Im ersten Teil des Blogs werden die wesentlichen Neuerungen im UmwStE-Entwurf bzgl. Anwendungsbereich, Verlustverrechnung, stillen Lasten, Übernahmeergebnis, Wertverschiebungen und Spaltungen erläutert. Den zweiten Teil des Blogs lesen Sie hier.

Am 11.10.2023 hat das Bundesministerium der Finanzen (BMF) einen Entwurf des überarbeiteten Umwandlungssteuererlasses (UmwStE) veröffentlicht. In diesem bezieht das BMF ausführlich Stellung zu umwandlungssteuerlichen Zweifelsfragen. Dem UmwStE kommt eine hohe praktische Bedeutung zu, ganz gleich ob in Fällen ohne oder mit Antrag auf verbindliche Auskunft.

Die aktuell gültige Fassung des UmwStE stammt vom 11.11.2011. Hauptaufgabe der Überarbeitung ist es daher, die zahlreichen Gesetzesänderungen und Rechtsprechungsentscheidungen der vergangenen zwölf Jahre umzusetzen. Zentrale Änderungen sieht der Entwurf in folgenden Bereichen vor:

Anwendungsbereich

An zahlreichen Stellen nimmt der Entwurf Änderungen vor, um dem Gesetz zur Modernisierung des Körperschaftsteuerrechts (KöMoG) - z. B. Optionsbesteuerung für PersG - und dem Gesetz zur Modernisierung des Personengesellschaftsrechts (MoPeG) Rechnung zu tragen. Trotz Wegfalls der gesetzlichen Beschränkung auf EU/EWR-Anwendungsfälle im Jahr 2021 hält das BMF an den Vergleichbarkeitskriterien für ausländische Umwandlungen fest und baut diese aus. Auch weiterhin muss eine enge Vergleichbarkeit mit inländischen Umwandlungsvorgängen gegeben sein. Zudem wurden Erläuterungen zu Hinaus- und Hereinformwechsel aufgenommen. Sofern nach dem Hinausformwechsel weiterhin eine (un-) beschränkte Körperschaftsteuerpflicht besteht, handelt es sich aus Sicht des BMF um einen steuerlich unbeachtlichen Vorgang.

Verlustverrechnungsverbot im Rückwirkungszeitraum

Nach § 2 Abs. 4 Satz 3 UmwStG dürfen positive Einkünfte des übertragenden Rechtsträgers im Rückwirkungszeitraum nicht mit Verlustvorträgen und vergleichbaren Vorträgen des übernehmenden Rechtsträgers verrechnet werden. Der Entwurf führt aus, dass hinsichtlich der Vorträge keine zeitliche Beschränkung auf den Rückwirkungszeitraum besteht. Die Verwaltung erachtet das Verlustverrechnungsverbot bei Einbringungen unabhängig von einer steuergestalterischen Missbrauchsabsicht als einschlägig und möchte es auch für gewerbesteuerliche Zwecke gelten lassen.

Stille Lasten

Erstmalig äußert sich das BMF zu passivierungsbeschränkten Lasten bei Umwandlungsvorgängen. Die 2013 eingeführten Vorschriften §§ 4f und 5 Abs. 7 EStG verhindern eine sofortige aufwandswirksame Realisation bei der Übertragung von stillen Lasten. Grundsätzlich hält das BMF den Anwendungsbereich der genannten Vorschriften offenbar auch in Umwandlungsfällen für eröffnet. Trotzdem soll im Fall von Verschmelzungen eine Aufwandsverteilung beim übertragenden Rechtsträger unterbleiben. Unklar bleibt, ob dies für sonstige Umwandlungsfälle entsprechend gelten soll.

