Am 12. September 2021 wurde innerhalb des Ways and Means Committee in Washington der erste vollständige Gesetzesentwurf für die geplante Steuerreform der Biden-Administration zirkuliert. Das Dokument beschreibt auf 111 Seiten die im Vorfeld bereits vieldiskutierten Änderungen für den Bereich der Unternehmenssteuern. Dabei bleiben die im Gesetzesentwurf enthaltenen Neuerungen deutlich hinter den Änderungen zurück, die noch im Greenbook der Biden-Administration enthalten waren.
Anhebung des Körperschaftsteuersatzes
Statt der geplanten Anhebung des Körperschaftsteuertarifs der Federal Corporate Income Tax auf einheitlich 28% soll es zur Wiedereinführung eines Stufentarifs kommen. Einkommen bis 400.000 USD sollen demnach einem abgesenkten Körperschaftsteuertarif von nur 18% unterliegen. Darüberhinausgehende Beträge unterliegen bis zu einem Einkommen von 5 Mio. USD dem schon aktuell geltenden Tarif von 21%, darüber liegende Beträge unterliegen dem neuen Höchstsatz von 26,5%. Ab Einkommen von 10 Mio. USD wird zudem der Steuervorteil aus den ersten beiden Tarifstufen ratierlich eliminiert (phase-out), indem ein Zuschlagssatz von 3% (jedoch maximal 287.000 USD) erhoben wird.
Die Tarifänderung soll für alle Wirtschaftsjahre gelten, die nach dem 31. Dezember 2021 beginnen.
Änderung des (internationalen) Schachtelprivilegs
Durch den Tax Cuts and Jobs Act („TCJA“) waren seit 2018 Dividendenausschüttungen von ausländischen Tochtergesellschaften zu 100% steuerfrei zu stellen, wenn eine Mindestbeteiligung von 10% an der ausschüttenden Gesellschaft bestand (vereinfacht). Damit galt das internationale Schachtelprivileg auch für solche Auslandsgesellschaften, bei denen es weder über die Subpart-F-Regeln, noch über die Vorschriften zum GILTI zu einer Hinzurechnungsbesteuerung in den USA kommen konnte. Dieses wahrgenommene Ungleichgewicht soll nun behoben werden. Zukünftig sollen nur noch Dividendenausschüttungen aus sog. controlled foreign corporations unter das Schachtelprivileg fallen, also solche Gesellschaften, die den genannten Hinzurechnungsregimen unterliegen. Mit dieser Verschärfung geht jedoch die neu geschaffene Möglichkeit einher, bestimmte ausländische Beteiligungen als controlled foreign corporation zu behandeln (mit allen Konsequenzen), auch ohne dass die hierfür eigentlich erforderlichen Beteiligungsvoraussetzungen vorliegen.
Einführung einer zusätzlichen Zinsschranke
Mit dem TCJA hatten die USA 2018 eine Zinsschranke nach deutschem Vorbild eingeführt, die den Zinsabzug langfristig auf 30% des EBIT begrenzt. Neben dieser Zinsabzugsbeschränkung soll nun für Wirtschaftsjahre, die nach dem 31. Dezember 2021 beginnen, eine weitere Zinsschranke treten. Diese soll vermeiden, dass in international aufgestellten Konzernen (innerhalb der 30%-Beschränkung) eine übermäßige Fremdfinanzierung von US-Steuerpflichtigen erfolgt. Maßstab für das Übermaß soll zukünftig der Beitrag des jeweiligen US-Steuerzahlers zum Ergebnis der betrachteten Gruppe sein.
In den persönlichen Anwendungsbereich der neuen Zinsschranke fallen grundsätzlich US-Steuerpflichtige, die zu einer „International Financial Reporting Group“ gehören und im Dreijahresdurchschnitt Nettozinsaufwendungen von mehr als 12 Mio. USD aufweisen. Für S-Corporations, REITs, regulierte Investmentvehikel und Unternehmen mit Durchschnittsumsätzen von maximal 25 Mio. USD gilt die neue, verschärfte Zinsschranke nicht.
Auf der Rechtsfolgenseite beschränkt die neue Vorschrift den Zinsabzug auf einen bestimmten Prozentsatz, die sog. allowable percentage, bezogen auf 110% des Nettozinsaufwands. Die allowable percentage ermittelt sich über den Anteil, den der betrachtete US-Steuerpflichtige am Gruppen-EBITDA erwirtschaftet. Generiert eine US-Einheit also beispielsweise 20% des EBITDA der International Financial Reporting Group, so entspricht die allowable percentage 20% des Nettozinsaufwands der Gruppe. Der abzugsfähige Nettozinsaufwand wäre dann im Ergebnis auf 22% des Zinssaldos der International Financial Reporting Group beschränkt.
Nichtabzugsfähige Zinsen sollen in Folgejahre vorgetragen werden können. Der entsprechende Zinsvortrag soll zukünftig aber nur fünf Jahre nutzbar sein, wobei die Nutzung nach dem FiFo-Prinzip erfolgt.
(Wieder-)Einführung einer Minimum Tax?
Die noch im Greenbook vorgesehene Einführung der sogenannten „Minimum Book Tax“ hat keinen Eingang in den aktuellen Gesetzesentwurf gefunden. Die Wahrscheinlichkeit, dass es zur Einführung einer derartigen Steuer kommt, war im Vorfeld aber ohnehin als gering eingeschätzt worden. Zu klein war der gedachte persönliche Anwendungsbereich, zu kompliziert die Berechnungssystematik und zu groß der Widerstand in der Wirtschaft.
Domestic Investment Credit und Offshoring Tax Penalty?
Auch nach einer konkreten Ausgestaltung des angedachten Domestic Investment Credit oder der Offshoring Tax Penalty sucht man im aktuellen Gesetzesentwurf vergebens. Die beiden als Zuckerbrot und Peitsche vorgesehenen Instrumente, die eine Verlagerung von Tätigkeiten und Funktionen in die USA belohnen und eine Verlagerung ins Ausland bestrafen sollten, waren auch im Greenbook nur vage beschrieben worden und sind nun wohl als nicht kompromissfähig eingestuft worden.
Änderung der Steueranrechnungsvorschriften
Der Gesetzesentwurf enthält umfassende Änderungen der Vorschriften zur Anrechnung von Foreign Tax Credits. Betroffen sind beispielswiese sogenannte „Dual Capacity Taxpayer“, die für ihre im Ausland gezahlten Abgaben direkt oder indirekt wirtschaftliche Gegenleistungen (wie zum Beispiel Schürfrechte oder Förderkonzessionen) erhalten. Ihnen wird zukünftig versagt, derartige Abgaben auf die US-Steuerlast (anteilig) anzurechnen.
Die Änderungen weiterer Vorschriften des internationalen Steuerrechts finden sie in Teil II.