Wirtschaftliches Eigentum bei (Unter-)Unterbeteiligungen

17.03.2023 | FGS Blog

Mit Judikat vom 23. November 2022 (I R 36/19) äußert sich der I. Senat des BFH zum Übergang des wirtschaftlichen Eigentums im Fall von Unter-Unterbeteiligungsverhältnissen und erkennt damit erstmals Unter-Unterbeteiligungen dem Grunde nach an.

Hintergrund

Räumt der Inhaber eines Gesellschaftsanteils als Hauptbeteiligter einem Dritten Rechte ein, die diesen so stellen, als sei er selbst beteiligt, ist die Rede von einer Unterbeteiligung. Eine solche kann hinsichtlich der durch den Gesellschaftsanteil begründeten Rechte und Pflichten unterschiedlich ausgestaltet sein. Je nach Ausgestaltung wird zwischen typischen oder atypischen Unterbeteiligungen unterschieden. Zivilrechtlich stellen derartige Rechtsverhältnisse eine Innen-GbR dar. Wird an einer Unterbeteiligung eine weitere Unterbeteiligung eingeräumt, handelt es sich um eine Unter-Unterbeteiligung.

Bei einer typischen Unterbeteiligung hat der Unterbeteiligte in der Regel ein Recht auf Beteiligung an den laufenden Erträgen und verfügt über keine oder kaum Mitwirkungsbefugnisse. Das wirtschaftliche Eigentum an dem Gesellschaftsanteil verbleibt beim zivilrechtlichen Eigentümer.

Wird der Unterbeteiligte im Innenverhältnis hinsichtlich der Vermögens- und Mitwirkungsrechte dem Hauptbeteiligten gleichgestellt, ist die Rede von einer atypischen Unterbeteiligung. In solchen Fällen geht das wirtschaftliche Eigentum – durch Beteiligung an den stillen Reserven und die Einräumung von Verwaltungsbefugnissen – anteilig auf den Unterbeteiligten über. Folglich wird dieser für steuerliche Zwecke so behandelt, als halte er eine direkte Beteiligung an der Gesellschaft.

BFH-Urteil vom 23.11.2022

Im Urteilsfall veräußerte die Klägerin in der Rechtsform einer GmbH ihren durch Unter-Unterbeteiligungsvertrag gehaltenen Anteil an einer weiteren GmbH. Bei der Ermittlung ihres Einkommens ließ die Klägerin den entsprechenden Veräußerungsgewinn gem. § 8b Abs. 2 KStG außer Ansatz. Es erfolgte eine außerbilanzielle Hinzurechnung von 5% als nicht abzugsfähige Betriebsausgaben gem. § 8b Abs. 3 KStG. Als Folge einer Außenprüfung wurde der Klägerin die Anwendung des § 8b KStG aus dem Grunde verwehrt, dass sie keine wirtschaftliche Eigentümerin der veräußerten Gesellschaftsanteile gewesen sei.

Hiergegen klagte sie vor dem Finanzgericht. Dieses lehnte die Klage als unbegründet ab (FG Münster 13 K 1482/16 K, G). Die dagegen eingelegte Revision verwarf der BFH nun und bestätigte das Urteil der Vorinstanz. Im vorliegenden Sachverhalt habe kein Übergang des wirtschaftlichen Eigentums an den Gesellschaftsanteilen auf den Unter-Unterbeteiligten stattgefunden.  

Nach ständiger Rechtsprechung setzt der Übergang des wirtschaftlichen Eigentums den Übergang der wesentlichen, mit der Beteiligung verbundenen, Rechte voraus. Gehen lediglich Gewinnbezugsrechte sowie Chancen und Risiken hinsichtlich der Wertentwicklung des Geschäftsanteils über, sei dies nicht ausreichend. Vielmehr müsse der Unterbeteiligte sämtliche Verwaltungsrechte innehaben. Bei Unter-Unterbeteiligungsverhältnissen sei die Durchleitung der Vermögens- und Verwaltungsrechte bis zum letzten Unterbeteiligten erforderlich.

Der BFH wiederholt und präzisiert in diesem Zusammenhang nochmals seine Spruchpraxis, nach der dem Unterbeteiligten für den Übergang des wirtschaftlichen Eigentums auch effektive Mitverwaltungsrechte an der Hauptbeteiligung eingeräumt werden müssen. Das durch den BFH normierte Kriterium der effektiven Durchsetzbarkeit sei formalistisch zu interpretieren. Es sei nicht dahingehend zu verstehen, dass der (Unter-)Unterbeteiligte seinen Willen durchsetzen kann, sondern dass die Möglichkeit besteht, diesen zu akzentuieren. Lediglich eine Berücksichtigung der Interessen des (Unter-)Unterbeteiligten durch den Hauptbeteiligten genüge demnach nicht. Gleiches gelte für ein auf Grundlagengeschäfte beschränktes Mitwirkungsrecht. Vielmehr müssten sämtliche Verwaltungsrechte, die die Hauptbeteiligung mit sich bringt, auf den Unterbeteiligten übergehen. Es bestehe auch kein Rangverhältnis zugunsten von Vermögensrechten zwischen den Vermögens- und den Verwaltungsrechten. Die Möglichkeit der effektiven Durchsetzung der Verwaltungsrechte erfordere zudem eine explizite Einräumung im Unterbeteiligungsvertrag. Lediglich ein Verweis darauf, dass gesellschaftsrechtliche Treuepflichten den Ausschluss von der Wahrnehmung gewisser Verwaltungsrechte verbieten, genüge nicht.

Einordnung

Die Beteiligung Dritter im Innenverhältnis birgt hohes Potenzial für Streit mit der Finanzverwaltung. Werden die Anforderungen, die an den Übergang wirtschaftlichen Eigentums gestellt werden, nicht erfüllt, kann dies weitreichende steuerliche Konsequenzen haben.  Aus diesem Grund sollte bei der Ausgestaltung des Vertragswerks ein besonderes Augenmerk auf die Einhaltung der restriktiv ausgelegten formalistischen Kriterien gerichtet werden.

Im Urteilsfall war der Übergang des wirtschaftlichen Eigentums insbesondere hinsichtlich der Anwendung der Steuerbefreiung eines Veräußerungsgewinns nach § 8b Abs. 2, 3 KStG maßgeblich. Die Finanzverwaltung stellt den Übergang des wirtschaftlichen Eigentums regelmäßig in Frage und versagt als Folge dessen die Anwendung der Steuerbefreiung bei dem (Unter-)Unterbeteiligten. Andererseits ist auch denkbar, dass der Steuerpflichtige – beispielsweise aus grunderwerbsteuerlichen Überlegungen – keinen Eigentumsübergang beabsichtigt.

Die bisherige Rechtsprechung zu dieser Thematik hat nur wenig Trennschärfe erzeugt. Mit dem Urteil bringt der BFH nun etwas Licht ins Dunkel. Gleichwohl kann das Urteil hinsichtlich der Anforderungen an den Übergang wirtschaftlichen Eigentums kritisch betrachtet werden. Überdies bleiben viele Fragen offen, etwa zur Anwendbarkeit der Voraussetzungen auf Unterbeteiligungsverhältnisse an Personengesellschaftsanteilen. Es darf davon ausgegangen werden, dass hier das letzte Wort noch nicht gesprochen ist.