Empfehlungen der ESMA zur Kostenregulierung bei Alternativen Investmentfonds (AIF)

09.06.2023 | FGS Blog

Am 17. Mai 2023 hat die Europäische Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde (ESMA) ein Empfehlungsschreiben an die Europäische Kommission gerichtet. In diesem schlägt die ESMA zahlreiche Änderungen der OGAW-Richtlinie (2009/65/EG) und der AIFM-Richtlinie (2011/61/EU, AIFMD) vor, wonach unter anderem der Begriff der „unangemessenen Kosten“ erstmals gesetzlich konkretisiert werden soll. Um eine entsprechende Compliance im Rahmen der Fondsdokumentation und darüber hinaus sicherzustellen, sollen insbesondere für Alternative Investment Fund Manager (AIFM) neue gesetzliche Pflichten begründet werden.

Hintergrund der Empfehlungen

Im Juni 2020 veröffentlichte die ESMA ein Supervisory Briefing bezüglich der Beaufsichtigung von Fondskosten. Im Rahmen einer Umfrage unter den nationalen Aufsichtsbehörden wurde festgestellt, dass es EU-weit unterschiedliche Interpretationen des Begriffs der „unangemessenen Kosten“ gibt und dass die Aufsichtsbehörden in unterschiedlicher Art und Weise mit den kostenbezogenen Bestimmungen umgehen.

In einer weiteren im Januar 2021 durchgeführten Umfrage der ESMA bestätigten die nationalen Aufsichtsbehörden, dass die Feststellung von Verstößen gegen die gesetzlichen Anforderungen an Fondskosten nur schwer zu begründen sei Dies liege hauptsächlich an unklaren Regelungen.

Vor diesem Hintergrund fordert die ESMA eine Konkretisierung des bis dato lediglich in der Delegierten Verordnung (EU) Nr. 231/2013 (Level-II-Verordnung zur AIFMD) erwähnten Begriffs der „unangemessenen Kosten“ sowie weitere Regelungen. So sollen Anleger vor unangemessenen Kosten künftig  besser geschützt werden.  

Aktuelle Gesetzeslage:

Gemäß Artikel 12(1) der AIFMD müssen die Mitgliedstaaten insbesondere sicherstellen, dass AIFM stets:

  • ihrer Tätigkeit ehrlich, mit der gebotenen Sachkenntnis, Sorgfalt und Gewissenhaftigkeit und redlich nachgehen;
  • im besten Interesse der von ihnen verwalteten AIF oder der Anleger dieser AIF und der Integrität des Marktes handeln; und  
  •  alle Anleger der AIF fair behandeln.

Artikel 17(2) der Level-II-Verordnung zur AIFMD sieht in Ergänzung der AIFMD vor, dass AIFM gewährleisten müssen, dass den von ihnen verwalteten AIF oder den Anlegern dieser AIF keine unangemessenen Kosten in Rechnung gestellt werden. Was allerdings unter „unangemessenen Kosten“ in diesem Sinne zu verstehen ist, lässt die Verordnung offen.

Insbesondere diese Lücke soll nun durch folgende Ergänzungen in der AIFMD geschlossen werden:

1. Verweis auf die PRIIPs-VO und „eligibility test“

Die Mitgliedstaaten sollen AIFM verpflichten, dafür zu sorgen, dass den von ihnen verwalteten AIF oder den Anlegern keine unangemessenen Kosten in Rechnung gestellt werden. Außerdem sollen sie sicherstellen, dass die AIFM die Erstattungsfähigkeit von Kosten anhand der in Anhang VI Teil 1.I der Delegierten Verordnung (EU) 2017/653 (PRIIPs Verordnung) aufgeführten Kostenkategorien und unter Berücksichtigung der Anlagerichtlinien des AIF beurteilen.

Anhang VI Teil 1.I der PRIIPs Verordnung enthält bereits eine Auflistung der fondsbezogenen Kosten. Ein Verweis auf die entsprechenden Kostenarten im Anhang der PRIIPs Verordnung soll Transparenz für den Fonds und seine Anleger schaffen. Durch die Berücksichtigung der spezifischen Fondsart und der Anlagerichtlinien des AIF im Rahmen der Kostenerstattungsfähigkeitsprüfung („eligibility test“) soll unter anderem dem Umstand Rechnung getragen werden, dass einige der in der PRIIPs-Verordnung aufgelisteten Kosten nur von bestimmten Fonds getragen werden.

2. Entwurf technischer Regulierungsstandards

Die EU-Kommission soll von der ESMA entworfene technische Regulierungsstandards (RTS) verabschieden, welche festlegen, ab wann und unter welchen Voraussetzungen Kosten als unangemessen bzw. als nicht erstattungsfähig einzustufen sind. Die RTS sollen ebenfalls Ausführungen darüber enthalten, unter welchen Bedingungen im Einzelfall auch andere als die in Anhang VI Teil 1.I der PRIIPs-Verordnung enthaltenen Kostenkategorien zulässig sind.

3. Regulierung der Kostenhöhe

Nach Auffassung der ESMA bedarf es für eine umfassende Angemessenheitsprüfung zusätzlicher Regelungen, nach welchen auch die Kostenhöhe geprüft werden muss. Insbesondere im Falle von Geschäften mit nahestehenden Personen („related party transactions“) ist die Gefahr groß, dass Anleger mit übermäßig hohen Kosten belastet werden. Vor diesem Hintergrund sollen AIFM strukturierte Preisfindungsprozesse entwickeln und diese regelmäßig überprüfen.

Die Mitgliedstaaten sollen AIFM daher verpflichten

  • eine Due Diligence Prüfung durchzuführen (und den Anlegern auf Anfrage eine solche zur Verfügung zu stellen), um sicherzustellen, dass alle abgerechneten Kosten unter Berücksichtigung der Art und des Umfangs der jeweiligen Tätigkeit dem Marktstandard entsprechen oder günstiger sind;
  • related party transactions in angemessener Weise zu ermitteln, zu verhindern, zu steuern und zu überwachen; und
  • sicherzustellen, dass die Kosten nicht höher als diejenigen Werte sind, die den Anlegern in den vorvertraglichen Unterlagen offengelegt wurden.

4. Weitere kostenbezogene Pflichten der AIFM

Der ESMA-Vorschlag verlangt, dass AIFM die neuen Kostenvorschriften der AIFMD ständig überwachen und prüfen. Defizite und Gegenmaßnahmen müssen jährlich den Behörden und in den AIF-Jahresberichten den Anlegern mitgeteilt werden.

Sofern Anleger mit unangemessenen Kosten im Sinne der AIFMD belastet wurden, sollen AIFM diese unverzüglich erstatten.

5. Ausblick

Zur Stärkung des Anlegerschutzes und vor dem Hintergrund der Notwendigkeit einer EU-weiten Harmonisierung im Bereich der Fondskosten ist zu erwarten, dass die Empfehlungen der ESMA in sekundärrechtliche Regelungen überführt werden. Wann und in welchem Umfang mit einer entsprechenden Umsetzung der geforderten Regelungen gerechnet werden darf, bleibt jedoch abzuwarten.