Update: Nach Art. 97 § 31 Satz 3 EGAO ist die Änderung des § 138a Abs. 2 AO in der am 29. Dezember 2020 geltenden Fassung auf alle offenen Fälle anzuwenden. Fortan ist der länderbezogene Bericht nicht mehr „ausgehend vom Konzernabschluss“ zu erstellen, was wohl auf einen erweiterten Kreis einzubeziehender Unternehmen hinausläuft. Ab welchem Zeitpunkt diese Vorschrift konkret anzuwenden ist, d.h. was mit „offene[n] Fälle[n]“ im Sinne des § 138a AO gemeint ist, bleibt indes unklar. Vernünftigerweise kann dies nur Fälle betreffen, in denen das berichtspflichtige Unternehmen seiner Übermittlungspflicht noch nicht nachgekommen ist. Eine Pflicht zur Korrektur bereits übermittelter CbCR besteht nach unserer Einschätzung nicht. Wünschenswert wäre hier ein klar definierter Anwendungszeitpunkt gewesen (so z.B. betreffend Wirtschaftsjahre, die nach Ablauf des 31. Dezember 2020 beginnen).

 

 

Zum Regierungsentwurf des JStG 2020

Im Rahmen des JStG 2020 beabsichtigt der Gesetzgeber § 138a Abs. 2 Nr. 1 AO anzupassen, indem die Wörter „ausgehend vom Konzernabschluss“ gestrichen und damit der Kreis der einzubeziehenden Unternehmen faktisch erweitert wird. Damit lautet die Regelung nun: „Der länderbezogene Bericht (…) enthält eine nach Steuerhoheitsgebieten gegliederte Übersicht, wie sich die Geschäftstätigkeit des Konzerns auf die Steuerhoheitsgebiete verteilt, in denen der Konzern durch Unternehmen oder Betriebsstätten tätig ist; zu diesem Zweck sind in der Übersicht folgende Positionen auszuweisen: […]“

Hintergrund der Gesetzesänderung

Hintergrund dieser Gesetzesänderung sind die OECD-Empfehlung und die EU-Vorgabe, dass das CbCR nicht nur auf den Informationen sämtlicher Unternehmen, die in den Konzernabschluss einbezogen werden, basieren sollte, sondern auch solche Unternehmen umfassen soll, die bspw. aufgrund ihrer Größe oder aus Wesentlichkeitsgründen nicht in den Konzernabschluss einbezogen werden. Dies ist jedoch durch den derzeitigen Wortlaut der Norm nicht gedeckt.

Keine „klarstellende“ Gesetzesänderung

Mit der Änderung des § 138a Abs. 2 Nr. 1 AO möchte der Gesetzgeber „klarstellen“, dass die Anforderungen an die länderbezogene Berichterstattung im Einklang mit den EU-Vorgaben und OECD-Empfehlungen stehen und fortan „alle Geschäftseinheiten in den länderbezogenen Bericht aufzunehmen sind“. Von einer Klarstellung („klarstellenden Erweiterung“) kann hier allerdings keine Rede sein. Vielmehr führt die Regelung zu einer Ausweitung des Kreises der einzubeziehenden Unternehmen. So entspricht es der bislang herrschenden Meinung, dass nach der derzeit (noch) gültigen Fassung der Norm nur solche Unternehmen für das CbCR zu berücksichtigen sind, die auch tatsächlich in den Konzernabschluss einbezogen werden. Dies wird darauf gestützt, dass der länderbezogene Bericht nach dem Wortlaut des § 138a AO „ausgehend vom Konzernabschluss“ zu erstellen ist. Darüber hinaus ist der Gesetzesbegründung zur Einführung des § 138a AO vom 5. September 2016 hinsichtlich der einzubeziehenden Unternehmen zu entnehmen, dass im CbCR „Angaben zu allen Unternehmen und Betriebsstätten, die in den Konzernabschluss einbezogen werden, zu erfassen [sind]“. Nicht in den Konzernabschluss einbezogen werden aber z.B. unwesentliche Konzerngesellschaften (vgl. § 296 Abs. 2 HGB) sowie Gemeinschaftsunternehmen (soweit nicht quotenkonsolidiert) und assoziierte Unternehmen. Im Übrigen geht die Einordnung als „Klarstellung“ auch schon deshalb fehl, da der Gesetzgeber nicht die Regelung um einen erläuternden bzw. klarstellenden Zusatz ergänzt, sondern es sich um die Korrektur einer von der OECD-Empfehlung und EU-Vorgabe abweichenden innerstaatlichen Umsetzung handelt.

