EuGH beschränkt Einsicht in das Transparenzregister

07.12.2022 | FGS Blog

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat den unbeschränkten Zugang der Öffentlichkeit zum Transparenzregister für unzulässig erklärt (Rs. C-37/20 und C-601/20). Das deutsche sowie weitere europäische Transparenzregister haben unmittelbar gehandelt: Anträge von Mitgliedern der Öffentlichkeit auf Einsichtnahme sind bis auf Weiteres ausgesetzt.

Hintergrund: Zugang der Öffentlichkeit zu sensiblen Daten

Im Transparenzregister sind die wirtschaftlich Berechtigten von im Handelsregister eingetragenen Gesellschaften sowie von Stiftungen einzutragen. Zu den wirtschaftlich Berechtigten zählen Gesellschafter, die mit mehr als 25% der Stimmrechte oder des Kapitals an einer Gesellschaft beteiligt sind, aber auch die Vorstände und Begünstigten von Stiftungen. Zu jedem wirtschaftlich Begünstigten sind Vor- und Nachname, Geburtsdatum, Wohnort, Art und Umfang des wirtschaftlichen Interesses sowie alle Staatsangehörigkeiten dem Transparenzregister zu melden.

Die Einsichtnahme in das Transparenzregister war bei seiner Einführung im Jahr 2017 zunächst beschränkt. Einsicht nehmen konnten nur bestimmte Behörden, die Verpflichteten selbst sowie sonstige Personen, wenn sie ein berechtigtes Interesse vorweisen konnten. Ein derartiges Interesse verlangte, dass ein Bezug zur Verhinderung und Bekämpfung von Geldwäsche besteht und dargelegt wird.

Mit Umsetzung der 5. Geldwäscherichtlinie wurde die Voraussetzung des berechtigten Interesses aufgehoben und allen Mitgliedern der Öffentlichkeit ein – weitgehend unbeschränkter – Zugang zu den im Transparenzregister hinterlegten Daten gewährt. Mitglieder der Öffentlichkeit mussten sich zwar noch immer registrieren, einen Antrag stellen und für den Auszug eine Gebühr entrichten. Die Anträge wurden aber stets innerhalb kurzer Zeit bewilligt.

Entscheidung des EuGH: Unbeschränkter Zugang der Öffentlichkeit verletzt EU-Grundrechte

Der EuGH hat nunmehr in einem Fall, der zwei luxemburgische Gesellschaften betraf, entschieden, dass ein unbeschränkter Zugang zum Transparenzregister für alle Mitglieder der Öffentlichkeit unzulässig ist. Die Einsichtnahme der Öffentlichkeit greife in Art. 7 und Art. 8 der EU-Grundrechtecharta ein, dem Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens und dem Schutz personenbezogener Daten. Dieser Eingriff sei nicht mit dem durch die Geldwäscherichtlinie verfolgten Zwecken, der Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismus, zu rechtfertigen.

Auswirkungen auf die Praxis

Das Urteil des EuGH wurde unmittelbar umgesetzt. Anträgen der Öffentlichkeit auf Einsichtnahme in das Transparenzregister wird derzeit nicht stattgegeben.

Europarechtlich gilt nun wieder die 4. EU-Geldwäscherichtlinie. Diese sah selbst nur einen beschränkten Zugang zum Transparenzregister vor, überließ es den Mitgliedstaaten in Erwägungsgrund 15 der Richtlinie aber ausdrücklich, einen breiteren Zugang zum Transparenzregister zu gewähren. Dass der deutsche Gesetzgeber hiervon Gebrauch macht, ist nicht auszuschließen. Die Einsichtnahme in das Transparenzregister gehört heute bei vielen Unternehmen zum allgemeinen KYC-Prozess bei Begründung einer Geschäftsbeziehung. Es ist nur schwer vorstellbar, dass in Zukunft bei jedem Antrag eines Unternehmens im Einzelfall das berechtigte Interesse an der Einsichtnahme geprüft wird.

Ungeachtet der Entscheidung des EuGH bleiben damit Gestaltungen, die die Publizität der Gesellschafterstruktur vermeiden, von großer Bedeutung. Die Bedeutung zeigt sich insbesondere auch mit Blick auf die Publizität im Handelsregister, das seit einiger Zeit ohne Registrierung frei und kostenlos zugänglich ist. Das hat zwar nicht rechtlich, aber faktisch zu einer erhöhten Publizität von Beteiligungsstrukturen geführt. Ob hieran mit Blick auf die Entscheidung des EuGH festgehalten werden sollte, ist fraglich. So sind z. B. in der Gesellschafterliste einer GmbH Informationen enthalten, die mit denen im Transparenzregister vergleichbar sind. In manchen Gesellschafterlisten finden sich sogar die Adressen der Gesellschafter. Der Zugang zu diesen Informationen sollte nicht ungehindert erfolgen können.

Von Bedeutung bleiben auch Anträge auf Beschränkung der Einsichtnahme nach § 23 Abs. 2 GwG. Einem solchen Antrag wird nur stattgeben, wenn entweder Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass die Einsichtnahme und Übermittlung den wirtschaftlich Berechtigten der Gefahr aussetzen würde, Opfer einer in § 23 Abs. 2 GwG genannten Katalaogstraftat zu werden, oder der wirtschaftlich Berechtigte minderjährig oder geschäftsunfähig ist. Das Transparenzregister ist zwar tendenziell zurückhaltend, solchen Anträgen stattzugeben. Erste Gerichtsverfahren, mit denen die Beschränkung der Einsichtnahme durchgesetzt werden soll, lassen aber hoffen, dass sich hierzu eine Rechtsprechung festigt, die dem Interesse der Gesellschafter an Privatsphäre entgegenkommt.