Vor der Umwandlung begründete Aufwandsverteilungsposten und Rücklagen sind vom steuerlichen Rechtsnachfolger fortzuführen. Bei Ansatz des gemeinen Werts müssen bestehende Rücklagen laut Entwurf jedoch mit null Euro bewertet werden. (Weitere Details zu steuerbilanziellen Aspekten des UmwStE-E siehe Dreßler/Linscheidt, BB 2023, 2672)

Übernahmeergebnis und Beteiligungskorrekturgewinn

Wird eine Körperschaft verschmolzen oder formgewechselt, ergibt sich beim übernehmenden Rechtsträger ein Übernahmegewinn in Höhe der Differenz zwischen dem Ansatz der übergegangenen Wirtschaftsgüter und dem Wert der Anteile der Körperschaft abzüglich der „Kosten für den Vermögensübergang“. Dieser Übernahmegewinn ist über § 8b KStG bzw. § 3 Nr. 40 EStG begünstigt. Kosten für den Vermögensübergang sind ebenfalls nur beschränkt abzugsfähig. Laut Entwurf sind die „Kosten für den Vermögensübergang“ nach dem Veranlassungsprinzip zu ermitteln. Es sei dabei auf das auslösende Moment für die Entstehung der Aufwendungen und die größere Nähe zur Veräußerung oder zum laufenden Gewinn abzustellen.

Setzt der übernehmende Rechtsträger die Anteile an der Körperschaft nach § 4 Abs. 1 Satz 2 UmwStG mit dem Buchwert an, soll zwangsweise auf den niedrigeren gemeinen Wert abzustocken sein. Der sich ergebende Verlust unterliegt ggf. § 8b Abs.3 KStG bzw. § 3c Abs. 2 EStG.

Umwandlungen mit Wertverschiebungen

§ 13 UmwStG regelt die steuerlichen Folgen beim Anteilseigner, wenn Körperschaften verschmolzen oder gespalten werden. Laut der aktuell gültigen Fassung des UmwStE von 2011 ist § 13 UmwStG nicht anzuwenden, soweit es zu Wertverschiebungen zwischen den Anteilseignern kommt. Diese Auffassung wird im Entwurf aufgegeben: Unabhängig von Wertverschiebungen soll § 13 UmwStG sowohl auf verhältniswahrende als auch auf nicht verhältniswahrende Umwandlungen anzuwenden. Etwaige schenkungsteuerliche Folgen können sich unverändert ergeben.

Spaltungen

Nichtverhältniswahrende Spaltungen sollen auch dann unter das UmwStG fallen, wenn ein Gesellschafter der übertragenden Gesellschaft keine Beteiligung an der übernehmenden Gesellschaft erhält (sog. „Spaltung zu Null“).

Steuerneutrale Spaltungen erfordern zumindest die Übertragung eines Teilbetriebs. Auch der zurückbleibende Teil des Betriebsvermögens muss weiterhin einen Teilbetrieb konstituieren. Nach Sicht der Finanzverwaltung erfordert die Übertragung eines Teilbetriebs den Übergang sämtlicher funktional wesentlicher Betriebsgrundlagen sowie der nach wirtschaftlichen Zusammenhängen zuordenbaren Wirtschaftsgüter. Die Zuordnung von Betriebsvermögen zu den einzelnen Teilbetrieben ist daher häufig ein umstrittenes Thema.

Bei funktional wesentlichen Betriebsgrundlagen, die von mehreren Teilbetrieben genutzt werden, liegt nach dem Entwurf weiterhin ein Spaltungshindernis vor. Zwangsläufig muss hier eine reale Aufteilung erfolgen. Nach wirtschaftlichen Zusammenhängen zuordenbare Wirtschaftsgüter, die von mehreren Teilbetrieben genutzt und nicht aufgeteilt werden, sind nach dem Entwurf jedoch einheitlich dem Teilbetrieb zuzuordnen, in dem sie überwiegend genutzt werden.

Für das Vorliegen eines Teilbetriebs soll es auch auf die Verhältnisse zum steuerlichen Übertragungsstichtag ankommen. Sofern die Finanzverwaltung das eingeschobene Wörtchen „auch“ tatsächlich so verstanden wissen möchte, dass es sowohl auf den steuerlichen als auch den tatsächlichen Übertragungsstichtag ankommt, müsste künftig eine „Zweipunkt-Messung“ vorgenommen werden.

Im zweiten Teil des Blogs werden die wesentlichen Neuerungen zu Verschmelzungen, Umwandlungen und Organschaft, grenzüberschreitenden Umwandlungen und Einbringungsfällen erläutert.