Der Bundesfinanzhof (BFH) hat in einem zweiten Urteil mit Datum vom 18.05.2021 – I R 62/17 (veröffentlicht am 28.10.2021) über die wichtige Frage entschieden, wie hoch der Zins für ein Gesellschafterdarlehen sein darf. Zuvor äußerte er sich bereits zur Frage der fremdüblichen Verzinsung von konzerninternen Darlehen (BFH vom 18.05.2021 – I R 4/17).
Hintergrund
Die Höhe des Zinses, zu dem ein Gesellschafter ein Darlehen an seine Gesellschaft gewährt, ist grundsätzlich am Fremdvergleichsmaßstab zu messen. Demnach werden Zinszahlungen auf Gesellschafterdarlehen steuerlich nur in der Höhe anerkannt, wie sie auch unter fremden Dritten vereinbart worden wären. Darüberhinausgehende Zahlungen wären als verdeckte Gewinnausschüttung zu qualifizieren, da dies dem Fremdvergleich widersprechen würde.
Sachverhalt im Einzelnen
Klägerin im Streitfall ist eine inländische GmbH, die zur Finanzierung eines Unternehmenskaufs drei Darlehen erhielt, welche hinsichtlich Laufzeit, Darlehenszins und Besicherung jeweils unterschiedlich ausgestaltet waren. Darlehensgeber waren der Verkäufer des Akquisitionsobjekts, die Gesellschafterin der inländischen GmbH sowie eine Geschäftsbank. Das Gesellschafterdarlehen war mit 8% p.a. über eine Laufzeit von 10 Jahren verzinst, unbesichert und nachrangig. Vergleichbar unbesichert und nachrangig war das Verkäuferdarlehen mit 10% p.a. über eine Laufzeit von 6 Jahren. Das Bankdarlehen war hingegen vorrangig und voll besichert. Bei einer Laufzeit von lediglich 5 Jahren wurden hier rd. 5% p.a. fällig.
Das Finanzamt hielt die vereinbarten Zinsen des Gesellschafterdarlehens für überhöht und nahm insoweit verdeckte Gewinnausschüttungen an. Der fremdübliche Zins betrüge 5% und würde sich - trotz abweichender Laufzeit und Besicherung - am Bankdarlehen orientieren.
Die Klägerin argumentierte, dass die Angemessenheit der Verzinsung des Gesellschafterdarlehens anhand einer Benchmarking-Studie nachgewiesen sei. Auch sei zu berücksichtigen, dass das Verkäuferdarlehen mit 10% p.a. höher verzinst wurde, obwohl dieses noch vorrangig vor dem Gesellschafterdarlehen bedient werden müsse.
Entscheidung der Vorinstanz (FG Köln vom 29.06.2017 - 10 K 771/16)
Das FG Köln sah im Streitfall ebenfalls das Bankdarlehen als Maßstab einer fremdüblichen Darlehensverzinsung und folgte damit der Auffassung des Finanzamts.
Die unterschiedliche Ausgestaltung von Gesellschafter- und Bankdarlehen wären insbesondere im Hinblick auf die Sicherheitengestellung unbeachtlich. Denn die insolvenzrechtlich begründete Nachrangigkeit eines Gesellschafterdarlehens kann durch eine Darlehensbesicherung nicht ausgehebelt werden. Folglich würde eine fehlende Besicherung keinen Zinsaufschlag rechtfertigen. Ebenso würde die insolvenzrechtlich vorgeschriebene Nachrangigkeit per se keinen Zinsaufschlag rechtfertigen, da sich diese schon aus dem Gesetz ergebe.
Unbeachtlich für die Höhe eines fremdüblichen Zinses sei auch, dass das ebenfalls unbesicherte Verkäuferdarlehen – wohlgemerkt das Darlehen eines fremden Dritten – trotz geringerer Laufzeit höher verzinst sei. Vielmehr bestünde hier die Möglichkeit, dass der Zinssatz durch andere Interessenlagen, beispielsweise zur Kompensation eines niedrigeren Kaufpreises, beeinflusst sei. Nach Auffassung des Senats könne auch ein im Nachhinein gefertigtes Gutachten nicht die Fremdüblichkeit des Zinssatzes beweisen, da tatsächlich Darlehensverträge mit fremden Dritten abgeschlossen wurden.
Der BFH folgte der Auffassung des FG Kölns nicht
Nach dem nun ergangenen Urteil des BFH ist die Fremdüblichkeit des vereinbarten Zinssatzes für ein Gesellschafterdarlehen – wie auch im gleichzeitig ergangenen Urteil I R 4/17 vom BFH beschrieben – zunächst nach der Preisvergleichsmethode zu ermitteln. Diese erfordert im Wesentlichen identische Leistungsbeziehungen, weshalb einzelne Anpassungen notwendig sein können.
Die Darlehensbesicherung stellt gem. BFH eine wesentliche Bedingung dar. Die insolvenzrechtlichen Nachrangigkeit eines Gesellschafterdarlehens führe nicht dazu, dass die Besicherung eines Gesellschafterdarlehens als unbeachtlich erachtet werden kann. Vielmehr ist beim Fremdvergleich gerade über die mit der Gesellschafterstellung verbundene insolvenzrechtliche Nachrangigkeit hinwegzudenken. Denn auch für einen fremden Dritten wäre diese unbeachtlich.
Auch widerspricht es dem allgemeinen Erfahrungssätzen, dass ein fremder Dritter ein nachrangiges und unbesichertes Darlehen zu den gleichen Zinskonditionen wie ein besichertes, vorrangiges Darlehen vergibt. Der vom FG Köln gezogene Preisvergleich von (besichertem) Bankdarlehen und (unbesichertem) Gesellschafterdarlehen ist daher rechtsfehlerhaft.
Ausblick
Der BFH hat die Klage zwar zurückverwiesen. Er stellt in seinen Ausführungen aber klar, dass sich eine mangelnde Darlehensbesicherung grundsätzlich in einer höheren Darlehensverzinsung widerspiegelt. Gegenteiliges wäre zwar grundsätzlich denkbar, entspricht jedoch nicht dem allgemeinen Erfahrungsschatz. Der BFH erkennt damit faktisch einen Zusammenhang zwischen den mit einem Darlehen verbundenen Risiken und der hierfür erhaltenen Vergütung (Verzinsung) an. Es bleibt abzuwarten, wie das FG Köln mit den nun gesetzten Rahmenbedingungen umgehen wird.