Die juristische Aufarbeitung von Cum/Ex-Geschäften hat sich in den letzten Jahren vom Steuerrecht immer mehr in das Strafrecht (Strafprozesse, Vermögensabschöpfung) und das Zivil- und Zivilprozessrecht (Regressfragen) verschoben. Spätestens seit den ersten strafgerichtlichen Verurteilungen wegen der Beteiligung an Cum/Ex-Geschäften kommen zudem wettbewerbs- und vergaberechtliche Fragestellungen hinzu. Hintergrund ist, dass die Strafverfolgungs- und Bußgeldbehörden Ende des Jahres 2021 verpflichtet worden sind, bestimmte Urteile und Entscheidungen an das Bundeskartellamt zwecks Eintragung im Wettbewerbsregister zu melden. Dies betrifft u.a. rechtskräftige strafgerichtliche Verurteilungen wegen Steuerhinterziehung – was seit einiger Zeit vermehrt auf Cum/Ex-Geschäfte zutrifft. 

Was ist das Wettbewerbsregister?

Das Wettbewerbsregister ist eine beim Bundeskartellamt geführte elektronische Datenbank. Mit dem Register sollen öffentliche Auftraggeber über etwaige Ausschlussgründe von Unternehmen im Rahmen eines Vergabeverfahrens informiert werden. Nach dem Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) sind Unternehmen zwingend vom Vergabeverfahren auszuschließen, wenn ihnen zuzurechnende Personen zu bestimmten Delikten rechtskräftig verurteilt sind. Dies betrifft beispielsweise die Bildung einer terroristischen Vereinigung, Terrorismusfinanzierung oder Geldwäschestraftaten. Die festgestellte Nichtzahlung von Steuern ist ebenfalls ein zwingender Ausschlussgrund (§ 123 Abs. 4 Satz 1 GWB). Erfasst ist dabei nicht nur die Nichtzahlung festgesetzter Steuern (Steuersäumnis), sondern nach der Gesetzesbegründung auch die Steuerhinterziehung.

Um öffentliche Auftraggeber von dem Ausschlussgrund in Kenntnis zu setzen, hat die Staatsanwaltschaft rechtskräftig festgestellte Steuerhinterziehungen (§ 370 AO) an das Bundeskartellamt zu melden. Anzugeben sind die Personalien des verurteilten Straftäters sowie die Daten des betroffenen Unternehmens. Das Bundeskartellamt prüft die mitgeteilten Daten, gibt dem betroffenen Unternehmen Gelegenheit zur Stellungnahme und trägt sodann die Informationen im Wettbewerbsregister ein. Bei einer Steuerhinterziehung werden die mitgeteilten Daten nach Ablauf von fünf Jahren ab Rechtskraft der Verurteilung wieder gelöscht. Geregelt ist dies in einem eigenen Gesetz, dem Wettbewerbsregistergesetz (WRegG).

Bedeutung der Eintragung bei Cum/Ex-Geschäften

Cum/Ex-Geschäfte konnten nur unter Mitwirkungen mehrerer Personen und Unternehmen durchgeführt werden. Die Aktientransaktionen über den Dividendenstichtag erforderten jedenfalls (Leer-)Verkäufer, inländische Erwerber, sog. Stückegeber, welche die Aktien tatsächlich liefern konnten, sowie Broker, Investoren und rechtliche bzw. steuerliche Berater. Die damals tätigen Unternehmen können bei rechtskräftiger Verurteilung einer Leitungsperson von einer Eintragung im Wettbewerbsregister betroffen sein. Soweit Kreditinstitute an Cum/Ex-Geschäften beteiligt waren, dürfte eine Eintragung in das Wettbewerbsregister für das Kerngeschäft des betroffenen Instituts unschädlich sein. Finanzielle Dienstleistungen im Zusammenhang mit Ausgabe, Verkauf und Übertragung von Wertpapieren sowie die Vergabe von Krediten oder Darlehen unterliegen ohnehin nicht dem Vergabeverfahren. Bestimmte Rechtsdienstleistungen sind ebenfalls vom Vergabeverfahren ausgenommen. Es verbleiben aber Konstellationen, bei denen eine Eintragung im Wettbewerbsregister für an Cum/Ex-Geschäften beteiligte Unternehmen negative wirtschaftliche Auswirkungen haben kann.

