Das Thema Verrechnungspreise rückt insbesondere in Betriebsprüfungen immer mehr in den Fokus in- und ausländischer Finanzbehörden und Finanzgerichte. Vor diesem Hintergrund lohnt der Blick auf die internationale Rechtsprechung.

Denn die international anerkannten Auslegungsgrundsätze von Entscheidungen ausländischer Gerichte können ihrerseits wiederum Erkenntnisse für das Verständnis des deutschen Steuerrechts mit sich bringen.

Nachfolgend geben wir einen Rückblick auf ausgewählte Rechtsprechung vom September 2023.

Dänemark: Oberster Gerichtshof v. 6.9.2023 in der Rs. Maersk Oil and Gas A/S

Der dänische Konzern Maersk Oil and Gas A/S erwirtschaftete Verluste in den Streitjahren. Die dänischen Steuerbehörden waren der Ansicht, dass folgende konzerninterne Leistungsbeziehungen nicht dem Fremdvergleichsgrundsatz entsprachen:

  • Maersk Oil and Gas A/S trug sämtliche Kosten für Explorationsstudien über potenzielle Öl- und Gasvorkommen, wohingegen sie die Ergebnisse dieser Untersuchungen und Befunde ihren ausländischen Betriebsstätten, die später in neu gegründete ausländische Tochtergesellschaften überführt wurden, unentgeltlich zur Verfügung stellte.

  • Diese Tochtergesellschaften hatten sodann Lizenzverträge für die Ölförderung mit ausländischen Staaten abgeschlossen. Die Maersk Oil and Gas A/S garantierte diesen Staaten, dass die Tochtergesellschaften ihren Verpflichtungen nachkommen werden. Außerdem verpflichtete sie sich, den Tochtergesellschaften für die Ölförderung erforderliche Technologien und Know-how zur Verfügung zu stellen, was unentgeltlich erfolgte.
  • Die Maersk Oil and Gas A/S hat außerdem Dienstleistungen an die Tochtergesellschaften erbracht, die zum Selbstkostenpreis ohne Gewinnelement vergütet wurden.

Die dänischen Steuerbehörden korrigierten die Einkünfte dergestalt, dass die Tochtergesellschaften der Maersk Oil and Gas A/S eine umsatzbasierte Lizenzgebühr von etwa 1,7% hätten entrichten müssen.

Der Oberste Gerichtshof bestätigte die Auffassung der dänischen Steuerbehörden. Das Gericht stellte fest, dass die Vorerkundungsphasen im Zusammenhang mit der Erdölexploration und den Leistungsgarantien sowie das damit verbundene Know-how für die Tochtergesellschaften einen wirtschaftlichen Wert hatten, für den ein fremder Dritter eine Vergütung in Form von Lizenzgebühren o.ä. verlangen würde. Darüber hinaus stellte das Gericht fest, dass die Erbringung von Dienstleistungen zum Selbstkostenpreis nicht dem Fremdvergleich standhält. Schließlich wurden die betreffenden Geschäftsvorfälle als so eng miteinander verbunden angesehen, dass sie zusammenzufassen und auf Basis dessen zu bepreisen sind.

Frankreich: Berufungsgericht Lyon v. 26.9.2023 in der Rs. SAS Arrow Génériques

Die in Frankreich ansässige SAS Arrow Génériques ist auf den Vertrieb von Generika auf dem französischen Markt spezialisiert. In den Jahren 2010 und 2011 entrichtete sie Lizenzgebühren von 5% ihres Nettoumsatzes an verbundene britische und dänische Unternehmen, die technische Unterlagen zur Genehmigung der Vermarktung von Generika bereitstellten. Der dänischen Gesellschaft wurden diese Dossiers wiederum im Rahmen einer Lizenzvereinbarung von ihrer maltesischen Muttergesellschaft zur Verfügung gestellt.

Nach Ansicht der französischen Steuerbehörden entsprach die Entrichtung einer Lizenzgebühren nicht dem Fremdvergleich. Der Steuerpflichtige habe nicht hinreichend glaubhaft gemacht, wofür die Lizenzgebühren entrichtet wurden. Folglich rechneten die französischen Steuerbehörden dem zu versteuernden Einkommen der SAS Arrow Génériques die Lizenzgebühren in voller Höhe hinzu.

Das Berufungsgericht Lyon bestätigte die Entscheidung des Verwaltungsgerichts mit Urteil v. 26.9.2023 zugunsten des Steuerpflichtigen. Die Tatsache, dass nicht alle immateriellen Vermögensgegenstände in den technischen Unterlagen deckungsgleich waren mit denen, die die SAS Arrow Génériques lizensiert hatte, reicht noch nicht aus, um den Abzug des gesamten Lizenzaufwands zu versagen. Außerdem hatte die SAS Arrow Génériques weder die materiellen noch die personellen Kapazitäten, um die technischen Unterlagen selbst zu erstellen. Da die französischen Steuerbehörden keine Beweise für vergleichbare niedrigere Lizenzgebühren vorgelegt hatten, ist auch keine Korrektur der Höhe nach vorzunehmen.

Norwegen: Bezirksgericht v. 7.9.2023 in der Rs. Eni Norge AS

Als Teil des Energiekonzerns Eni betrieb die Eni Norge AS in den Streitjahren 2015 und 2016 u.a. ein Offshore-Ölfeld. Mehrere Unternehmen besaßen eine Förderlizenz für dieses Ölfeld, jedoch war Eni Norge AS als Betreiber hauptverantwortlich für die laufende Betreuung der Erdölförderung. In dieser Rolle bezog Eni Norge AS technische Dienstleistungen, wie z.B. Laboranalysen und geologische Untersuchungen, von der italienischen Eni S.p.A.. Diese Leistungen wurden kostendeckend ohne Gewinnaufschlag vergütetund im Rahmen einer Kooperationsvereinbarung zwischen allen beteiligten Unternehmen verrechnet.

Nach Ansicht der norwegischen Steuerbehörden und des Mineralölsteueramts wichen die zwischen den beiden Eni-Gesellschaften verrechneten Stundensätze von denjenigen ab, die an weitere beteiligte Lizenzpartner weiterbelastet wurden und als fremdüblich gelten. Folglich reduzierte die Steuerbehörde die steuerlich abzugsfähigen Betriebsausgaben auf Ebene der Eni Norge AS.

Mit Urteil v. 7.9.2023 bestätigte das Bezirksgericht die Auffassung der norwegischen Steuerbehörden. Entgegen der Auffassung von Eni Norge AS stellte das Gericht fest, dass die direkte Vergütung der technischen Dienstleistungen und die Vergütungen im Rahmen der Kooperationsvereinbarung getrennte Transaktionen zwischen verschiedenen Parteien darstellten.  Eni Norge AS habe zudem keine schlüssigen Argumente für die unterschiedlichen Stundensätze vorgetragen.

Fazit

Die in diesem Blog-Beitrag diskutierte internationale Rechtsprechung zu Verrechnungspreisen lassen Streitthemen zur unterlassenen Leistungsverrechnung gegenüber Auslandstochtergesellschaften, zur Verrechnung von Lizenzgebühren dem Grunde nach und zu Ermittlung der Höhe von Dienstleistungsgebühren erkennen.

Sprechen Sie gerne den Autor oder Ihren gewohnten FGS-Kontakten an, wenn Sie die in diesem Blog-Beitrag diskutierte internationale Rechtsprechung zu Verrechnungspreisen ausführlicher diskutieren möchten.