Unbeschränkt steuerpflichtige Personen unterliegen nach dem Welteinkommensprinzip mit all ihren in- und ausländischen Einkünften der deutschen Besteuerung. Gleichzeitig wird bei ausländischen Einkünften regelmäßig auch der ausländische Staat die Einkünfte nach seinem eigenen nationalen Recht besteuern, sodass sich in einer solchen Konstellation eine Doppelbesteuerung ergibt.

Um eine solche Doppelbesteuerung zu vermeiden, sieht § 34c Abs. 1 S. 1 EStG eine Anrechnung der im ausländischen Staat festgesetzten und gezahlten ausländischen Steuer vor, sofern diese ausländische Steuer der deutschen Einkommensteuer entspricht. Jedoch ist die ausländische Steuer gem. § 34c Abs. 1 S. 5 EStG nur insoweit anzurechnen, als sie auf die im Veranlagungszeitraum bezogenen Einkünfte entfällt. Für Zwecke des § 34c Abs. 1 S. 5 EStG ist dabei eine Verhältnisrechnung aufzustellen, welche in der Praxis allerdings oftmals größere Komplexität mit sich bringen kann, da in aller Regel das Steuerrecht des jeweiligen ausländischen Staates mit in die Prüfung einzubeziehen ist.

Der BFH (Urteil vom 15.3.2023, I R 8/20) hat in einer aktuellen Entscheidung, welche nachfolgend dargestellt wird, Stellung zur Verhältnisrechnung nach § 34c Abs. 1 S. 5 EStG im Fall einer US-amerikanischem Recht bestehenden sog. Schedulenbesteuerung (variierender Steuertarif je nach Art der bezogenen Einkünfte) bezogen.

Streitfall

Der unbeschränkt steuerpflichtige Kläger war an einer Kapitalgesellschaft (AAA) und zwei Personengesellschaften (BBB und CCC), sämtlich mit Sitz in den USA, beteiligt. Alle drei Beteiligungen wurden vom Kläger mit einem Gewinn veräußert. Aus den Vorjahren bestanden in den USA Verlustvorträge aus den Beteiligungen des Klägers an BBB und CCC. Die USA sehen für die Besteuerung von Veräußerungsgewinnen aus Gesellschaftsbeteiligungen eine sog. Schedulenbesteurung („Capital Gains Tax“) vor, d.h. Veräußerungsgewinne werden mit einem anderen als dem regulären Einkommensteuertarif besteuert.

Bei der AAA handelte es sich um eine Immobiliengesellschaft mit in den USA belegenem Grundbesitz, den die AAA an die BBB und die CCC für deren land- und forstwirtschaftliche Tätigkeit verpachtet hat. Deshalb berief sich der Kläger für den Gewinn aus der Veräußerung der Beteiligung an AAA im Rahmen seiner Einkommensteuererklärung auf die Anrechnungsmethode nach Art. 23 Abs. 3 b) DBA-USA i.V.m. Art. 13 Abs. 2 b) DBA-USA und beantragte die Anrechnung der in den USA auf diesen Veräußerungsgewinn gezahlten Steuer. Bei der Ermittlung des Anteils der Steuer auf den Veräußerungsgewinn der AAA-Beteiligung zur US-Gesamtsteuerbelastung berücksichtigte der Kläger auch die aus den Vorjahren resultierenden Verlustvorträge aus den Beteiligungen an BBB und CCC. Dagegen waren die Veräußerungsgewinne aus den Beteiligungen an der BBB und der CCC nach Art. 23 Abs. 3 a) DBA-USA i.V.m. Art. 13 Abs. 3 DBA-USA freigestellt.

Das beklagte Finanzamt vertrat hingegen die Auffassung, dass die Steuer nur nach dem Verhältnis der in Deutschland steuerpflichtigen US-Einkünfte zum Gesamteinkommen vor Abzug der Verlustvorträge anzurechnen sei und änderte entsprechend den zunächst erklärungsgemäß ergangenen Einkommensteuerbescheid des Klägers. Die hiergegen erhobene Klage des Klägers wurde vom FG Nürnberg mit Urteil v. 22.1.2020 – 3 K 1441/18 abgewiesen.

Entscheidung des BFH

Der BFH ist der Auffassung der Vorinstanz gefolgt und hat die Revision als unbegründet zurückgewiesen.

Die vom FG Nürnberg aufgestellte Verhältnisrechnung (Anteil Veräußerungsgewinn AAA / Gesamtsumme der positiven US-Einkünfte) hält der revisionsrechtlichen Überprüfung durch den BFH hinsichtlich der sachgerechten Anwendung von § 34c Abs. 1 S. 5 EStG (Anrechnung der US-Steuer nur insoweit, als sie tatsächlich auf den AAA-Veräußerungsgewinn entfällt) stand. Die Tatsache, dass es sich bei den Veräußerungsgewinnen um Einkünfte handelt, die nach US-Steuerrecht einer Schedulenbesteuerung unterlagen, stand nach Ansicht des BFH der Rechtmäßigkeit der Verhältnisrechnung nicht entgegen, da im vorliegenden Fall der Steuersatz der Schedule nach US-Recht letztlich auf das US-Gesamteinkommen und nicht ausschließlich auf die Veräußerungsgewinne angewendet wurde (so auch aus dem US-Steuerbescheid des Klägers ersichtlich). Da die tatsächlich erhobene US-Steuer im vorliegenden Fall auch auf Einkünfte entfiel, die keine ausländischen Einkünfte nach § 34d EStG darstellen, verstoße die aktuelle Entscheidung des BFH auch nicht gegen bisherige Senatsrechtsprechung zur verhältnismäßigen Herabsetzung ausländischer Steuern.

Zusammenfassung

Die Entscheidung des FG Nürnberg und das anschließende Revisionsverfahren verdeutlichen die Komplexität, die sich mitunter bei der Ermittlung der anrechenbaren Steuer nach § 34c Abs. 1 S. 5 EStG ergeben kann. Insbesondere zeigen beide Entscheidungen, dass steuerliche Berater nicht umhin kommen, sich in Einzelfällen auch mit den theoretischen Grundzügen ausländischer Besteuerungsregime, vor allem aber auch der praktischen Umsetzung eben dieser Besteuerungsregime, auseinanderzusetzen. So mag der Einwand der Klägervertreter, es handle sich bei den erzielten Veräußerungsgewinnen um Einkünfte, die nach US-Recht einer Schedulenbesteuerung unterliegen würden, grundsätzlich korrekt sein. Allerdings hat das FG Nürnberg, wie vom BFH ausdrücklich hervorgehoben, ohne Rechtsfehler aufgezeigt, dass diese Schedulenbesteuerung im vorliegenden Fall letztlich auf das gesamte US-Einkommen und nicht bloß auf die Veräußerungsgewinne angewendet wurde. Ein Abzug von Verlustvorträgen, die nur mit einem Teil der ausländischen Einkünfte in direktem Zusammenhang stehen, kommt deshalb nicht in Betracht.

Vorhandene ausländische Steuerunterlagen, insbesondere Steuerbescheide, sollten daher stets sorgsam analysiert werden. Gerade in komplexeren Fällen sollte stets Rücksprache mit einem ausländischen steuerlichen Berater gehalten werden, um Missverständnissen und Fehlinterpretationen von Steuerunterlagen sowie ausländischen Gesetzestexten vorzubeugen.