 

Ferner soll – so der Gesetzgeber – durch die Änderung verdeutlicht werden, dass berichtspflichtige Unternehmen Wahlmöglichkeiten zur Nutzung verschiedener Datenquellen für die Erstellung des länderbezogenen Berichts haben. Hierzu stehen ausweislich der Gesetzesbegründung die konsolidierte Unternehmensberichterstattung, die gesetzlich vorgesehenen Jahresabschlüsse der einzelnen Unternehmen, für aufsichtsrechtliche Zwecke erstellte Abschlüsse oder Quellen der internen Rechnungslegungen zur Verfügung. Die Möglichkeit der Verwendung unterschiedlicher Datengrundlagen war allerdings auch auf Basis der derzeit gültigen Fassung des § 138a Abs. 2 Nr. 1 AO in Schrifttum und Praxis unstrittig. Dies insbesondere deshalb, weil sich die Finanz- und Steuerpositionen des CbCR nicht allein auf Basis des Konzernabschlusses ableiten lassen. So werden in einem konsolidierten Abschluss bspw. Umsätze zwischen den Konzerngesellschaften nicht berücksichtigt, die jedoch im CbCR aggregiert auf Ebene des Steuerhoheitsgebiets anzugeben sind. Darüber hinaus werden die betroffenen Unternehmensgruppen auch auf Informationen der Steuererklärungen und der Betriebsstättengewinnabgrenzung zurückgreifen müssen, um ihrer CbC-Berichtspflicht vollumfänglich nachzukommen. Insofern bestand und besteht die Empfehlung, im Einklang mit den OECD-Empfehlungen und EU-Vorgaben in Tabelle 3 des länderbezogenen Berichts dahingehende Erläuterungen aufzunehmen, auf welchen Datengrundlagen die jeweiligen Finanz- und Steuerinformationen basieren. Vor diesem Hintergrund wirkt die Gesetzesbegründung zur Änderung des § 138a Abs. 2 Nr. 1 AO als Hilfsargument.

Anwendungszeitpunkt

Nach Art. 23, § 31 Satz 3 EGAO ist die Änderung des § 138a Abs. 2 Nr. 1 AO auf alle offenen Fälle anzuwenden. Dies bedeutet konkret, dass die Gesetzesänderung – sofern kein besonderes Datum zum Inkrafttreten des § 138a Abs. 2 Nr. 1 AO in das JStG 2020 aufgenommen wird – automatisch ab dem 14. Tag nach der Veröffentlichung des betreffenden Bundesgesetzblattes gilt. Ab diesem Zeitpunkt sind die geänderten Anforderungen in allen an das BZSt übermittelten länderbezogenen Berichten zu berücksichtigen. Eine Pflicht zur Korrektur bisheriger CbCR besteht indessen nicht.

Würdigung

Durch die Gesetzesänderung werden berichtspflichtige Unternehmen mit einem erweiterten Kreis der in das CbCR einzubeziehenden Unternehmen konfrontiert. Auch wenn die – aus nationaler Sicht verschärfend wirkende – Gesetzesänderung „durch die Hintertür“ kommt und unzutreffend als „klarstellend“ bezeichnet wird, lässt sich der Anpassung auch etwas Positives abgewinnen: Gerade vor dem Hintergrund der international bestehenden CbC-Berichtspflicht führt eine (auch in Deutschland) OECD-konforme Ausgestaltung zu erhöhter Rechtssicherheit dahingehend, dass ein in Deutschland abgegebenes CbCR den internationalen Anforderungen genügt.

 

Wünschenswert wäre allein, wenn der Anwendungszeitpunkt ausdrücklich definiert und bspw. auf Wirtschaftsjahre eingegrenzt würde, die nach Ablauf des 31. Dezember 2020 beginnen. Dies würde den berichtspflichtigen Unternehmen die notwendige Zeit verschaffen, den Erstellungsprozess anzupassen und die relevanten Datenquellen zu erschließen.