Im Mai 2023 brachte die EU-Kommission ihren Vorschlag zu einer weitreichenden Reform des Zollrechts der Europäischen Union ein. Nun hat der für die geplanten Reform federführende Ausschuss für Binnenmarkt und Verbraucherschutz (European Parliament's Committee on Internal Market and Consumer Protection- IMCO) Positionen zu dem Reformvorhaben festgelegt und über Änderungen abgestimmt.
Aktuelle Entwicklung der Harmonisierung des Zollverfahrens
Während insbesondere der elektronische Handel unaufhaltsam expandiert, werden gleichzeitig zunehmend Vorschriften über Produktstandards, Verbote, Verpflichtungen und Sanktionen von der EU erlassen. Um weiterhin eine funktionsfähige und sichere Zollunion gewährleisten zu können, sollen Arbeitsweisen der Zollbehörden daher neu strukturiert und Verfahren für Unternehmen sowie Behörden vereinfacht werden.
Der Binnenmarktausschuss der EU hat den Plänen der EU-Kommission nun im Wesentlichen zugestimmt, fordert jedoch weitere Vereinfachungen und zusätzliche Vorschriften zur Datenverarbeitung. Um den Handel möglichst bald zu erleichtern und vor allem die Belastung für kleine und mittlere Unternehmen zu reduzieren, soll der neue EU-Datenhub bereits früher als geplant verfügbar sein. Insbesondere die bisher geplante und von Verbänden viel kritisierte Verkürzung der vorübergehenden Verwahrung auf drei Tage, die in der Praxis kaum umsetzbar gewesen wäre, wurde wieder gestrichen und durch die bisherigen 90 Tage ersetzt.
Effizientere Ausgestaltung der Zollkontrollen
Schätzungen der EU ergeben, dass derzeit im E-Commerce rund 65% der Waren für Zollzwecke absichtlich unterbewertet werden, was zu erheblichen Einnahmeverlusten führt. Ein ähnlich hoher Anteil der Handelsgüter im E-Commerce entspreche vermutlich nicht derzeitigen EU-Sicherheitsstandards und gelange trotzdem auf den europäischen Markt. Dies stellt ein erhebliches Risiko insbesondere für die Gesundheit dar.
Deutlich stärker in die Verantwortung nehmen möchte der IMCO daher große E-Commerce Plattformen. Sie sollen Informationen über Waren, die aus einem Drittland in die EU versendet werden sollen, zukünftig bereits innerhalb eines Tages nach Abschluss des Kaufs an die Zollbehörden übermitteln. Dies soll den Zollbehörden einen besseren Überblick über eingehende Waren geben und so auch über Waren, die nicht den EU-Standards und Regularien entsprechen.
Um bestehende Kontrollverfahren effizienter gestalten zu können, soll ein mehrstufiges System von vertrauenswürdigen sog. Trust-and-Check Händlern aufgebaut werden. Über ein vereinfachtes Verfahren können Unternehmen sich freiwillig gründlichen Vorab-Kontrollen und Überprüfungen unterziehen. Diese besonders überprüften und für vertrauenswürdig befundenen Unternehmen müssen dann nicht bei jeder Einfuhr vollumfänglich kontrolliert werden, sodass Zollbehörden sich auf risikoreichere Importeure konzentrieren können. Für vertrauenswürdige und transparente Unternehmen soll ein besonderer Status eingeführt werden, der die zollrechtlichen Kontrollen und Formalitäten auf ein Minimum reduziert. Die Bedingungen und Kriterien sollen auf den AEO-Kriterien aufbauen, aber auch sicherstellen, dass der Händler für die Zollbehörden als transparent gilt.
Mit der neuesten Änderung des Reformvorschlags kommen jedoch zusätzliche Voraussetzungen hinzu, wenn Unternehmen den Status als Trust-and-Check Händler erhalten wollen.
So sollen diese den Zollbehörden Zugang zu ihren elektronischen Systemen gewähren, mit denen sie die Einhaltung der Vorschriften und die Beförderung ihrer Waren aufzeichnen. Es sollen auch angemessene Sicherheits- und Konformitätsstandards, einschließlich der Produktsicherheit, die der Art und dem Umfang der ausgeübten Tätigkeit entsprechen, von Belang sein.
Neue IT-Plattform
Mit den neuen Regelungen würde ein EU-DataHub als Hauptplattform für die Übermittlung von Informationen an die Zollbehörden eingerichtet. Dies würde einen besseren Überblick über verdächtige Unstimmigkeiten, potenzielle Abgabenbetrugsfälle und Risiken im Zusammenhang mit bestimmten Unternehmen oder Waren ermöglichen. Auf diese Weise könnten die Behörden ihre Kontrollen auf die am wenigsten vertrauenswürdigen Sendungen und Unternehmen konzentrieren.
Die Plattform würde auch den Unternehmen zugutekommen, da sie die mehr als 111 separaten zollbezogenen IT-Systeme ersetzen würde, die derzeit in Europa verwendet werden. Die Übermittlung von Informationen würde einfacher werden, was den Aufwand und die Kosten verringern dürfte.
Die Forderung ist, den EU DataHub früher als von der Kommission vorgeschlagen (d.h. 2028) als freiwilliges Pilotprojekt in Betrieb zu nehmen. Darüber hinaus soll eine separate Plattform für Hinweisgeber eingerichtet werden, damit Verbraucher und Unternehmen Waren, die nicht den EU-Normen entsprechen, einfach melden können.