Schutz von Unternehmen durch das Geschäftsgeheimnisschutzgesetz von 2019

Früher konnten Unternehmen die immateriellen Werte ihres Unternehmens aktiv im Wesentlichen nur durch registrierte gewerbliche Schutzrechte schützen lassen. Der ehemals bestehende Schutz über Regelungen beispielsweise im UWG (§ 17 UWG a.F.) war durchaus lückenhaft. Seit dem 18. April 2019 wird der Schutz von Know-how und Geschäftsgeheimnissen durch das Gesetz zum Schutz von Geschäftsgeheimnissen gestärkt. In Bereichen, in denen beispielsweise keine registrierten Patente, Gebrauchsmuster oder Designs erteilt werden können oder wenn diese aus taktischen Gründen – aufgrund der damit einhergehenden Offenlegung von Informationen – vom Unternehmen nicht beantragt werden, kann seitdem ein rechtlicher Schutz als Geschäftsgeheimnis verfolgt werden.

Dazu ist allerdings notwendig, dass ein Unternehmen ein Konzept vorweisen kann, durch welches es seine Geschäftsgeheimnisse schützt. Geschäftsführern und Vorständen sollte bewusst sein, dass sie gegenüber ihrem Unternehmen dazu verpflichtet sind, Geheimhaltungsmaßnahmen vorzusehen und durchzusetzen. Ansonsten können sie einer persönlichen Haftung ausgesetzt sein (§ 43 GmbHG, § 93 Abs. 2 AktG).

 

Definition von Geschäftsgeheimnissen

Als Geschäftsgeheimnis geschützt sind alle Informationen,

 

  • die geheim sind, also in den einschlägigen Verkehrskreisen weder allgemein bekannt noch ohne Weiteres zugänglich sind;
  • die einen wirtschaftlichen Wert besitzen und an denen daher ein berechtigtes Geheimhaltungsinteresse besteht; und
  • die durch bestimmte Maßnahmen angemessen geheim gehalten wurden.

Angemessene Geheimhaltungsmaßnahmen

Inhaber eines Geschäftsgeheimnisses kann ein Unternehmen sein, wenn es die rechtmäßige Kontrolle über ein Geschäftsgeheimnis hat. Dafür muss das Unternehmen angemessene Maßnahmen zur Geheimhaltung ergriffen haben. Erforderlich sind keine bestmöglichen, jedoch verhältnismäßige Abwehrmaßnahmen. Diese sind

 

  • einerseits gegen Außenstehende, also Wettbewerber oder Geschäftspartner zu richten;
  • andererseits sind aber auch unternehmensinterne Maßnahmen in Bezug auf Arbeitnehmer und andere Unternehmensangehörige erforderlich.

Ob zusätzliche Geheimhaltungsmaßnahmen durch Geschäftsführer und Vorstände zu veranlassen sind, richtet sich einzelfallabhängig nach dem bestehenden Schutzniveau des Unternehmens. Maßnahmen sind jedenfalls fortlaufend zu dokumentieren!

Dabei sollten folgende Punkte berücksichtigt werden:

 

  1. Abwehrmaßnahmen sollten rechtlicher, technischer und organisatorischer Natur sein.
  2. Ein Schutzkonzept umfasst üblicherweise die Regelung des Zugangs zu den Geschäftsräumen und zu Dokumenten.
  3. Die Informationen und Dokumente des Unternehmens sollten in Kategorien klassifiziert und es sollten dementsprechend unterschiedliche (gegebenenfalls abgestufte) Schutzmaßnahmen ergriffen werden.
  4. Im Umgang mit Geschäftspartnern sollte insbesondere dann, wenn relevante Informationen ausgetauscht werden, Vertraulichkeit vereinbart werden (Non-Disclosure Agreement, NDA). Wichtig ist, dass ein Unternehmen nur dann die Voraussetzungen für einen Geheimnisschutz erfüllt, wenn die Klauseln rechtlich wirksam sind.
  5. Angestellte sollten nur mit Geschäftsgeheimnissen in Berührung kommen, sofern und soweit dies erforderlich ist. Auch mit den Angestellten sollte Vertraulichkeit vereinbart werden; gegebenenfalls sind Arbeitsverträge zu überprüfen und anzupassen. Es ist darauf zu achten, dass dabei die Grenze zu einem Wettbewerbsverbot nicht überschritten wird. Auch hier droht bei unwirksamen Regelungen der Verlust des Schutzes als Geschäftsgeheimnis.
  6. Das Schutzkonzept darf nicht nur auf dem Papier bestehen, sondern ist aktiv durchzusetzen.

Welchen Schutz bietet das Gesetz zum Schutz von Geschäftsgeheimnissen?

