Überblick über das BMF-Schreiben v. 21.4.2022

29.04.2022 | FGS Blog

Das BMF hat mit Schreiben vom 21.4.2022 (IV C 2 -S 2836/20/10001 :002; das „BMF-Schreiben“) Stellung zur Rückzahlung von nicht in das Nennkapital geleisteten Einlagen sowie zur Rückzahlung von Nennkapital durch Drittstaaten-Kapitalgesellschaften genommen. Das Schreiben soll in allen noch offenen Fällen Anwendung finden. Bislang vertrat die Finanzverwaltung die Auffassung, dass in Drittstaaten-Fällen keine steuerneutrale Einlagenrückgewähr möglich sei. Dies stand im Gegensatz zur Rechtsprechung des I. und VIII. BFH-Senats. Mit dem BMF-Schreiben gibt die Finanzverwaltung nunmehr ihre bisherige Auffassung auf und schließt sich der BFH-Rechtsprechung an. Letztere soll daher nun auch im Bundessteuerblatt II veröffentlicht werden. Außerdem nimmt das BMF Stellung dazu, wie die Rechtsprechungsgrundsätze des BFH anzuwenden sind. Hierzu im Einzelnen:

Leistungen einer Drittstaaten-Kapitalgesellschaft

Zunächst definiert das BMF-Schreiben Drittstaaten-Kapitalgesellschaften als Körperschaften oder Personenvereinigungen, die weder in Deutschland, einem anderen EU-Mitgliedstaat oder einem Staat, auf den das EWR-Abkommen Anwendung findet, der unbeschränkten Steuerpflicht unterliegen. Somit sollte bspw. eine in den USA ansässige Ltd. als Drittstaaten-Kapitalgesellschaft qualifizieren.

 

Für die Beurteilung von Leistungen einer Drittstaaten-Kapitalgesellschaft unterscheidet das BMF zwischen zwei Fällen der Einlagenrückgewähr.

 

Im Falle einer Nennkapitalrückzahlung soll sich die steuerliche Behandlung nach § 7 Abs. 2 KapErhStG richten. Betroffen ist daher die Rückzahlung von Nennkapital nach einer vorherigen Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln, bspw. durch Umwandlung einer Rücklage. Sofern eine solche Nennkapitalauskehrung innerhalb von fünf Jahren nach der Kapitalerhöhung erfolgt, sollen steuerpflichtige Einkünfte im Sinne des § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG vorliegen. Rückzahlungen von Nennkapital außerhalb dieser Fünfjahresfrist sollen dagegen nicht steuerbar sein und zu einer Minderung der Anschaffungskosten der Beteiligung des Gesellschafters führen. Als Nachweise sollen insbesondere die Beschlüsse über die Nennkapitalherabsetzung sowie dessen Rückzahlung dienen.

 

Bei der Rückzahlung von nicht in das Nennkapital geleisteten Einlagen soll die Verwendungsreihenfolge des § 27 Abs. 1 Satz 3 und 5 KStG entsprechend anzuwenden sein. Eine Einlagenrückgewähr liegt also nur insoweit vor, wie die Leistungen den ausschüttbaren Gewinn übersteigen. Im Umkehrschluss sind Leistungen der Drittstaaten-Kapitalgesellschaft vorrangig als steuerpflichtige Gewinnausschüttungen zu qualifizieren. Ein Direktzugriff auf die Einlagen ist nicht möglich. Die für die Bestimmung der Einlagenrückgewähr nötigen Berechnungsgrundlagen (Höhe des ausschüttbaren Gewinns, gezeichnetes Kapital sowie die nicht in das Nennkapital geleisteten Einlagen) sind aus der ausländischen Handelsbilanz des Vorjahres abzuleiten. Dabei ist keine Überleitungsrechnung nach deutschem Handels- oder Steuerrecht erforderlich. Jedoch sind die Leistungen der Drittstaaten-Kapitalgesellschaft zum Ausschüttungszeitpunkt mit dem Mittelwert des Devisengeldkurses zu bewerten.

 

Für die Feststellung muss der Anteilseigner folgende Nachweise jeweils in deutscher Sprache vorlegen:

  • Nachweis über die unbeschränkte Steuerpflicht der leistenden Drittstaaten-Kapitalgesellschaft;
  • Höhe der Beteiligung des inländischen Anteilseigners;
  • Beschlüsse und Nachweise über die geleistete Ausschüttung;
  • ausländische Bilanz der leistenden Drittstaaten-Kapitalgesellschaft.

Darüber hinaus kann die Finanzverwaltung noch weitere Unterlagen verlangen.

Erweiterung auf EWR-Körperschaften

Schließlich bestätigt das BMF-Schreiben die bisherige Verwaltungsauffassung, wonach § 27 Abs. 8 KStG grundsätzlich auch auf EWR-Körperschaften Anwendung finden soll. Nach dem Wortlaut des § 27 Abs. 8 Satz 3 KStG ist dagegen eigentlich nur die leistende Körperschaft zur Antragstellung für die Feststellung einer Einlagenrückgewähr befugt. In der Praxis dürfte der damit zusammenhängende Aufwand aus Sicht der Körperschaft aber häufig gegen eine Antragstellung sprechen. Gleichzeitig dürften zumindest Minderheitsgesellschafter regelmäßig nicht in der Lage sein, sie zur Antragstellung zu bewegen.

 

Das BMF-Schreiben ordnet nun für ebenjene EWR-Körperschaften die entsprechende Anwendung der Grundsätze für Drittstaaten-Körperschaften an, falls die EWR-Körperschaft selbst keinen Antrag stellt. Somit können nun auch die Anteilseigner einer EWR-Körperschaft die Feststellung einer Einlagenrückgewähr beantragen. Diese Neuerung ist daher grundsätzlich zu begrüßen.

 

Das BMF-Schreiben definiert EWR-Körperschaften als „Körperschaften […], die […] in einem Staat, auf den das EWR-Abkommen Anwendung findet, der unbeschränkten Steuerpflicht unterliegen.“ Damit sollten EU-Mitgliedsstaaten erfasst sein, da das EWR-Abkommen auch auf sie Anwendung findet. Somit bestünde auch in EU-Fällen eine Wahlmöglichkeit zwischen dem Feststellungsverfahren nach § 27 Abs. 8 KStG und der entsprechenden Anwendung der Grundsätze für Drittstaaten-Kapitalgesellschaften. D.h. sowohl die leistende Körperschaft als auch der Anteilseigner könnten das Feststellungsverfahren betreiben. Außerdem scheint das Antragsverfahren für Drittstaaten-Kapitalgesellschaften wesentlich weniger aufwändig als das nach § 27 Abs. 8 KStG. Gewisse Zweifel, ob EU-Körperschaften auch tatsächlich erfasst werden sollten, sind jedoch angebracht. Denn aus der Definition der Drittstaaten im BMF-Schreiben (dort unter I.; siehe auch oben) lässt sich eine Unterscheidung zwischen EU-Mitgliedsstaaten einerseits und (übrigen) EWR-Staaten andererseits herauslesen.

 

Es steht daher zu befürchten, dass diese Möglichkeit nur in reinen EWR-Fällen (d.h. EWR- exklusive EU-Mitgliedsstaaten) besteht. Eine Antragsmöglichkeit auch für Anteilseigner von EU-Körperschaften wäre jedenfalls wünschenswert und überdies auch ggf. EU-rechtlich geboten.