Der am 24.11.2021 veröffentlichte Koalitionsvertrag sieht einige Gesetzgebungsvorhaben im Bereich der Gemeinnützigkeit vor. Hierbei geht es auch um die Umsatzbesteuerung.
Auch wenn es sich nur um eine politische Absichtserklärung handelt, sollten sich die betroffenen Einrichtungen auf die Änderungen einstellen. Nachfolgend geben wir einen Überblick über die angesprochenen Änderungen und deren Hintergründe.
Erleichterungen bei Sachspenden
Die Gewährung von Sachspenden aus dem Unternehmensvermögen heraus löst eine Umsatzbesteuerung aus. Die spendengewährenden Unternehmen geben also nicht nur ein Wirtschaftsgut hin, sondern müssen hierfür auch noch Umsatzsteuer zahlen. Der Nachteil wird teilweise dadurch kompensiert, dass die Spendenbescheinigung über den Wert des gespendeten Wirtschaftsguts zuzüglich der Umsatzsteuer ausgestellt wird.
In der Praxis entsteht oftmals Streit über die steuerliche Bewertung von Wirtschaftsgütern, die kurz vor dem Verfall sind (insbesondere Lebensmittel) oder sonst nicht mehr im Unternehmen verwendbar sind. Aufgrund der Unsicherheit besteht die Gefahr, dass Unternehmen diese Wirtschaftsgüter lieber vernichten als sie gemeinnützigen Einrichtungen im Wege der Sachspende zur Verfügung zu stellen.
Dieser Zustand wird bereits seit längerem beklagt. Anlässlich der Corona-Krise hat das BMF bereits Erleichterungen gewährt.
Die Koalitionäre sprechen das Thema gleich an zwei Stellen an (S. 66, S. 145) und versprechen eine rechtssichere, bürokratiearme und einfache Regelung. Es dürfte zu erwarten sein, dass sich die ins Auge gefasste Neuregelung an den Erleichterungen anlässlich der Corona-Krise orientiert.
Neue gemeinnützige Zwecke
Nach dem Koalitionsvertrag ist beabsichtigt, E-Sport als neuen gemeinnützigen Zweck anzuerkennen (S. 123). Hierbei geht es um sportliche Wettkämpfe mit Computerspielen. Bislang war die Anerkennung umstritten. Da E-Sport bislang nicht vom DOSB als Sport anerkannt wurde, wurde er auch nicht als gemeinnützig behandelt.
Darüber hinaus ist beabsichtigt, auch den Non-Profit-Journalismus als gemeinnützige Zweck anzuerkennen (S. 123). Hierbei geht es um einen gewinnzweckfreien Journalismus.
Erleichterungen im Gemeinnützigkeitsrecht
Anscheinend als Reaktion auf die Attac-Entscheidung des BFH soll eine gesetzgeberische Klarstellung erfolgen, wonach gemeinnützige Einrichtungen sich innerhalb ihres gemeinnützigen Zwecks auch politisch betätigen können, z.B. im Zusammenhang mit tagespolitischen Themen (S. 165). Der BFH hatte das Thema allerdings erst jüngst im Zusammenhang mit einem Verein von Gegnern der Corona-Maßnahmen weiter geklärt, so dass abzuwarten ist, welche Änderungen den Koalitionären vorschweben.
Zudem sollen einzelne gemeinnützige Zwecke konkretisiert werden (S. 117). Um welche Maßnahmen es sich hierbei handeln soll, bleibt unklar.
Andererseits sollen die Transparenzpflichten größerer Organisationen erhöht werden (S. 117), wobei auch hier unklar bleibt, welche Maßnahmen ergriffen werden sollen. Vermutlich dürfte es um die Finanzierung durch Spenden gehen.
Schließlich möchten SPD, Grüne und FDP grenzüberschreitende Tätigkeiten im gemeinnützigen Bereich fördern. Hierzu sollen EU-weite Rechtsformen für Vereine und Stiftungen geschaffen werden und eine vereinfachte Äquivalenzprüfung bei der Anerkennung ausländischer gemeinnütziger Einrichtungen geschaffen werden. Insgesamt sollen grenzüberschreitende Spenden und Kooperationen erleichtert werden (S. 132). Diese Vorhaben richten sich offenkundig gegen die seit einigen Jahren diskutierten Defizite des deutschen Gemeinnützigkeitsrechts. Oftmals scheitern grenzüberschreitende Projekte an Problemen bei der gemeinnützigkeitsrechtlichen Anerkennung ausländischer gemeinnütziger Einrichtungen.
Umsatzsteuerbefreiungen
Die neue Koalition möchte im Rahmen des unionsrechtlich Möglichen die Steuerbefreiung für Volkshochschulen und andere gemeinnützige Bildungsangebote in § 4 Nr. 22 a) UStG erhalten (S. 97). Dies stellt eine Reaktion auf die jüngste EuGH-Rechtsprechung dar.
Allerdings bleibt fraglich, wie viel Spielraum das EU-Recht hierfür lässt und ob die Koalition bereit ist, ggf. eine Anpassung des EU-Rechts anzustoßen. Jedenfalls müssen sich alle Bildungseinrichtungen darauf gefasst machen, dass die Entwürfe für eine Reform der Bildungsleistungen wieder auf die Tagesordnung kommen.
Umsatzsteuersatzermäßigung (7%)
Die Koalition beabsichtigt eine formale Festschreibung der Umsatzsteuerermäßigung für Inklusionsbetriebe (S. 81). Diese war nach der jüngeren Rechtsprechung des BFH in Gefahr geraten. Auch hier bleibt abzuwarten, welche Spielräume das EU-Recht lässt.
Fazit
Die neue Koalition beschäftigt sich mit einer ganzen Reihe von Themen und misst den gemeinnützigen Einrichtungen damit eine besondere Bedeutung zu.
Wirklich große Reformen scheinen allerdings nicht dabei zu sein. Vielmehr handelt es sich überwiegend um punktuelle Maßnahmen.
Allein die Öffnung des deutschen Gemeinnützigkeitsrechts für grenzüberschreitende Aktivitäten dürfte größere Änderungen bringen. Bei den Änderungen im Umsatzsteuerrecht bleibt abzuwarten, wie viel Spielraum das EU-Recht für die angestrebten Verbesserungen lässt.