Update Steuer- und Wirtschaftsstrafrecht 6/2021: Neues bei der Bekämpfung von grenzüberschreitender Umsatzsteuerhinterziehung

21.06.2021 | FGS Blog

Das Kraftfahrt-Bundesamt („KBA“) sowie das Bundeszentralamt für Steuern („BZSt“) haben sich darauf verständigt, dem BZSt zukünftig Zugang zu nationalen Fahrzeugregistern der EU-Mitgliedsstaaten einzuräumen. Ziel ist es, gezielter grenzüberschreitende Umsatzsatzsteuerhinterziehungen, insbesondere bei Umsatzsteuerkarussellgeschäften im Zusammenhang mit PKW-Handel, zu bekämpfen. Da in der Vergangenheit immer wieder Fälle der unbeabsichtigten Beteiligung von Unternehmen an Umsatzsteuerkarussellgeschäften bekannt geworden sind, sollten Unternehmer zweifelhafte Geschäftsabschlüsse überprüfen.

Hintergrund und EUCARIS-Verfahren zur Vermeidung von Umsatzsteuerhinterziehung

Der Schaden für die EU-Mitgliedstaaten durch grenzüberschreitende Umsatzsteuerhinterziehung ist hoch, laut Schätzungen jährlich ca. EUR 30 bis 60 Mrd. Zum Schutz der nationalen Haushalte beziehungsweise des Haushalts der EU haben sich die Mitgliedsstaaten bereits in den vergangenen Jahren auf verschiedene Maßnahmen zur Bekämpfung der Umsatzsteuerhinterziehung geeinigt (z.B. „EUROFISC“ oder „MIAS“).

Nunmehr kann das BZSt die nationalen Fahrzeugregister bei Verdacht einer Umsatzsteuerhinterziehung nach Fahrzeug- und Halterdaten auf Basis von Fahrzeugidentifizierungsnummer, Kennzeichen oder Halterangaben abfragen. Hierfür wird das europäische Fahrzeug- und Führerscheininformationssystem EUCARIS („EUropean CAR and Driving Licence Information System“) genutzt. EUCARIS verbindet die zentralen elektronischen, nationalen Systeme zum Zwecke des gegenseitigen Datenaustauschs miteinander. Dabei wird der Abruf der Daten zukünftig ausschließlich über EUROFISC-Verbindungsbeamten erfolgen. Es handelt sich hierbei um Fachleute zur Bekämpfung von Umsatzsteuerhinterziehung aus den jeweiligen Mitgliedstaaten. In Deutschland gehören die EUROFISC-Verbindungsbeamten dem BZSt an.

Maßnahme gegen Umsatzsteuerhinterziehung ist zu begrüßen

Auch wenn die Nutzung von EUCARIS zur Bekämpfung von Umsatzsteuerhinterziehung grundsätzlich zu begrüßen ist, erscheint die Maßnahme nicht unbedenklich. So bleibt unklar, unter welchen genauen Voraussetzungen das BZSt zukünftig Daten abfragen kann. Damit erscheint es jedenfalls nicht ausgeschlossen, dass zukünftig Personen verdächtigt werden könnten, die zwar im Datenpool der Abfrage enthalten sind, letztlich aber nicht (bewusst) Beteiligte einer Umsatzsteuerhinterziehung sind. Diese Gefahr besteht insbesondere bei Umsatzsteuerkarussellgeschäften, weil in diese häufig redliche Unternehmen zum Zwecke der Verschleierung eingebunden werden.

Potentielle Folgen für redliche Unternehmer bei Umsatzsteuerhinterziehung

Nach dem Aufdecken eines Umsatzsteuerkarussells wird den redlichen Unternehmen der Vorsteuerabzug häufig versagt – ebenso sind steuerstrafrechtliche Folgen denkbar. So darf ein Unternehmer nach § 25f UStG keinen Vorsteuerabzug aus Eingangsrechnungen vornehmen, wenn er „wusste oder hätte wissen müssen“, dass er sich an einer Umsatzsteuerhinterziehung beteiligt. Die Rechtsprechung verlangt, dass der Unternehmer alle vernünftigerweise zu erwartenden Maßnahmen ergreift, um sich nicht an einer Umsatzsteuerhinterziehung zu beteiligen. Dies richtet sich nach dem konkreten Einzelfall (insbesondere branchenspezifischen Risiken); gegebenenfalls sind detaillierte Erkundigungen über den Geschäftspartner einzuholen.

Fazit und Handlungsempfehlung gegen Umsatzsteuerhinterziehung

Durch die Zusammenarbeit von KBA und BZSt können zur Bekämpfung von grenzüberschreitender Umsatzsteuerhinterziehung nun nationale Fahrzeugregister der EU-Mitgliedstaaten eingesehen werden. Offen bleibt, in welchen Fällen und in welchem Umfang von dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht werden wird. Es ist zu befürchten, dass auch redliche Unternehmen in den Fokus der Ermittlungsbehörden gelangen, sodass Unternehmer (bei entsprechenden Anhaltspunkten) die in der Vergangenheit getätigten Geschäftsabschlüsse überprüfen sollten.