Mit der wachsenden Bedeutung von Home-Office, Digitalisierung und Effizienz und dem Ideal des „papierlosen Büros“ stellt sich immer öfter die Frage, ob man Verträge auch rein digital abschließen kann. Die typische Antwort des Juristen:

Es kommt darauf an

Ob ein digitaler Vertragsabschluss möglich ist, hängt zunächst davon ab, ob eine bestimmte Form, gesetzlich oder vertraglich, erforderlich ist. Daneben sollte bei der Vertragsgestaltung aber auch immer (kommerziell) hinterfragt werden, welche Ziele mit der vereinbarten Form verfolgt werden sollen.

Gesetzliche Formvorschriften und Grundsatz der Formfreiheit

Ordnet das Gesetz eine spezielle Form an, ist diese Form zwingend zu beachten, sonst droht gemäß § 125 Satz 1 BGB Nichtigkeit. Im Gesetz finden sich insbesondere die notarielle Beurkundung, die öffentliche Beglaubigung, die Schriftform und die Textform.

Die notarielle Beurkundung und die öffentliche Beglaubigung setzen die Anwesenheit eines Notars voraus, woran ein digitaler Vertragsschluss zumeist scheitern wird. Zwar gibt es inzwischen ein paar Ausnahmen, wie z.B. die Online-Gründung einer GmbH. Allerdings ist ein Präsenztermin in den meisten Fällen immer noch erforderlich.

Zur Einhaltung der gesetzlichen Schriftform müssen die Parteien den Vertrag eigenhändig unterzeichnen und grundsätzlich im Original übermitteln. Das Einsetzen eingescannter Unterschriften unter ein Dokument erfüllt diese Voraussetzung nicht, ebenso wenig die Übermittlung per E-Mail, wobei ggf. Zugangserleichterungen vereinbart werden können, sodass beispielsweise eine Übermittlung des im Original unterschriebenen Vertrages per E-Mail ausreichend sein kann. Ein gänzlich digitaler Vertragsabschluss wird weiterhin durch die elektronische Form (§ 126a BGB) ermöglicht, welche grundsätzlich die gesetzliche Schriftform ersetzen kann. Allerdings ist dabei zu beachten, dass nur die qualifizierte elektronische Signatur (QES) die nötigen Anforderungen an die elektronische Form erfüllt; die einfache und die fortgeschrittene Signatur genügen daher nicht.

Nur bei der gesetzlichen Textform ist ein digitaler Vertragsabschluss unproblematisch möglich, da diese nur die textliche Niederlegung der Erklärungen auf einem dauerhaften Datenträger erfordert, wie dies z.B. bei einer E-Mail oder einer SMS der Fall ist.

Gemessen an der Anzahl der Rechtsgeschäfte in der Praxis bilden formbedürftige Rechtsgeschäfte jedoch eher die Minderheit, zumeist gilt der Grundsatz der Formfreiheit. Danach können Verträge in jeder Form bzw. formfrei geschlossen werden (einschließlich mündlich). Die Parteien können sich auch vertraglich auf eine bestimmte Form verständigen. Halten sich die Parteien nachträglich nicht an die vereinbarte Form, ist die Folge ebenfalls die Nichtigkeit, sofern die Parteien die vereinbarte Form nicht zuvor übereinstimmend aufgehoben haben.

Allerdings bestehen auch im Rahmen vertraglich vereinbarter Schriftformklauseln im Zweifel diverse Vereinfachungen nach § 127 BGB. Zum einen genügt die telekommunikative Übermittlung; im Gegensatz zur gesetzlichen Schriftform ist damit die Übermittlung per E-Mail möglich. Zum anderen ist nach herrschender Meinung die eigenhändige Unterschrift entbehrlich, sodass z.B. auch eine eingescannte Unterschrift genutzt werden kann. Weiterhin kann im Zweifel auch die vertraglich vereinbarte Schriftform durch die elektronische Form ersetzt werden. Hier genügen dann neben der QES auch die einfache oder die fortgeschrittene elektronische Signatur.

Ob diese nur im Zweifel geltenden Erleichterungen tatsächlich genutzt werden können, muss im Einzelfall geprüft werden. Um Rechtsunsicherheiten zu vermeiden, lohnt es sich, diese Fragen bereits bei der Vertragsgestaltung klar zu regeln.

Zielkonflikte und Vertragsgestaltung

Besteht, wie in den meisten Fällen, Formfreiheit, können die Parteien beim Abschluss neuer Verträge die Form (inklusive eines digitalen Vertragsabschlusses) ihren Bedürfnissen entsprechend gestalten. Möchten die Parteien die Vereinbarung lediglich zu Dokumentationszwecken verschriftlichen oder legen sie darüber hinaus auch Wert auf eine hohe Beweiskraft? Wünschen sie einen schnellen und unkomplizierten Vertragsabschluss oder möchten sie bewusst gewisse formale Hürden vorsehen? Ist ein kostengünstiger Weg gewünscht oder kommt es auf Kosten nicht an?

Hier bleiben Zielkonflikte oft nicht aus. Beispielsweise erreichen die Parteien mit der Textform oder der einfachen elektronischen Signatur zwar eine kostengünstige, schnelle und unkomplizierte Lösung, müssen dafür aber erhebliche Abstriche bei der Beweiskraft in Kauf nehmen. Hingegen bietet die handschriftliche Unterzeichnung eines Vertrages, der im Original übermittelt wird, eine hohe Beweiskraft, die allerdings wiederum zu Lasten der Schnelligkeit und Bequemlichkeit geht. Die QES bietet sogar eine noch höhere Beweiskraft als die handschriftliche Unterzeichnung und ist unter Umständen auch die schnellere und bequemere Alternative. Dafür ist ihre Nutzung in der Regel aber mit weitaus höheren Kosten und gewissen Einstiegshürden verbunden.

Haben die Parteien die für sich geeignete Form gefunden, ist es empfehlenswert, die genauen Anforderungen an die Form vertraglich zu regeln. Dabei ist es aus den oben genannten Gründen ratsam, sich nicht ausschließlich auf die Erleichterungen nach § 127 BGB zu verlassen. Diese sind ungeeignet, wenn es den Parteien gerade auf einen rein digitalen Vertragsabschluss ohne Verwendung einer QES ankommt. Denn wenn die Parteien sich ohne zusätzliche Regelungen nur auf die Erleichterungen des § 127 BGB verlassen, kann jede Partei zu Beweiszwecken die Nachholung des Rechtsgeschäfts in gesetzlicher Schriftform oder per QES fordern.