Was lange währt … – Das Wachstumschancengesetz wurde verabschiedet

Am 27. März 2024 wurde das lang erwartete Wachstumschancengesetz verabschiedet. Eine wesentliche Änderung im Umsatzsteuergesetz (UStG) wird in Artikel 23 aufgeführt und betrifft die elektronische Rechnung (E-Rechnung) bei Leistungen zwischen Unternehmern (B2B). Grundlegende Informationen und ein Überblick wurden bereits in den Blogbeiträgen vom 20.04.2023 und 21.07.2023 wiedergegeben.

Demnach wird die E-Rechnung im B2B-Verkehr verpflichtend und muss der europäischen Norm EN16931 entsprechen. Eine E-Rechnung ist eine Rechnung, die in einem strukturierten elektronischen Format ausgestellt, übermittelt und empfangen wird und eine elektronische Verarbeitung ermöglicht.

Die europäische Norm EN16931 umfasst ein syntaxneutrales semantisches Datenmodell für die Kernelemente einer Rechnung sowie eine Liste von zulässigen Syntaxen. Es ist demnach nicht an eine spezifische Programmiersprache oder ein spezifisches Dateiformat gebunden. Stattdessen beschreibt es die Bedeutung und die Struktur der Informationen, die in einer E-Rechnung enthalten sein müssen. Die Syntax von E-Rechnungen muss vorgegebenen XML-Schemata entsprechen. Die europäische Norm sieht momentan als Syntax UBL sowie UN/CEFACT CII vor. Die E-Rechnung ist somit ohne computertechnische Unterstützung nicht mehr auslesbar.

Wichtige Termine und Übergangsfristen

Obwohl die Regelung offiziell am 1. Januar 2025 in Kraft tritt, werden zeitliche Erleichterungen durch spezielle Übergangsfristen gewährt.

Diese sind wie folgt gestaffelt:  

1. Bis zum 31. Dezember 2026 kann für einen Umsatz, der nach dem 31. Dezember 2024 und vor dem 1. Januar 2027 ausgeführt wurde, eine Rechnung auf Papier oder - vorbehaltlich der Zustimmung des Empfängers - in einem elektronischen Format, das nicht der europäischen Norm entspricht, übermittelt werden.

2. Bis zum 31. Dezember 2027 kann für einen Umsatz, der nach dem 31. Dezember 2026 und vor dem 1. Januar 2028 ausgeführt wurde, eine Rechnung auf Papier oder - wiederum vorbehaltlich der Zustimmung des Empfängers - in einem elektronischen Format, das nicht der europäischen Norm entspricht, übermittelt werden, sofern der Gesamtumsatz des die Rechnung ausstellenden Unternehmers im Vorjahr nicht mehr als 800.000 Euro betragen hat.

3. Bis zum 31. Dezember 2027 kann für einen Umsatz, der nach dem 31. Dezember 2025 und vor dem 1. Januar 2028 ausgeführt wurde, eine Rechnung - vorbehaltlich der Zustimmung des Empfängers - in einem elektronischen Format, das nicht der europäischen Norm entspricht, ausgestellt werden, sofern diese mittels Electronic Data Interchange-Kanal (EDI) übermittelt wird. 

Nutzung der Übergangsfristen zur Klärung relevanter Praxisfragen

Die Übergangsfristen sollten genutzt werden, um wichtige Praxisfragen zu adressieren. Diese teilen sich in folgende wesentliche Bereiche auf:

Eingangsseitige Rechnungsverarbeitung

  • Wie können E-Rechnungen in einem EN-16931 Format entgegengenommen und verarbeitet werden?
  • Welche prozessualen und technischen Anpassungen werden insbesondere für den Vorsteuerabzug benötigt?

Ausgangsseitige Rechnungsverarbeitung

  • Welcher „neue“ Rechnungsstandard kann auch für grenzüberschreitende Umsätze angewandt werden?
  • Wie kann eine Roadmap für prozessuale und technische Anpassungen aussehen, um rechtssicher zu sein?
  • Kann aus dem jetzigen ERP-System heraus eine E-Rechnung direkt erzeugt werden?

Betriebsprüfungen

  • Welcher E-Rechnungs-Provider erfüllt die Grundsätze zur ordnungsmäßigen Führung und Aufbewahrung von Büchern, Aufzeichnungen und Unterlagen in elektronischer Form sowie zum Datenzugriff (GoBD)?

Juristische Herausforderungen

Wie auch Papierrechnungen, müssen die E-Rechnungen als Beleg erfasst, bearbeitet und archiviert werden. Bei der Einführung der E-Rechnungen sind die Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung (GoBD) zu beachten.

So gilt weiterhin die Regelung des § 14b UStG, wonach Rechnungen 10 Jahre lang aufbewahrt werden müssen. Aus Datenschutzgründen werden Rechnungen zum Teil nach 28 Tage oder 30 Tagen vollständig aus den Plattformen gelöscht. Leistungsempfänger müssen also darauf achten, dass die E-Rechnungen rechtzeitig heruntergeladen werden.

Grundsätzlich regelt § 14 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 UStG n. F. die Verpflichtung der Erstellung einer E-Rechnung. Die Frage ist aber, was passiert, wenn diese nicht oder nicht richtig ausgestellt wird. Dies hat nicht nur steuerliche Folgen. Der BGH hat hierzu festgehalten, dass der Leistungsempfänger die Erteilung einer Rechnung auf dem ordentlichen Rechtsweg vor den Zivilgerichten einklagen kann.

Ausblick

In Deutschland ebnet die E-Rechnung den Weg für das E-Reporting, das auf EU-Ebene ab 2028 gelten soll. Ein nahezu unmittelbares Reporting transaktionaler Daten könnte dafür sorgen, dass das Zeitfenster für nachträgliche Rechnungskorrekturen und Rechnungsanpassungen kaum vorhanden sein wird. Umso wichtiger ist es, Rechnungsverarbeitungsprozesse und laufende Datenvalidierungen von Anfang an in das Tax Compliance Management System und interne Kontrollsystem einzubeziehen.

Unternehmen sind also gut beraten, sich bereits jetzt intensiv nicht nur mit den steuerrechtlichen, sondern auch mit den technisch-prozessualen Fragen der E-Rechnung und des E-Reportings zu befassen.