Crypto-Asset Reporting Framework (CARF): OECD strebt globale Steuertransparenz für Cryptos an

03.05.2022 | FGS Blog

Steuervollzugsproblematik im Crypto-Bereich

Auf nationaler Ebene erhalten Steuerverwaltungen steuerrelevante Daten primär aus Steuererklärungen und -anmeldungen der Unternehmen. In verschiedenen Blogbeiträgen haben wir bereits thematisiert, dass im internationalen Kontext der „Datenhunger“ der Fiski steigt und die Berichts- und Meldepflichten für die Steuerpflichtigen sukzessive ausgeweitet werden (u.a. CbCR, DAC7, Blogbeiträge vom 16.4.2021 [DAC7], vom 11.6.2021 [public-CbCR]).

In diesen Trend reiht sich das Crypto-Asset Reporting Framework (CARF) der OECD ein. Ziel des CARFs ist es, Licht ins Dunkle von Crypto-Transaktionen zu bringen. Dies erscheint erforderlich, um dem möglicherweise bestehenden Vollzugsdefizit der Staaten bei der Besteuerung von Crypto-Transaktionen entgegenzuwirken. Der bereits implementierte automatische Informationsaustausch der Staaten über Finanzkonten (Common Reporting Standard – CRS) gibt den teilnehmenden Steuerverwaltungen ein effektives Instrument für ihre Ermittlungsansätze an die Hand. Vereinfacht setzt CARF auf der Idee und dem Konzept des CRS auf. Jedoch will CARF den Besonderheiten von Transaktionen über Crypto-Assets Rechnung tragen, die seit einigen Jahren insbesondere die Finanzbranche revolutionieren.

Crypto-Assets sind kryptografisch gesicherte Datenbankeinträge in einem dezentral organisierten bzw. verteilten Netzwerk („Distributed-Ledger“) primär basierend auf der Blockchain Technologie. Sie repräsentieren digitale Werte in verschiedensten technischen Ausprägungen und bilden sozusagen eine neue Assetkategorie. Insbesondere können sie ohne Intermediäre (z.B. Banken) verwahrt und gehandelt werden. Der sich daraus entwickelnde Markt stellt aus Sicht der internationalen Fiski derzeit eine „Black Box“ dar, weil Crypto-Assets nicht unter den Berichtsrahmen des CRS fallen. Zudem sind auch die nationalen Aufklärungskompetenzen und Forensiktools nicht ausreichend, um die Steuerdeklaration rund um Crypto-Assets in der Fläche zu prüfen. Aus Sicht der Staaten besteht die Gefahr, dass ihre Steuerverwaltungen schlicht zu wenig Informationen über stattfindende Transaktionen mit Crypto-Assets haben. Dies erschwert nach Ansicht der Staaten die wirksame Bekämpfung von Steuerhinterziehung oder Geldwäsche.

Grundkonzept des CARF

Um diesem Problem zu begegnen, hat die OECD das Crypto-Asset Reporting Framework (CARF) entwickelt. CARF soll den automatischen Austausch von Informationen über steuerlich relevante Transaktionen von Crypto-Vermögen durch einen zwar auf CRS aufbauenden, aber dennoch separaten Berichtsrahmen ermöglichen. Dadurch sollen Steuerverwaltungen in die Lage versetzt werden, steuerlich relevante Fälle zu identifizieren und zu plausibilisieren. Zudem ist es das Ziel auch Nicht-CRS-Staaten bei CARF mit an Bord zu holen, um einen noch breiteren Informationsaustausch zu gewährleisten. So besteht die Möglichkeit, dass die USA dem CARF beitreten, während sie sich dem CRS verweigert haben (vgl. Link). In einer Informationsveranstaltung vom 7. April 2022 berichtete das BMF über das bis dato existierende und zur öffentlichen Konsultation dienende Crypto-Asset Reporting Framework der OECD. Die Eckpunkte des (vorläufigen) Berichtsrahmens sollen im Folgenden grob skizziert werden.

