In Spanien ist am 23.12.2022 ein Gesetz zur Förderung des Ökosystems von Startups (Ley de fomento del ecosistema de las empresas emergentes) in Kraft getreten (Gesetz 28/2022 vom 21.12.2022). Es gewährt Unternehmern, Investoren, Fernarbeitern und digitalen Nomaden, die in Spanien leben und arbeiten wollen, Steuervorteile und andere Vergünstigungen. Nach den Worten von Nadia Calviño, Ministerin für Wirtschaft und digitale Transformation, könnte Spanien damit zu einem der attraktivsten Länder für die Gründung von Startups werden.
Steuerlichen Anreize für Startups
Das Gesetz richtet sich vornehmlich an Startups, die entweder neu gegründet wurden oder nicht älter als fünf bzw. sieben Jahre im Fall von Biotech-, Energie- Industrie und anderen Strategieunternehmen sind. Eine Fusion, Abspaltung oder Umwandlung gilt nicht als Neugründung. Zudem wird ein gewisser Nexus zum spanischen Festland vorausgesetzt. Konkret muss das Unternehmen seinen Hauptsitz oder eine ständige Niederlassung in Spanien haben und mindestens 60% der Arbeitskräfte in Spanien beschäftigen. Darüber hinaus darf das Unternehmen nicht an der Börse notiert sein, keinen Umsatz von mehr als 10 Millionen Euro erzielen und im Jahr, in dem die Begünstigungen beansprucht werden, keine Dividenden ausschütten. Das Startup muss seinen innovativen und risikoaffinen Charakter anhand von sieben von der ENISA zu bewertende Kriterien nachweisen; darunter z.B. der „Innovationsgrad“, die „Skalierbarkeit des Geschäftsmodells" und das "Kundenvolumen". Die Begünstigungen entfallen, wenn das Unternehmen erhebliche Schäden für die Umwelt verursacht oder wenn ihre Gesellschafter (mind. 5% des Aktienkapitals) oder ihre Verwalter wegen einer Straftat verurteilt wurden.
Folgende Maßnahmen verbessern den rechtlichen Rahmen für diese Startups:
- Es gilt ein ermäßigter Körperschaftsteuersatzes von 15% (anstelle von 25%) im ersten Jahr, in dem die Bemessungsgrundlage positiv ist, sowie in den folgenden drei Steuerjahren.
- Investitionen in solche Startups können maximal in Höhe von 100 TEUR (vormals 60 TEUR) pro Jahr abgezogen werden.
- Nichtansässige Investoren sind nicht verpflichtet eine Ausländeridentifikationsnummer („NIE“) zu erhalten. Es muss beim spanischen Finanzamt lediglich eine Steueridentifikationsnummer (NIF) beantragt werden, die vom Finanzamt innerhalb von zehn Tagen ausgestellt wird.
- Der Freibetrag für die Ausgabe von Aktien als Vergütungen an Mitarbeiter („Stock Options“) wird von 12 TEUR auf 50 TEUR angehoben. Außerdem erfolgt die Besteuerung nicht zum Zeitpunkt des Erhalts, sondern erst wenn diese liquide werden oder sich materialisieren, z.B. wenn das Unternehmen verkauft wird, an die Börse geht oder der Arbeitnehmer sie veräußert, in jedem Fall aber nach zehn Jahren.
- Die bürokratischen Anforderungen bei Gründung eines Startups werden erheblich reduziert. Es soll u.a. ein elektronisches Gründungsverfahren mit Standarddokumenten für Startups bereitgestellt werden.
- Das für die Gründung eines Unternehmens erforderliche Stammkapital wird auf einen Euro reduziert.
Ausweitung des Sonderregimes „Lex Beckham“
Insbesondere um junge Talente anzulocken, werden im Rahmen des Gesetzes auch die Voraussetzungen für die Inanspruchnahme der steuerlichen Sonderregelung für entsandte Arbeitnehmer, das sog. „Lex Beckham“, gelockert.
Unter das Regime fallende Personen können sich – trotz spanischem Wohnsitz – wie „Nichtresidente“ behandeln lassen, d. h. sie werden nur mit ihren spanischen Einkünften (mit Ausnahme von Arbeitnehmereinkünften) und mit den für Nichtresidenten geltenden Steuersätzen zwischen 19% und 26% veranlagt. Auch die Vermögensteuerpflicht kann dadurch erheblich reduziert werden. Eine Ausnahme gilt nur für Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. Diese werden unabhängig ihrer Herkunft bis zu einem Einkommen von 600 TEUR mit dem Pauschalsteuersatz von 24% und darüber hinaus mit 47% belastet.
Bislang war diese Regelung Arbeitnehmern vorbehalten, die in Spanien einen neuen Arbeitsvertrag abschließen oder auf Anordnung des Arbeitgebers nach Spanien entsandt werden, sowie Geschäftsführern von Unternehmen mit einer Beteiligung von weniger als 25 % am Kapital. Mit der Reform können nun auch bestimmte Selbstständige, für die ein positives Gutachten der ENISA vorliegt, oder die als hochqualifizierte Fachkräfte Dienstleistungen für Startups erbringen, das Regime in Anspruch nehmen. Zudem werden auch digitale Nomaden, d.h. solche Arbeitnehmer, die remote von Spanien aus arbeiten, ohne dass ihre Entsendung von ihrem Unternehmen angeordnet wurde sowie Geschäftsführer von Unternehmen, unabhängig von ihrer Beteiligung (bisher unter 25% Beteiligung) begünstigt. Die steuerlichen Vorteile werden nunmehr für einen Zeitraum von zehn anstelle von bisher fünf Jahren genehmigt.
Neues Visum für digitale Nomaden
Eine weitere zentrale Maßnahme des Gesetzes ist die Einführung eines internationalen Visums für Telearbeiter, das mit geringem bürokratischem Aufwand erteilt werden soll. Von dem Visum können Ausländer, die zu mindestens 80% für einen ausländischen Arbeitgeber arbeiten oder selbständig für mindestens ein Unternehmen außerhalb Spaniens tätig werden und bereits mindestens ein Jahr lang „remote“ gearbeitet haben, profitieren. Das Visum wird für ein Jahr erteilt, kann jedoch um vier Jahre verlängert werden.
Fazit
Mit dem Gesetz positioniert sich Spanien hinsichtlich der Entwicklung eines unternehmerischen Ökosystems mit innovativer Ausrichtung sowie bei der Gründung und Ansiedlung von Start-ups, Talenten und internationalem Kapital an der Spitze Europas.
Im Verhältnis zu Deutschland kann durch die Nutzung dieses Sonderregimes eine Wegzugs- bzw. Entstrickungsbesteuerung vermieden werden. Allerdings greifen bei Anwendung von Lex Beckham die Regelungen des Doppelbesteuerungsabkommens Deutschland/Spanien weitestgehend nicht. Die Vorteilhaftigkeit hängt daher von der Einkommens- und Vermögenslage des Steuerpflichtigen ab und sollte im Vorfeld analysiert werden.