.2024 geht das Zuwendungsempfängerregister an den Start, das alle Körperschaften betrifft, die berechtigt sind, über Spenden und Mitgliedsbeiträge Zuwendungsbestätigungen auszustellen. Das frei einsehbare Online-Register soll insbesondere Spenderinnen und Spendern künftig einen verlässlichen Einblick darüber gewähren, welche Körperschaften als gemeinnützig anerkannt und damit taugliche Spendenempfänger sind. Die Details hierzu, insbesondere was die Körperschaften selbst hierbei zu beachten haben, hat unser Kollege Mathis Kampermann in einem jüngeren Beitrag aufbereitet.

Verschärfung Eintragungs- und Aktualisierungspflichten des Lobbyregisters

Verschärfungen wird es auch zum öffentlichen Lobbyregister geben, in das sich auch gemeinnützig Körperschaften eintragen müssen, wenn sie Einfluss auf den politischen Prozess auf Bundesebene nehmen wollen (was sie im Rahmen ihrer gemeinnützigen Zweckverwirklichung tun dürfen). Ab dem 1.3.2024 gelten erweiterte Eintragungspflichten und verschärfte Aktualisierungspflichten. Bestehende Eintragungen sind bis zum 30.6.2024 an die neuen Vorgaben anzupassen. Die für gemeinnützige Körperschaften relevanten Änderungen werden in dem Blog-Beitrag unseres Kollegen Timur Nayin erläutert.

Großzügigere Verlustverrechnung im steuerpflichtigen Bereich

Für gemeinnützige Körperschaften, die steuerpflichtige wirtschaftliche Geschäftsbetriebe unterhalten, sind zudem die geplanten Änderungen im Unternehmenssteuerrecht von Relevanz. Dies betrifft insbesondere die Verrechnung von Verlusten bei der Körperschaftsteuer. Der Zeitraum, auf den Verluste im steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb zurückgetragen werden dürfen, soll von derzeit zwei auf drei Jahre verlängert werden Der Höchstbetrag für einen Verlustrücktrag von EUR 10 Mio. soll entgegen dem Regierungsentwurf aus dem Sommer nunmehr nur noch bis Ende 2025 gelten und ab 2026 auf EUR 5 Mio. gesenkt werden. Bei der Gewerbesteuer soll weiterhin kein Verlustrücktrag möglich sein.

Auch die Möglichkeiten zum Verlustvortrag sollen erweitert werden. So soll der Verlustvortrag für den Teilbetrag, der EUR 1 Mio. (auch künftig unbeschränkt vortragbar) überschreitet, für die Jahre 2024 bis 2027 in Höhe von 75 % möglich sein (statt wie bislang und wieder ab 2028 in Höhe von 60 %).

Auch diese Neuregelungen sind Teil des Wachstumschancengesetzes, das sich noch im Vermittlungsausschuss befindet.

Kapitalertragsteuererstattung für ausländische NPOs

Ausländische gemeinnützige Körperschaften mit inländischen Kapitalerträgen dürfen sich über die Ermöglichung der Erstattung einbehaltender Kapitalertragsteuer freuen, sofern das Wachstumschancengesetz wie geplant umgesetzt wird. Die Körperschaft muss nach deutschen (!) Vorstellungen gemeinnützig sein und einen Erstattungsantrag stellen (siehe dazu unsere Blogbeiträge vom 24.12.2022 und 31.1.2022). Im Ansässigkeitsstaat muss die Körperschaft zudem einer der deutschen unbeschränkten Körperschaftsteuerpflicht vergleichbaren Steuerpflicht unterliegen (von der sie aufgrund ihrer Gemeinnützigkeit aber partiell befreit sein kann). Bei gemeinnützigen Körperschaften außerhalb von EU/EWR ist darüber hinaus erforderlich, dass mit dem betreffenden Staat ein Amtshilfe- und Beitreibungsabkommen besteht.  

Ausblick: Umsatzsteuer

Mit großer Spannung erwartet wird die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) zur umsatzsteuerlichen Organschaft auf den Vorlagebeschluss des V. Senats des BFH vom 26.1.2023 (siehe Blog-Beitrag unserer Kollegen und Andreas Erdbrügger und Rainald Vobbe). Darin geht es um die für viele gemeinnützige Verbünde monetär wichtige Frage, ob entgeltliche Leistungen zwischen Organmitgliedern wie bislang nicht der Umsatzsteuer unterliegen. Im Raum steht die These, dass entgeltliche Leistungen jedenfalls dann umsatzsteuerbar sind, wenn der Leistungsempfänger nicht oder nur partiell zum Vorsteuerabzug berechtigt ist. Welche praktischen Auswirkungen die noch ausstehende EuGH-Entscheidung haben wird, wird auch von der Interpretation durch den V. Senat und die Finanzverwaltung abhängen.

Bereits jetzt sollten gemeinnützige Organisationen die neuen umsatzsteuerrechtlichen Regelungen zur Erteilung von Rechnungen im Auge behalten. Rechnungen in Papierform oder in elektronischer Form ohne besondere technische Anforderungen, z.B. als PDF-Datei, dürfen nur noch bis Ende 2025 erteilt werden. Ab 2028 ist die Erteilung sog. E-Rechnungen verpflichtend; diese müssen unionsrechtlichen technischen Vorgaben entsprechen und eine vollständige digitale Verarbeitung ermöglichen. Auch gemeinnützige Körperschaften sollten sich möglichst frühzeitig mit der Umstellung auf E-Rechnungen beschäftigen, ebenso mit der Möglichkeit, bis Ende 2027 Rechnungen im elektronischen Datenaustausch (EDI) zu versenden. Dabei muss im Auge behalten werden, dass es in manchen Konstellationen der Zustimmung des Rechnungsempfängers bedarf.

Ausblick: Gemeinnützigkeitsreform

Die im Koalitionsvertrag der Ampel-Parteien angekündigte Modernisierung des Gemeinnützigkeitsrechts dürfte im kommenden Jahr angegangen werden. Es gibt zahlreiche Forderungen nach Verbesserung, die bereits in diesem Jahr im NPO-Sektor ausführlich diskutiert wurden und von denen im Jahr 2024 hoffentlich ein großer Teil aufgegriffen wird. Dem Vernehmen nach sind Änderungen Gegenstand von Diskussionen auf politischer Ebene unter Beteiligung des Bundesfinanzministeriums.