Das Anlegen von Privatvermögen in fremder Währung kann wirtschaftlich sinnvoll sein und hat sich in der Praxis als Möglichkeit zur Diversifizierung des Portfolios etabliert. Die Absicherung gegen eine Abwertung des Euro oder auch die Erzielung von Veräußerungsgewinnen durch den Handel mit Devisen stehen bei der Fremdwährungsanlage regelmäßig im Fokus.  Bisher wurden Veräußerungsergebnisse ausschließlich im Rahmen der privaten Veräußerungsgeschäfte (hier: § 23 EStG) erfasst und konnten nach Ablauf einer Spekulationsfrist grundsätzlich steuerfrei vereinnahmt werden. Die Neuregelung in Rz. 131 des BMF-Schreibens vom 19. Mai 2022 führt nun zu einer erweiterten Steuerpflicht von Fremdwährungsgewinnen. Danach können Fremdwährungsgewinne –sofern es an einem Währungstausch fehlt – als Einkünfte aus Kapitalvermögen (hier: § 20 EStG) erfasst werden.

Bisherige Rechtslage

Vor dem BMF-Schreiben aus dem Jahr 2022 wurden Gewinne aus der Anschaffung und Veräußerung von Fremdwährungsbeträgen innerhalb der Spekulationsfrist ausschließlich den sonstigen Einkünften gem. § 22 Nr. 3 EStG i. V. m § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG zugeordnet. Diese Gewinne oder Verluste unterliegen dem (hohen) progressiven Steuersatz. Der Steuerpflichtige muss bei der Ermittlung der Fremdwährungsergebnisse alle Anschaffungs- und Veräußerungsvorgänge des Wirtschaftsguts „Fremdwährung“ auf deren steuerliche Relevanz prüfen und einordnen. Als steuerlich relevant angeschafft bzw. veräußert gelten insb. Kassageschäfte gegen Euro oder in eine andere Währung sowie der Kauf oder die Veräußerung von Wertpapieren. Ein tatsächlicher Währungstausch ist nicht erforderlich. Eine Veräußerungs- oder Spekulationsabsicht spielen ebenfalls keine Rolle.

Eine Ausnahme regelt § 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 EStG für Fremdwährungsguthaben, die außerhalb einer Dauer von einem Jahr nach deren Anschaffung veräußert werden (Haltefrist). Fremdwährungsgewinne außerhalb dieser Spekulationsfrist bleiben steuerfrei, Verluste können spiegelbildlich nicht berücksichtigt werden.

Neue Rechtsauffassung der Finanzverwaltung

Die neue Rn. 131 des BMF-Schreibens stellt nun erstmals aus Sicht der Finanzverwaltung klar, dass Fremdwährungsgewinne bzw. -verluste aus verzinslichen Kapitalforderungen, welche bisher mangels Anschaffungsvorgang zu keinen Fremdwährungsgewinnen nach § 23 EStG führen konnten, stets Einkünfte aus Kapitalvermögen sind und von § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 7 erfasst werden. Diese Fremdwährungsgewinne unterliegen dem (niedrigen) Abgeltungsteuersatz, eine Spekulationsfrist existiert nicht. Da § 20 Abs. 2 EStG „veräußerungsgleiche Vorgänge“ erfasst, stellen auch die Rückzahlung und Einlösung zuvor angeschaffter Fremdwährungsbeträge steuerpflichtige Vorgänge dar. Unerheblich ist, in welcher Währung diese erfolgen. Auch im Rahmen des § 20 EStG ist kein tatsächlicher Währungstausch erforderlich, um eine steuerpflichte Veräußerung auszulösen.

Fremdwährungsgewinne aus unverzinslichen oder unverbrieften Kapitalforderungen werden jedoch wie bisher nicht von § 20 EStG erfasst. Gemäß Rz. 131 sind diese weiterhin den privaten Veräußerungsgeschäften (§ 23 EStG) zugeordnet. Außerdem setzt § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 7 i. V. m. Abs. 4 EStG eine Einkunftserzielungsabsicht voraus, sodass Guthaben auf Zahlungsverkehrskonten, digitalen Zahlungsmitteln und Kreditkarten, deren Einsatz keine Einkünfte erzielen, grundsätzlich nicht erfasst werden.

Zu beachten ist, dass bereits durch einen Übertrag von Fremdwährungsguthaben zwischen Fremdwährungskonten i. S. d. 20 und 23 EStG, etwa von einem verzinslichen auf ein unverzinsliches Fremdwährungskonto in gleicher Währung, gezielt Veräußerungen „ausgelöst“ werden (können).

Die Neuregelungen finden laut Rn. 324 „auf alle offenen Fälle“ und sogar rückwirkend auf Kapitalerträge Anwendung, die nach dem 31. Dezember 2008 zufließen, sowie erstmals für den Veranlagungszeitraum 2009.

Fazit und praktische Auswirkungen

Die geänderte Rechtsauffassung des BMF führt zu einer erheblichen Erweiterung der steuerpflichtigen Fremdwährungsgeschäfte im Privatvermögen, die bereits bisher sehr aufwändige Fremdwährungsgewinnermittlung gewinnt an zusätzlicher Komplexität. Davon betroffen sind insbesondere verzinsliche Fremdwährungsforderungen, die von natürlichen, im Inland ansässigen Personen gehalten werden. Durch die unmittelbare und sogar rückwirkende Geltung des neuen BMF-Schreibens entsteht bei Steuerpflichtigen akuter Handlungsbedarf. Besonders in Fällen, in denen die Fremdwährungsforderungen von einem ausländischen Kreditinstitut verwaltet werden, kann dies zu erheblichen Herausforderungen führen. Da jedoch auch inländische Kreditinstitute erst seit dem 01. Januar 2024 verpflichtet sind, etwaige anfallende Währungsgewinne und -verluste zu ermitteln, liegt die Berechnung und Deklaration bis dahin im Verantwortungsbereich der Steuerpflichtigen.