Kyrsten Sinema und Joe Manchin – die Namen dieser beiden demokratischen Senatoren sind derzeit in den USA in aller Munde. Ihrem Widerstand scheint Präsident Joe Biden sich nun zu beugen. Denn der am 28. Oktober 2021 veröffentlichte Gesetzesentwurf zum sog. „Build Back Better Framework“ lässt die geplanten Tariferhöhungen bei der Federal Corporate Income Tax unberücksichtigt. Damit erfüllt er eine Kernforderung der beiden störrischen Senatoren aus Arizona und West Virginia.

 

Schon der erste Gesetzesentwurf des Ways and Means Committee vom 12. September 2021 hat im Vergleich zu den im Greenbook der Biden-Administration enthaltenen Plänen einige Kompromisse vorgesehen. Die Wiedereinführung eines Stufentarifs mit einer Spitzenbelastung von (nur) 26,5% statt 28% war einer davon. Doch obwohl dieser Stufentarif Einkommen von bis zu 400.000 USD tariflich sogar besserstellen sollte, drohte Joe Biden aufgrund der Abweichler aus seiner eigenen Partei mit diesen Plänen zu scheitern.

 

Der nun vorliegende Gesetzesentwurf verzichtet auf eine generelle Tariferhöhung und belebt stattdessen eine andere Idee wieder, die bereits im Greenbook enthalten war, die (Wieder-)Einführung eines Mindestbesteuerungsregimes (Corporate Alternative Minimum Tax, “AMT“). Dieses soll für Veranlagungszeiträume anwendbar sein, die nach dem 31.12.2022 beginnen.

Mindeststeuer von 15% auf modifiziertes handelsrechtliches EBT

Während der Einheitstarif für die Federal Corporate Income Tax nun also beibehalten werden soll, sieht die AMT vor, dass die Steuerbelastung nicht unter 15% des sog. Adjusted Financial Statement Income („AFSI“) absinken darf. Ist dies der Fall, wird über die AMT der entsprechende Differenzbetrag zwischen regulärer Steuerschuld und dem Produkt aus 15% × AFSI nacherhoben.

 

Das AFSI ist dabei grundsätzlich ausgehend vom EBT aus dem US-GAAP-Abschluss des betrachteten US-Steuerpflichtigen zu ermitteln. Für die Berechnung des AFSI von Auslandsgesellschaften ist auf die Rechnungslegungsstandards abzustellen, nach denen diese Gesellschaften Abschlüsse erstellen.

 

Für die Berechnung des maßgebenden AFSI sind dabei auch die thesaurierten Ergebnisse von nachgeordneten Tochtergesellschaften, die als Controlled Foreign Corporations („CFCs“) qualifizieren, anteilig gemäß der Beteiligungsquote zu berücksichtigen. Auch die Ergebnisse von Non-CFCs sind zu berücksichtigen, soweit sie Effectively Connected Income („ECI“) in den USA erwirtschaften. Verluste auf Ebene von Tochtergesellschaften können dabei gegen Gewinne dieser Tochtergesellschaften in späteren Jahren verrechnet werden. Eine Verrechnung mit AFSI-Beiträgen des jeweiligen US-Steuerpflichtigen soll aber nicht erfolgen.

 

Zu weiteren Berechnungsdetails sollen nach Verabschiedung des Gesetzes entsprechende Verwaltungsanweisungen, sog. „Regulations“, erarbeitet werden.

Persönlicher Anwendungsbereich

Persönlich soll die neue AMT für alle US-ansässigen Unternehmen gelten, die bezogen auf einen Dreijahres-Betrachtungszeitraum ein durchschnittliches AFSI von mehr als 1 Mrd. $ erwirtschaftet haben.

 

Daneben findet die AMT aber auch für kleinere US-Gesellschaften Anwendung, deren Muttergesellschaft im Ausland ansässig ist. Diese fallen immer dann in den persönlichen Anwendungsbereich der AMT, wenn das Gruppen-AFSI im Ausland mehr als 1 Mrd. $ und das über US-Gesellschaften erzielte AFSI >= 100 Mio. $ beträgt. Auch für die US-Gesellschaften sind dabei die jeweils anwendbaren Konzernrechnungslegungsstandards des Mutterunternehmens für die Berechnung des AFSI zugrunde zu legen.

 

Nach dem aktuellen Gesetzesentwurf verlässt ein Unternehmen nicht automatisch den persönlichen Anwendungsbereich der AMT, wenn die entsprechenden Größenkriterien hinsichtlich des AFSI unterschritten werden. Vielmehr soll zusätzlich eine entsprechende Bestätigung des IRS erforderlich sein, dass eine Anwendung der AMT nicht mehr sachgerecht ist.

Anrechnung ausländischer Steuern

Damit im Vergleich zur Bemessung der regulären Steuerschuld kein Ungleichgewicht entsteht, sollen spezielle Steueranrechnungsvorschriften berücksichtigen, dass die im AFSI enthaltenen Ergebnisbeiträge von Tochtergesellschaften im Ausland bereits versteuert wurden.

Zeitlich unbeschränkter Verlustvortrag ab 31.12.2019

Analog zu den geltenden Verlustverrechnungsvorschriften der regulären Federal Corporate Income Tax soll auch für Zwecke der AMT ein entsprechender Mechanismus geschaffen werden. Ist das AFSI eines US-Steuerpflichtigen negativ, soll es daher zeitlich unbeschränkt vortragsfähig sein. In Folgejahren kann der entsprechende AMT/AFSI-Verlustvortrag dann mit 80% der positiven AFSI-Beträge verrechnet werden.

 

In diesem Zusammenhang soll erstmals für Veranlagungszeiträume, die nach dem 31.12.2019 beginnen, eine Ermittlung des AFSI durchgeführt werden. Im Ergebnis kann so im ersten Anwendungsjahr eine Nutzung von bis zu zwei vorherigen Verlustjahren erfolgen.

AMT-Credit für Folgejahre

Die AMT soll wie beschrieben nur zur Anwendung kommen, wenn das Produkt aus 15% × AFSI die reguläre Steuerschuld übersteigt. Ist in Folgejahren aber die reguläre Steuerschuld höher als das Produkt aus 15% × AFSI, soll die in Vorjahren gezahlte AMT auf die reguläre Steuerschuld angerechnet werden. Konzeptionell soll die AMT also zu einer bloßen zeitlichen Vorverlagerung der Besteuerung führen.

 

Tatsächlich aber dürfte die AMT in ihrer jetzt geplanten Form aufgrund unterschiedlicher Berechnungsdetails zu einer permanenten Erhöhung der Steuerbelastung von Unternehmen führen. Diese fällt in den Anwendungsbereich der AMT. Hinzu kommt, dass mit der Ermittlung des AFSI und dem entsprechenden Monitoring der Vorträge und Credits erhebliche Compliance-Mehraufwendungen geschaffen werden. Dies gilt insbesondere auch für Mutterunternehmen, die bspw. in Deutschland ansässig sind und substanzielle US-Aktivitäten vorhalten.

 

Die sonstigen Änderungen des aktuellen Gesetzesentwurfs sind im hier verlinkten Beitrag zusammengefasst.