Neue BaFin-Rundschreiben zur fachlichen Eignung und Zuverlässigkeit bei Versicherungen

18.12.2023 | FGS Blog

Die BaFin hat am 4.12.2023 drei neue Rundschreiben zur fachlichen Eignung und Zuverlässigkeit veröffentlicht. Die Rundschreiben gelten für Versicherungsunternehmen, Pensionsfonds, Versicherungs-Holdinggesellschaften und andere nach dem VAG beaufsichtigte Unternehmen und betreffen die Mitglieder der Geschäftsleitung, die Mitglieder von Verwaltungs- oder Aufsichtsorganen sowie Personen, die Schlüsselfunktionen wahrnehmen. Die Rundschreiben, denen ein öffentliches Konsultationsverfahren vorausgegangen war, ersetzen und modifizieren die bisherigen gleichnamigen Merkblätter aus dem Jahr 2018. Neuerungen ergeben sich dabei insbesondere mit Blick auf die nachfolgenden Punkte.

Anforderungsprofil für Geschäftsleiter und Schlüsselfunktionen

Nach den Rundschreiben erwartet die BaFin, dass die beaufsichtigten Unternehmen bei der Bestellung von Geschäftsleitern und Verantwortlichen Personen für Schlüsselfunktionen in der Anzeige der Bestellungsabsicht an die BaFin ein konkretes Anforderungsprofil der zu besetzenden Stelle darstellen und begründen, warum die vorgesehene Person dieses Anforderungsprofil erfüllt.

Hierfür muss das Unternehmen nach den Rundschreiben in einem ersten Schritt darlegen, welche fachlichen Anforderungen aus Sicht des Unternehmens für die Position bestehen. In einem zweiten Schritt ist nachvollziehbar darzulegen, inwieweit die theoretischen und praktischen Kenntnisse der designierten Person deren fachliche Eignung für die konkrete Tätigkeit begründen. Ferner ist darzulegen, aufgrund welcher Berufserfahrung und ggf. weiterer Qualifikationen eine erforderliche ausreichende Leitungserfahrung für die beabsichtigte Position erworben wurde.

Bei der Bestellung von Aufsichtsratsmitgliedern ist die Vorlage eines derartigen Anforderungsprofils nicht vorgesehen. Die im Konsultationsentwurf der BaFin hierzu zunächst vorgesehene Passage ist im finalen Rundschreiben nicht mehr enthalten.

Selbsteinschätzung des Aufsichtsrats

Stattdessen konkretisiert die BaFin im Rundschreiben zum Aufsichtsrat ihre Vorgaben zu der vom Aufsichtsrat durchzuführenden Selbsteinschätzung. Danach ist die Selbsteinschätzung eines neu bestellten Mitglieds anlässlich dessen Bestellung vorzunehmen und der BaFin vorzulegen. Ferner sind einmal im Kalender- oder Geschäftsjahr die Selbsteinschätzungen aller Mitglieder des Organs zu erstellen und der BaFin zu übermitteln. Die Selbsteinschätzung des Gremiums kann turnusmäßig zu einem festgelegten Zeitpunkt oder anlassbezogen (z.B. bei Neubestellungen) erfolgen.

Fachliche Eignung und Kenntnisse im Gremium

Zur fachlichen Eignung stellt die BaFin fest, dass die Geschäftsleitung über angemessene theoretische und praktische Kenntnisse auch in Bezug auf das (Partielle) Interne Modell verfügen muss. Entsprechend muss der Aufsichtsrat bei Solvabilität II-Versicherungsunternehmen, die ein (Partielles) Internes Modell verwenden, über ein den regulatorischen Anforderungen genügendes Gesamtverständnis des (Partiellen) Internen Modells verfügen. Ferner sollen Aufsichtsräte von Versicherungsunternehmen und Pensionsfonds auch über Kenntnisse im Bereich der Abschlussprüfung verfügen.

Die vorgenannten Themenfelder sind nach der BaFin in die Selbsteinschätzung des Aufsichtsrats aufzunehmen. Bei Holding-Gesellschaften kann im Rahmen der Selbsteinschätzung das Themenfeld der Versicherungstechnik durch das Themenfeld Unternehmensbewertung oder ein vergleichbares Themenfeld ersetzt werden.

Interessenkonflikte

Die BaFin stellt in ihren Rundschreiben klar, dass sich ein Interessenkonflikt im Einzelfall auch aus einem Angehörigenverhältnis zu verantwortlichen Personen eines Mutter- oder Tochterunternehmens des anzeigenden Unternehmens ergeben kann. Auch das Halten von mind. 10% des Kapitals oder der Stimmrechte an einem anderen Unternehmen, welches Geschäftsbeziehungen zu dem anzeigenden Unternehmen unterhält, kann nach der BaFin einen Interessenkonflikt begründen.

Ausweitung der Anzeigepflichten

Stets anzeigepflichtig ist nach den Rundschreiben nun die Absicht der wiederholten Bestellung eines Geschäftsleiters oder einer Verantwortlichen Person sowie die wiederholte Bestellung eines Aufsichtsratsmitglieds bei demselben Unternehmen. Dabei sind grundsätzlich alle für die Zuverlässigkeitsprüfung relevanten Unterlagen aktualisiert einzureichen, sofern nicht nach der Zwölf-Monats-Regel Unterlagen aus einem vorhergehenden Anzeigefahren herangezogen werden können. Die Anzeige des Ausscheidens soll nach der BaFin aus Datenschutzgründen nicht kombiniert mit einer Bestellungsanzeige eingereicht werden, sondern separat erfolgen.

Wurde die fachliche Eignung einer Person (auch) durch Fortbildungen erworben, sind der Bestellungs- bzw. Absichtsanzeige Nachweise über den erfolgreichen Fortbildungsbesuch beizufügen. Zum Aufsichtsrat führt die BaFin aus, dass die Fortbildung grundsätzlich bereits vor der Bestellungsanzeige besucht worden sein soll, in Einzelfällen aber auch zeitnah nach Amtsantritt erfolgen kann.

Parallel zu den neuen Rundschreiben wurde auch das von der BaFin bereitgestellte Formular „Persönliche Erklärung mit Angaben zur Zuverlässigkeit“ angepasst.

Vorübergehende Abwesenheit wegen Mutterschutz, Elternzeit etc.

Im Rundschreiben zu den Geschäftsleitern macht die BaFin zudem Ausführungen und Verfahrensvorgaben für den Fall einer vorübergehenden Abwesenheit wegen Mutterschutzes, Elternzeit, Pflege von Angehörigen oder Krankheit im Sinne des FüPoG II für den Bereich der Versicherungsaufsicht.

Fazit

Nach der BaFin werden mit den drei Rundschreiben die bisherigen Merkblätter „aktualisiert und moderat fortentwickelt“. Dabei ist aus Sicht der Praxis zu begrüßen, dass einige der im Konsultationsentwurf vorgesehenen Zusatzanforderungen, insbesondere im Bereich der Anzeigepflichten, nach der öffentlichen Konsultation nicht in die finalen Rundschreiben aufgenommen wurden. Gleichwohl ergeben sich aus den Rundschreiben, wie dargestellt, neue inhaltlich und formale Anforderungen, die von den beaufsichtigten Unternehmen zu beachten sind.