Liegt ein Geheimnis vor, werden Unternehmen gegen die rechtswidrige Erlangung, Nutzung und Offenlegung ihrer Geschäftsgeheimnisse geschützt (§ 4 GeschGehG). Diese können durch außenstehende Dritte als auch (unbefugt handelnde) Unternehmensangehörige verletzt werden.

 

Wovor wird ein Unternehmen nicht geschützt? Whistleblowing und Reverse Engineering als grundsätzlich erlaubte Handlungen.

  1. Erlaubt nach dem Gesetz ist die Offenbarung von Geschäftsgeheimnissen anlässlich der Aufdeckung einer rechtswidrigen Handlung oder eines Fehlverhaltens im Unternehmen (sogenanntes Whistleblowing) nach § 5 Nr. 2 GeschGehG. Wenn das Offenbaren der Information im öffentlichen Interesse steht, liegt keine relevante Rechtsverletzung vor.
  2. Darüber hinaus ist das sogenannte Reverse Engineering grundsätzlich erlaubt (§ 3 I Nr. 2 GeschGehG). Dieses bezeichnet das Beobachten, Untersuchen, Rückbauen oder Testen eines Produkts zwecks Informationsgewinnung. Voraussetzung ist, dass das Produkt öffentlich verfügbar gemacht wurde oder sich im rechtmäßigen Besitz des Dritten befindet. Durch diese Regelung wurde dieses Verhalten durch die Gesetzesänderung von 2019 legitimiert. Hier kann für Unternehmen ein großes Risiko liegen, wenn sie sich nicht ausreichend schützen! Gegebenenfalls kann mit Vertragspartnern vertraglich ein Verbot des Reverse Engineering vereinbart werden. Droht ein Reserve Engineering, sollte darüber hinaus vor Markteinführung geprüft werden, ob gewerbliche Schutzrechte angemeldet werden können. Diese bieten eine bessere Schutzmöglichkeit als der bloße Schutz als Geschäftsgeheimnis.

Welche Ansprüche kann ein Unternehmen geltend machen?

Der Inhaber eines Geheimnisses kann vom Verletzer verlangen, dass dieser die Beeinträchtigung des Geschäftsgeheimnisses beseitigt oder unterlässt (§ 6 GeschGehG). (Daten-)Träger der vertraulichen Information müssen herausgegeben oder vernichtet werden (§ 7 Nr. 1 GeschGehG). Liegt ein rechtsverletzendes Produkt vor, kann das Unternehmen Rückruf und Vernichtung bzw. Rücknahme verlangen (§ 7 Nr. 2, 3 und 4 GeschGehG). Rechtsverletzende Produkte sind dabei solche, deren Konzeption, Merkmale, Funktionsweise, Herstellungsprozess oder Marketing in erheblichem Umfang auf einem rechtswidrig erlangten, genutzten oder offengelegten Geschäftsgeheimnis beruhen.

Handelt der Gegner vorsätzlich oder fahrlässig, kann das betroffene Unternehmen Schadensersatz verlangen (§ 10 GeschGehG). Wie im Immaterialgüterrecht üblich kann der Schaden auf unterschiedliche Weisen berechnet werden:

 

  • konkret erlittene Vermögenseinbußen,
  • Abschöpfen von Gewinnen oder
  • Zahlung einer fiktiven angemessenen Vergütung für die Nutzung des Geschäftsgeheimnisses.

Wird ein Geheimnis nicht durch einen Rechtsstreit öffentlich bekannt?

Verfahrensrechtlicher Schutz über § 16 GeschGehG.

Das Unternehmen kann und sollte in einem Prozess um ein Geschäftsgeheimnis die vertraulichen Informationen als geheimhaltungsbedürftig einstufen lassen (§ 16 I GeschGehG). Dadurch kann ein umfassendes und dauerhaftes gesetzliches Verbot des Nutzens und Offenlegens außerhalb des Verfahrens in Bezug auf die Verfahrensbeteiligten (auch Zeugen und Sachverständige) erreicht werden. Seit letzem Sommer gilt der Schutz auch in Patentstreitigkeiten (§ 145a PatG) - für beide Seiten.

Darüber hinaus kann der Zugang zu Dokumenten sowie zur mündlichen Verhandlung bei einem besonderen Geheimhaltungsinteresse auf einen engen Kreis zuverlässiger Personen beschränkt werden und die Öffentlichkeit ausgeschlossen werden (§ 19 I, II GeschGehG).

 

Fazit

Unternehmen, die ihr Know-how und ihre Geschäftsgeheimnisse rechtlich schützen wollen, sollten aktiv ein Schutzkonzept verfolgen. Dann kann neben dem faktischen Schutz durch die Geheimhaltung auch rechtlich gegen rechtswidriges Erlangen, Nutzen und Offenlegen von Geschäftsgeheimnissen und rechtsverletzende Produkte vorgegangen werden.