Änderungen bei der Hinzurechnungsbesteuerung und der Lizenzschranke nach dem RefE-MinBestRLUmsG

12.07.2023

Mit Stand vom 7.7.2023 hat das Bundesministerium der Finanzen (BMF) einen Referentenentwurf über ein Mindestbesteuerungsrichtlinie-Umsetzungsgesetz (RefE-MinBestRL-UmsG) vorgelegt. Der RefE knüpft an den Diskussionsentwurf des BMF v. 20.3.2023 zur nationalen Implementierung der globalen Mindeststeuerbesteuerung („Pillar Two“, im Blog hier und hier) durch ein neues Mindeststeuergesetz (MinStG, im Blog hier) an.

Die Regelungen zum MinStG (im Blog Kluge/Bestelmeyer) werden im RefE flankiert durch außensteuerrechtliche und durchaus überraschende Neuerungen, die allesamt ab 1.1.2024 anwendbar sein sollen. Dazu zählen eine Absenkung der Niedrigsteuergrenze für Zwecke der Hinzurechnungsbesteuerung, die Abschaffung der Gewerbesteuerpflicht von Hinzurechnungsbeträgen sowie die vollumfängliche Abschaffung der Lizenzschranke.

Absenkung der Niedrigsteuergrenze

Die Hinzurechnungsbesteuerung nach §§ 7-13 AStG betrifft niedrigbesteuerte passive Einkünfte. Eine Niedrigbesteuerung liegt nach § 8 Abs. 5 AStG vor, wenn die passiven Einkünfte zu weniger als 25% ertragsteuerlich belastet werden. Diese Niedrigsteuergrenze soll nach dem Willen des BMF auf 15% abgesenkt werden. Die Absenkung betrifft nicht allein die Hinzurechnungsbesteuerung qua Beherrschung (§ 7 AStG), sondern ebenfalls die Hinzurechnungsbesteuerung für Einkünfte mit Kapitalanlagecharakter (§ 13 AStG) sowie die verschärfte Hinzurechnungsbesteuerung (§ 9 StAbwG).

Es ist zu begrüßen, dass das BMF die seit über einem Jahrzehnt laut gewordene Forderung nach einer Absenkung der Niedrigsteuergrenze nun auf die Agenda gesetzt hat. Die bereits in der Gesetzesbegründung zum ATADUmsG (S. 51) im Hinblick auf die globale Mindestbesteuerung erfolgte Ankündigung einer Absenkung schien damals eher vertrösten zu wollen. Nun verkündet das BMF im RefE-MinBestRL-UmsG, dass durch die Absenkung der Niedrigsteuergrenze der Gleichlauf mit der globalen Mindestbesteuerung hergestellt werden soll. Zugleich würde auf diese Weise eine Angleichung der Hinzurechnungsbesteuerung an die in anderen europäischen Mitgliedstaaten geschaffenen CFC-Regime erreicht. Mit Blick auf die im Rahmen von „Pillar Two“ gefundene Verständigung über eine global als angemessen betrachtete Mindeststeuer, aber auch in Anbetracht der Höhe des Körperschaftsteuersatzes ist dieser Ansatz überfällig und deshalb zu begrüßen.

Abschaffung der Gewerbesteuerpflicht von Hinzurechnungsbeträgen

Die tatbestandsseitige Absenkung der Niedrigsteuergrenze wird flankiert durch die rechtsfolgenseitige Abschaffung der Gewerbesteuerpflicht auf den Hinzurechnungsbetrag. Zu diesem Zweck soll § 7 Satz 7 bis 9 GewStG aufgehoben werden. Die Vorschrift wurde durch das BEPS-UmsG v. 20.12.2016 als Reaktion auf die Rechtsprechung des BFH (Urt. v. 11.3.2015, I R 10/14) eingefügt, der unter altem Recht eine Gewerbesteuerpflicht des Hinzurechnungsbetrags ablehnte. Das Entfallen der Gewerbesteuerpflicht kann als Schlussstrich unter das langjährigen Streitthema, das nur zwischenzeitlich durch die Anpassung des § 7 GewStG aufgelöst wurde, betrachtet werden.

