Am 22.12.2023 hat das Bundesministerium der Finanzen (BMF) die finale Neufassung des AEAStG veröffentlicht. Die in der Entwurfsfassung vorgesehenen Neuerungen hinsichtlich der Hinzurechnungsbesteuerung gegenüber dem am 14.5.2004 veröffentlichten Anwendungserlass (AEAStG 2004) hatten wir bereits in unserem Blog-Beitrag von 28.7.2023 dargestellt. Nachfolgend geben wir einen Überblick über die wesentlichen Änderungen zwischen dem Entwurf und der finalen Fassung des AEAStG:

1. Beherrschungstatbestand

  • Ausweislich des Entwurfs des Anwendungserlasses konnten insbesondere Genussrechte, partiarische Darlehen sowie stille Beteiligungen dazu führen, dass sich gemäß § 7 Abs. 1 Satz 3 AStG nicht die Beteiligung am Nennkapital für die Hinzurechnungsbesteuerung als maßgeblich erweist, sondern die tatsächliche Gewinnverteilung. Der finale AEAStG präzisiert nunmehr die zu einer Zugrundlegung des Gewinnverteilungsmaßstabes führenden Finanzierungsinstrumente als solche, die nach § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG im Falle einer Ausschüttung nicht zu einer Minderung des Einkommens führen (Rz. 250). Im Ergebnis ist somit darauf abzustellen, ob eine Finanzierungskomponente als Eigen- oder Fremdkapital zu klassifizieren ist.
  • § 7 Abs. 4 AStG unterstellt Mitunternehmern einer Personengesellschaft ein Nahestehen durch abgestimmtes Verhalten. Aus Sicht der Finanzverwaltung gilt diese Vermutung als widerlegt, wenn am Ende des Wirtschaftsjahres der ausländischen Gesellschaft die durchgerechnete Beteiligung des Mitunternehmers 5 % nicht überschreitet und keine besonderen Umstände vorliegen (Rz. 301). Dies ist im Kern zu begrüßen. Offen lässt die Finanzverwaltung in diesem Zusammenhang aber, was als besonderer Umstand i.S.d. Verwaltungsanweisung qualifiziert.

2. Aktivkatalog

  • Einer Änderung im Vergleich zur Entwurfsfassung unterliegt die Begriffsdefinition einer aktiven Handelstätigkeit i.S.d. § 8 Abs. 1 Nr. 4 AStG. Als Handel wird nunmehr die gewerbsmäßige und entgeltliche Anschaffung und Veräußerung von Gütern und Waren, die keiner wesentlichen Veränderung ihrer Substanz unterliegen, definiert (Rz. 353). 
  • Zudem ist positiv hervorzuheben, dass nach Verwaltungsmeinung auch dann ein kaufmännischer Geschäftsbetrieb unter Teilnahme am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr vorliegt, wenn sich der Kundenkreis der ausländischen Gesellschaft auf Abnehmer beschränkt, die der Gesellschaft nahestehen. Dies soll allerdings nur gelten, wenn die ausländische Gesellschaft Ersatzteile liefert, die aufgrund ihrer Art und Beschaffenheit zwingend zur Einschränkung der potenziellen Kunden führen (Rz. 362).
  • Sowohl im AEAStG 2004 als auch im Entwurf zum neugefassten AEAStG wurde im Falle einer Übernahme des Handelsrisikos gegenüber der ausländischen Gesellschaft stets eine schädliche Mitwirkung unterstellt, die zu einer Passivität der Handelseinkünfte führte. Gerade im Zusammenhang mit in der Praxis häufig anzutreffenden Vertriebsstrukturen unter Einsatz sog. low risk-Distributoren ist diese Kehrtwende sehr zu begrüßen. Denn die Gewinne solcher Gesellschaften waren in der Vergangenheit im Grunde zwingend der Hinzurechnungsbesteuerung zu unterwerfen, wenn diese in niedrigbesteuernden und in für den Substanztest nach § 8 Abs. 2 AStG nicht qualifizierenden Drittstaaten ansässig waren.

3. Substanztest

  • Weiterhin hat das BMF eine Ergänzung hinsichtlich einer für den Substanztest schädlichen Besorgung von wesentlichen wirtschaftlichen Tätigkeiten durch Nahestehende vorgenommen. Demnach ist ein sog. Outsourcing auf nahestehende Personen unschädlich, sofern diese im gleichen Staat ansässig sind wie die ausländische Gesellschaft (Rz. 458). Im Kern ist dies zu begrüßen. Allerdings: Vor dem Hintergrund der jüngeren Rechtsprechung des FG Köln vom 22.9.2022, das ein Outsourcing von Personal insbesondere in Konzernstrukturen innerhalb der EU als unschädlich ansah, erscheint die Verwaltungsauffassung im Lichte der Niederlassungsfreiheit mehr als zweifelhaft.
  • Klarstellend hat die Finanzverwaltung hinzugefügt, dass die Einhaltung von Compliance- und Governance-Regeln einer Eigenverantwortlichkeit und damit einer selbstständigen Tätigkeit i.S.d. Substanztestes nicht entgegensteht (Rz. 451). 

4. Niedrigbesteuerung

  • Die im Mindestbesteuerungsrichtlinie-Umsetzungsgesetz (MinBestRL-UmsG) vom 21.12.2023 verkündete Absenkung der Niedrigbesteuerungsschwelle auf 15 % wurde im finalen AEAStG noch nicht aufgegriffen.
  • Erweitert wurde der finale AEAStG hinsichtlich der Kriterien zum Vorliegen einer Niedrigbesteuerung bei ausländischen Gruppenbesteuerungssystemen. Demnach kann keine Niedrigbesteuerung identifiziert werden, wenn die Verrechnung passiver Einkünfte mit Verlusten anderer Gesellschaften rechnerisch zu einem Unterschreiten der Schwelle führt (Rz. 498).

5. Betriebsstätten

Hinsichtlich der Switch Over-Klausel nach § 20 Abs. 2 AStG sind auch in der finalen Fassung des AEAStG die folgenden Aspekte verblieben:

  • Die einem Mitunternehmer einer ausländischen Personengesellschaft vermittelte Betriebsstätte soll nach Verwaltungsauffassung unabhängig von der Beteiligungshöhe des Gesellschafters zum Wechsel von der Freistellungs- auf die Anrechnungsmethode führen (Rz. 1002). Diese Ansicht steht im Gegensatz zur kürzlich ergangenen Rechtsprechung des FG Düsseldorf vom 18.4.2023, welche eine Mehrheitsbeteiligung für die Anwendung der Switch Over-Klausel voraussetzte. 
  • Nach wie vor bleibt der Substanztest gem. § 8 Abs. 2 AStG i.Z.m. dem in § 20 Abs. 2 AStG angeordneten Switch Over verwehrt (Rz. 1005). Dies muss mit Blick auf das Schlussurteil des BFH vom 21.10.2009 in der Rs. Columbus Container kritisch gesehen werden.
  • Ausweislich der Verwaltungsansicht ist die Switch Over-Klausel ausschließlich auf positive Einkünfte, nicht hingegen auf Verluste anwendbar (Rz. 1014). Dies ist nicht sachgerecht. Denn wird die abkommensrechtliche Freistellung durchbrochen, muss dies unterschiedslos/symmetrisch für Gewinne und Verluste gelten.