Der Berichtsrahmen des vorliegenden CARF-Konsultationspapiers

Im Rahmen des CARF meldepflichtig sind Crypto-Asset Service Provider. Denn Crypto-Asset Service Provider spielen eine zentrale Rolle bei Crypto-Asset Transaktionen und verfügen über Zugang zu einer Vielzahl an relevanten Informationen. Crypto-Asset Service Provider können natürliche oder juristische Personen sein, die für oder im Namen von Kunden Crypto-Asset Transaktionen durchführen, als Gegenpartei oder Vermittler agieren oder Handelsplattformen zur Verfügung stellen. Zudem muss der Provider einen Anknüpfungspunkt zu einem teilnehmenden Staat haben. Dieser ergibt sich

  1. aus der steuerlichen Ansässigkeit,
  2. daraus, dass der Rechtsträger nach dem Recht eines teilnehmenden Staates gegründet wurde und Rechtspersönlichkeit besitzt bzw. verpflichtet ist eine Steuererklärung abzugeben,
  3. von einem teilnehmenden Staat aus verwaltet wird oder
  4. seinen Geschäftssitz in einem teilnehmenden Staat hat. Bei Mehrfachansässigkeit soll es ausreichen, wenn Meldungen in einem Staat abgegeben werden und dies gegenüber den anderen in Frage kommenden Staaten mit einem entsprechenden Formular angezeigt wird.

Zu melden sind die Nutzerdaten des Crypto-Asset Users (Name, Adresse, steuerliche Ansässigkeit, Steuer-ID und Geburtsdatum) sowie Name und Adresse des Crypto-Asset Service Providers. Zudem müssen die aggregierten Daten von relevanten Transaktionen mit relevanten Crypto-Assets gemeldet werden. Im Unterschied zum CRS sind keine Kontosalden zu melden. Grundsätzlich sind alle Crypto-Assets relevant, auch Stablecoins und bestimmte non-fungible tokens (NTF).

Nicht relevant sind dahingegen sog. Closed-Loop Crypto-Assets. Closed-Loop Crypto-Assets charakterisieren sich dadurch, dass sie als Zahlungsmittel für Waren oder Dienstleistungen an Händler herausgegeben werden und nur von oder an den Herausgeber oder an den Händler übertragen werden können und nur vom Händler gegen Fiat-Währung eingelöst werden können. Auch eine Central Bank Digital Currency, dh eine von einer Zentralbank digital herausgegebene Währung, unterliegt nicht der Meldepflicht des CARF. Beide Crypto-Asset Kategorien sollen zukünftig vom CRS erfasst werden.

Zu den relevanten Transaktionen zählen:

  • (1) Tausch zwischen Crypto-Assets und Fiat
  • (2) Tausch zwischen verschiedenen Crypto-Assets
  • (3) Übertragung von Crypto-Assets als Gegenleistung für Waren oder Dienstleistungen
  • (4) Sonstige Transfers relevanter Crypto-Assets

Bei allen Transaktionen besteht die Meldepflicht in Bezug auf die Bezeichnung des Crypto-Assets, die Anzahl der Transaktionen, die Anzahl der veräußerten bzw. angeschafften Einheiten sowie der aggregierte Wert der Transaktion.

Tausch von Crypto-Assets gegen Fiat (1)

Beim Tausch von Crypto-Assets gegen Fiat ergibt sich der Wert aus dem aggregierten erhaltenen oder gezahlten Bruttobetrag in Fiat abzüglich der Transaktionsgebühr. Unklar ist, was als eine Transaktion definiert wird und ob die Transaktionsgebühr auf einzelne Transaktionen aufzuteilen ist. Bspw. besitzt ein Akteur fünf Bitcoin, von denen jeweils eines an vier verschiedene Adressaten versendet wird und die Transaktionsgebühr beträgt ebenfalls einen Bitcoin. Die Frage ist nun, ob es sich um eine Transaktion oder vier Transaktionen handelt und wie die Transaktionsgebühr zu behandeln ist.

Tausch zwischen verschiedenen Crypto-Assets (2)

Beim Tausch eines Crypto-Assets gegen ein anderes Crypto-Asset muss jeweils der aggregierte Marktwert des angeschafften und des veräußerten Crypto-Assets auf Basis des Marktwerts im Zeitpunkt der Transaktion (Aufteilung der Transaktion in Veräußerung und Erwerb) abzüglich der anfallenden Gebühr gemeldet werden.

Tausch eines Crypto-Assets gegen eine Ware oder Dienstleistung (3)

Beim Tausch eines Crypto-Assets gegen eine Ware oder Dienstleistung handelt es sich für den Kunden um eine Veräußerung der Crypto-Assets und beim Händler um eine Anschaffung. Hier erfolgt die Meldung der aggregierte gezahlte Bruttobetrag basierend auf dem Marktwert im Veräußerungszeitpunkt. Bei dieser Transaktion stehen Überlegungen zu einem Schwellenwert im Raum, bei dessen Unterschreitung es sich nicht um eine meldepflichtige Transaktion der Veräußerung des Crypto-Assets durch den Kunden, wohl aber des Erwerbs durch den Händler handeln würde.