Vorzeitige Löschung der Wettbewerbsregistereintragung

Betroffene Unternehmen sind daher bestrebt, eine Eintragung im Wettbewerbsregister zu vermeiden oder deren kurzfristige Löschung zu erwirken. Eine vorzeitige Löschung der Eintragung (vor Ablauf der Fünfjahresfrist) kann durch eine sog. Selbstreinigung erreicht werden. Selbstreinigung bedeutet grundsätzlich: (1) Zahlung eines Ausgleichs für den verursachten Schaden, (2) aktive Zusammenarbeit mit den Ermittlungsbehörden und (3) Einrichtung konkreter Maßnahmen, um erneutes Fehlverhalten zu unterbinden.

Für den Bereich der Nichtzahlung von Steuern und bei Steuerstraftaten greift eine spezielle Selbstreinigung. Von einem Ausschluss vom Vergabeverfahren ist bereits abzusehen, wenn die Steuern nachgezahlt wurden oder sich das Unternehmen hierzu verpflichtet hat (§ 123 Abs. 4 Satz 2 GWB). Es ist nicht erforderlich, dass das Unternehmen durch aktive Zusammenarbeit mit den Ermittlungsbehörden und den öffentlichen Auftraggebern zur Aufklärung des Sachverhalts beigetragen hat. Auch sind für die Selbstreinigung keine konkreten technischen, organisatorischen oder personellen Maßnahmen notwendig, um künftiges Fehlverhaltens zu vermeiden.

Bei Cum/Ex-Geschäften sind danach die im Wege von Anrechnung oder Erstattung erlangten Steuerbeträge zurückzuzahlen. Dabei sollte es nicht darauf ankommen, ob die Steuerbeträge auf Basis eines Rückforderungsbescheides direkt an das betroffene Finanzamt oder aufgrund einer Einziehungsanordnung an den Justizfiskus gezahlt wurden. Teilzahlungen eines Unternehmens sollten jedenfalls dann genügen, wenn das betroffene Unternehmen zusammen mit anderen Cum/Ex-Akteuren den Steuerschaden vollständig ausgeglichen oder sich im Rahmen eines Vergleichs wirtschaftlich an einer bereits erfolgten Zahlung beteiligt hat.

Vollständige Abwendung einer Eintragung?

Bei einer Vielzahl von Cum/Ex-Verfahren wurden die Steuerbeträge bereits an den Fiskus zurückgezahlt. In diesen Fällen sind die Voraussetzungen einer Selbstreinigung grundsätzlich erfüllt. Dann stellt sich die Frage, ob bereits die Eintragung in das Wettbewerbsregister unter Verweis auf die erfolgte Selbstreinigung abgewendet werden kann. Auf den ersten Blick erscheint es widersinnig, in diesem Fall erst die Eintragung abwarten zu müssen, um dann unmittelbar deren Löschung beantragen zu können. Insoweit könnte an den Dolo-agit-Einwand gedacht werden. In der Praxis folgt das Bundeskartellamt derartigen Erwägungen bislang nicht. Es besteht selbst bei erfolgter Steuerzahlung auf der Eintragung, da die Löschung wegen Selbstreinigung in einem eigenständigen und gebührenpflichtigen Verfahren nachzuweisen ist. Immerhin kann das betroffene Unternehmen für die Dauer des Löschungsverfahrens im Wettbewerbsregister einen Hinweis aufnehmen lassen, wonach die Steuerbeträge bereits zurückgezahlt sind und damit die Löschungsvoraussetzungen vorliegen.