Zentrale Neuerung

Ein Gesetzesbeschluss mit historischer Tragweite: Am 21. Mai 2021 hat der Bundestag das Gesetz zur Modernisierung des Körperschaftsteuerrechts (KöMoG) mit dem sogenannten Optionsmodell als einem von vier Bausteinen beschlossen. Das Optionsmodell ermöglicht Personengesellschaften, sich ab dem 1. Januar 2022 auf Antrag wie Kapitalgesellschaften besteuern zu lassen. Das 1998 in den USA eingeführte „Check the Box“-Verfahren hält abgewandelt somit nun tatsächlich in Deutschland Einzug. Es bietet Personengesellschaften die Wahl zwischen transparenter und getrennter Besteuerung. Es ist zu erwarten, dass der Bundesrat zustimmen wird.

Regelungsüberblick

Die im neuen § 1a KStG gefasste Option steht Personenhandelsgesellschaften und Partnerschaftsgesellschaften offen. Sie erfolgt per fiktivem Formwechsel nach § 25 UmwStG zur Kapitalgesellschaft und wirkt sich auf die Ertragsbesteuerung der Gesellschaft wie auch deren Gesellschafter aus. Damit umfasst sie sowohl laufende Erträge als auch etwaige Veräußerungsgewinne. Das angedachte Optionsmodell bricht die Tradition des deutschen Steuersystems auf, abhängig von der Rechtsform nach dem Transparenzprinzip (für Personengesellschaften) beziehungsweise nach dem Trennungsprinzip (für Kapitalgesellschaften) zu besteuern. Das Optionsmodell ist grundsätzlich zu begrüßen. Es bietet Personengesellschaften neben der unbeliebten Thesaurierungsbegünstigung des § 34a EStG nun einen weiteren Weg, ihre laufende Steuerbelastung auf thesaurierte Gewinne von bis zu 45 % auf rund 30 % deutlich zu senken.

Untechnische Einordnung

Da zivilrechtlich die Personengesellschaft bestehen bleibt, ändert die Optionsausübung außerhalb des Steuerrechts, also etwa für die Kapitalmarktgängigkeit, die Mitbestimmung sowie Governance- und Haftungsfragen, nichts. Dies ermöglicht, sich rein steuerzentriert für oder gegen die Optionsausübung zu entscheiden. Angesichts des Steuersatzunterschieds erscheint die Entscheidung trivial. Doch dies täuscht. Die Optionsausübung ist keineswegs für jeden vorteilhaft. Wenn Gesellschafter aufgrund ihrer individuellen Liquiditätspräferenzen an laufenden Ausschüttungen statt an der Thesaurierung der Gewinne interessiert sind, sollten sie grundsätzlich weiterhin die transparente Besteuerung bevorzugen. Zudem hat der Gesetzgeber einige Hürden eingebaut, die der Optionsausübung oder dem Weg zurück entgegenstehen. Die häufigsten Hürden liegen darin, dass die Optionsausübung gegebenenfalls „Eintrittskosten“ durch Nachversteuerungen, erforderliche Vermögensverschiebungen und die Versagung bereits gewährter Steuervergünstigungen auslöst. Zudem wird der Weg zurück durch die mindestens einjährige Bindungswirkung des Antrags, durch neu begründete Sperrfristen und durch die entfallene gesellschafterspezifische Vermögenszuordnung erschwert.

Steuertechnische Einordnung

Hinter den sechs soeben untechnisch zusammengefassten Hürden stecken die folgenden spezifischen Regelungen: Erstens wird für bislang auf Basis des § 34a EStG thesaurierte Gewinne durch die Optionsausübung eine Ausschüttung fingiert, sodass sie mit 25 % nachzuversteuern sind. Zweitens müssen für eine steuerneutrale Optionsausübung sämtliche funktional wesentliche Betriebsgrundlagen in die Gesellschaft eingebracht werden. Der Rückbehalt solcher Betriebsgrundlagen im Sonderbetriebsvermögen ist insoweit schädlich. Notwendigerweise sind der Option die saubere Identifikation des mit einzubringenden Sonderbetriebsvermögens und eine Verständigung zwischen den Gesellschaftern vorgeschaltet. Drittens werden bereits gewährte Steuervergünstigungen dann versagt, wenn Immobilien in den fünf – bzw. nach dem jüngst beschlossenen neuen GrEStG – zehn Jahren vor der Optionsausübung vergünstigt per § 5 oder § 6 GrEStG auf die Personengesellschaft (beziehungsweise von der dann optierenden Personengesellschaft) übertragen wurden.

Was den Weg zurück angeht, ist viertens festzuhalten, dass der Optionsantrag gemäß § 1a Abs. 1 KStG „unwiderruflich“ erfolgt, was die Rücknahme zumindest für das folgende Wirtschaftsjahr im Grunde ausschließt. Einen späteren Ausweg bietet nur die in § 1a Abs. 4 KStG vorgesehene Rückoption, die allerdings – fünftens – selbst wieder als Formwechsel im Sinne des § 3 UmwStG mit eigener siebenjähriger Sperrfrist seit der Erstoption gilt. Gemäß § 9 UmwStG finden auf diesen Formwechsel außerdem die §§ 3 bis 8 UmwStG Anwendung, sodass offene Rücklagen nachzuversteuern sind. Sechstens führt die zwangsweise Einbringung wesentlicher Betriebsgrundlagen im Zuge der Option dazu, dass die gesellschafterspezifischen Sonder- und Ergänzungsbilanzen grundsätzlich nicht fortgeschrieben werden. Soll dann nach einigen Jahren zurückoptiert werden ist eine verursachungsgerechte Vermögenszuordnung nur noch schwer oder gegebenenfalls überhaupt nicht mehr möglich. Ohne saubere Vorbereitung ist die Unwucht zwischen den Gesellschaftern dann vorprogrammiert.

Fazit

Trotz aller Hürden und Hindernisse bietet die Option, Personengesellschaften wie eine Kapitalgesellschaft zu besteuern, eine Chance. Dies gilt insbesondere für Personengesellschaften mit langfristiger Thesaurierungs- und Wachstumsperspektive. Bei einem in weiterer Zukunft denkbarem Unternehmensverkauf kann die Option ebenfalls sehr sinnvoll sein. Die Entscheidung für oder gegen eine Optionsausübung sollten antragsberchtigte Unternehmen in jedem Fall erst nach sorgfältiger Analyse ihrer steuerlichen Ausgangslage und mittelfristigen Pläne treffen. Ein kurzfristiges Hin- und Herwechseln im Jahresrhythmus wird bereits aufgrund der Eintrittshürden und Sperrfristen selten sinnvoll sein. Um herauszufinden, ob „Check the Box“ im konkreten Fall vorteilhaft ist, gilt es zahlreiche steuerliche Dimensionen zu berücksichtigen. Für diese Analyse bleibt hinsichtlich der ersten Antragsmöglichkeit bis Ende November 2021 Zeit.

Detaillierte Ausführungen der Autoren zum Thema: siehe Dreßler/Kompolsek, Ubg Heft 6/2021.

Ausführungen zu den früheren Entwürfen des Optionsmodells: siehe Cordes/Kraft, FR 2021, 401 sowie Bochmann/Bron, NZG 2021, 613