Sonstige Transfers relevanter Crypto-Assets (4)

Zu den sonstigen Transfers relevanter Crypto-Assets gehören solche Transaktionen, bei denen die Gegenleistungen für den Provider nicht ersichtlich sind. Hier erfolgt sowohl die Meldung des aggregierten erhaltenen bzw. gezahlten Marktwerts im Zeitpunkt der Veräußerung bzw. des Erwerbs als auch die zugrundeliegende Übertragungsart sowie die externe Wallet-Adresse. Fraglich ist, ob es überhaupt möglich sein wird die Übertragungsart, zu der Lending, Staking, Hard Fork etc. gehören, mitzuteilen. Des Weiteren könnte die Mitteilungen von Wallet-Adressen zu einem Datenschutzproblem bzw. -risiko in Bezug auf Hacking-Angriffe führen.

Selbstauskünfte des Crypto-Asset Users erforderlich

Damit Crypto-Asset Service Provider über die notwendigen Informationen zur Erfüllung ihrer Berichtspflichten verfügen, müssen Crypto-Asset User Selbstauskünfte erteilen. Die hierbei zu erfüllenden Anforderungen sind in Anlehnung an das CRS definiert. Die Selbstauskunft umfasst bei natürlichen Personen den Namen, den Wohnsitz, die steuerliche Ansässigkeit, die Steuer-ID und das Geburtsdatum. Bei juristischen Personen umfasst sie die gesetzliche Bezeichnung, die Anschrift, die steuerliche Ansässigkeit, die Steuer-ID und Informationen zur beherrschenden Person. Die Pflicht zur Selbstauskunft besteht auch für eine beherrschende Person, wobei aktive Rechtsträger hiervon ausgenommen sind. Neukunden müssen bei Aufnahme der Geschäftsbeziehungen eine Selbstauskunft abgeben. Hingegen haben Bestandskunden dies erst innerhalb von 12 Monaten nach Inkrafttreten der Regelungen zu erfüllen. Zusätzlich besteht eine Aktualisierungspflicht der Selbstauskunft nach Ablauf ihrer Gültigkeit oder innerhalb von 90 Tagen nach einer Änderung von Umständen des Crypto-Asset Users.

Das Zusammenspiel von CARF und CRS

Obgleich CARF speziell Crypto-Assets adressiert und dahingehend den Austausch aggregierter Transaktionsdaten bewirken soll und CRS primär auf das klassische Finanzvermögen und den Austausch von Informationen zu Kontosalden, Bruttoverkaufserlösen sowie Zinsen bzw. Dividenden abzielt, gibt es auf Grund von in Crypto-Form existierendem Finanzvermögen Überschneidungen der beiden Berichtsrahmen. Die Meldung von Kontosalden sowie Zinsen und Dividenden bei Finanzvermögen in Crypto-Form erfolgt weiterhin im Rahmen des CRS. Dies dient der Vermeidung eines Meldekonflikt bzw. von Doppelmeldungen. Eine Meldung des Verkaufserlöses über das CRS erübrigt sich, sobald eine Meldung der Transaktionsdaten bereits nach dem CARF erfolgt.

Nächste Schritte und EU-Initiative (DAC8)

Auf OECD-Ebene ist geplant, die Arbeiten zum CARF im dritten Quartal 2022 abzuschließen. Ob bis dahin alle klärungsbedürftigen Punkte ausdiskutiert oder einer Lösung zugeführt wurden, ist eher zweifelhaft. Die Qualifikation von Crypto-Assets sowie die Klassifikation von Transaktionen ist ein schwieriges Unterfangen. Dies liegt an der im Crypto-Bereich herrschenden Veränderungsdynamik sowie an der teils schwierigen Abgrenzbarkeit von Crypto-Assets.

Auf EU-Ebene existieren ebenfalls Pläne zur zukünftigen Stärkung der Zusammenarbeit und zur Erweiterung des Informationsaustauschs der Mitgliedstaaten über Transaktionen mit Crypto-Assets (s. Fahrplan der Kommission). Die Veröffentlichung eines Entwurf einer DAC8-Richtlinie ist für Ende des Halbjahres 2022 geplant. Die Meldepflichten nach DAC8 sollen mit denen des CARF harmonisiert sein. Ziel von DAC8 ist die Erlangung relevanter Informationen in Bezug auf Crypto-Assets durch die europäischen Steuerverwaltungen. Parallel wird eine Reduktion der Compliance Kosten der Unternehmen durch einen einheitlichen europäischen Berichtsstandard beabsichtigt. Es soll vor allem keine nebeneinanderstehenden Regelungen geben, die parallel befolgt werden müssen. Möglich sind kleinere zusätzliche Berichtspflichten, bspw. in Bezug auf in Drittstaaten ansässige Unternehmen.

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