Durch die Abschaffung der Gewerbesteuerpflicht des Hinzurechnungsbetrags soll ebenfalls ein Gleichlauf mit der globalen Mindestbesteuerung erzielt werden. Das bislang leidige Thema der Gewerbesteuer-Anrechnungsüberhänge, die der Hinzurechnungsbesteuerung den Charakter einer „Strafbesteuerung“ verliehen und auf die das Ausland teilweise mittels eigener Maßnahmen reagiert hat (z.B. mit flexiblen Gewinnsteuersätzen in der Schweiz, im Blog: hier), wäre folglich obsolet.

Abschaffung der Lizenzschranke

Nach § 4j EStG bewirkt eine präferenzielle Niedrigbesteuerung von Lizenzerträgen im Ausland eine Betriebsausgabenabzugsbeschränkung der korrespondierenden Lizenzaufwendungen im Inland (sog. Lizenzschranke). Die Vorschrift wurde im Hinblick auf Patentboxen geschaffen, entfaltet aber nur Wirkung, soweit diese nicht dem Mindeststandard der OECD (BEPS-Aktionspunkt 5) entsprechen.

Da diese sog. Nexus-Konformität mittlerweile durch die meisten Präferenzregime erfüllt wird, besitzt die Lizenzschranke nur eine überschaubare praktische Bedeutung. Aus diesem Grund – und weil die Lizenzschranke keine Nachahmer gefunden hat – soll § 4j EStG vollumfänglich abgeschafft werden. Damit könnten zugleich die zahlreichen unions- und verfassungsrechtlichen Bedenken jedenfalls für künftige Veranlagungszeiträume beigelegt werden.

Elektronische Datenübermittlung

Ergänzend sieht der RefE-MinBestRL-UmsG vor, dass fortan Mitteilungen und Erklärungen zur Anwendung des AStG elektronisch übermittelt werden müssen. Der amtliche Vordruck soll dann nur noch hilfsweise genutzt werden können. Dies soll die Wegzugsbesteuerung (Stundungen und Jahresratenzahlungen nach § 6 Abs. 5 AStG) sowie die Hinzurechnungsbesteuerung (Feststellungserklärungen nach § 18 AStG) betreffen.

Hinweis

Durch die im RefE-MinBestRL-UmsG angekündigten Begleitmaßnahmen, die die Hinzurechnungsbesteuerung und die Lizenzschranke betreffen, würden Steuerpflichtige erheblich entlastet. Das betrifft einerseits Rechteüberlassungen, die im Ausland (nicht Nexus-konform) präferenziell niedrigbesteuert wurden und damit bislang die Lizenzschranke auslösten. Andererseits würde durch die tatbestands- wie rechtsfolgenseitige Entschärfung der Hinzurechnungsbesteuerung der Druck auf beherrschte Outbound-Gestaltungen genommen. Insbesondere letzteres dürfte für eine erhebliche Zahl von Steuerpflichtigen relevant sein. Die Neuregelungen hätten dabei mitnichten nur Konsequenzen für Steuerpflichtige, die von der globalen Mindestbesteuerung betroffen sind, sondern würden einem großen Anwenderkreis zugutekommen.

Das BMF hat sich zum Ziel gesetzt, dass alle genannten Änderungen vom 1.1.2024 an gelten. Bis zum 21.7.2023 besteht Gelegenheit für die Verbände zur Stellungnahme. Der weitere Zeitplan ist ambitioniert. Bereits im August/September soll der Regierungsentwurf folgen. Bis Jahresende 2023 soll das parlamentarische Gesetzgebungsverfahren abgeschlossen sein. Die Erfahrungen mit dem ATADUmsG könnten derweil an diesem Zeitplan Zweifel aufkommen lassen.