BFH erweitert den Anwendungsbereich für die Pauschalversteuerung von Betriebsveranstaltungen

24.05.2024 | FGS Blog

Die kürzlich veröffentlichte Entscheidung des Bundesfinanzhofes (BFH) vom 27.03.2024 (VI R 5/22) betrifft die Voraussetzungen für die Pauschalversteuerung von Betriebsveranstaltungen gem. § 40 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 EStG. Die Besonderheit der Entscheidung besteht darin, dass der BFH erstmals zu den Anwendungsvoraussetzungen der Pauschalierungsvorschrift nach der gesetzlichen Definition des Begriffs der Betriebsveranstaltung Stellung genommen hat (§ 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1a Satz 1 EStG).

Nicht allen Betriebsangehörigen offenstehende Betriebsveranstaltungen

Im Streitjahr 2015 veranstaltete die Klägerin zwei Betriebsveranstaltungen. Zu diesen Veranstaltungen waren (unstreitig) nicht alle Arbeitnehmer des Betriebs bzw. eines Betriebsteils der Klägerin eingeladen. Die Vorteile, die im Rahmen der Feiern den Arbeitnehmern zukamen, versteuerte die Klägerin pauschal gem. § 40 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 EStG mit 25 %. Dies hatte wohl auch den Hintergrund, dass  derart pauschal versteuerte Sachbezüge gnicht zum sozialversicherungspflichtigen Arbeitsentgelt zählen, womit sich die wirtschaftliche Belastung des Arbeitgebers aus der Vorteilsgewährung erheblich vermindert.

Das beklagte Finanzamt vertrat die Auffassung, dass einer Pauschalversteuerung entgegenstehe, dass die Teilnahme an den Veranstaltungen nicht allen Arbeitnehmern des Betriebs bzw. des Betriebsteils offenstand. Hieran ändere auch die ab dem Veranlagungszeitraum 2015 geltende Definition des Begriffs der Betriebsveranstaltung durch § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1a Satz 1 EStG nichts.

Die gegen den Nachforderungsbescheid erhobene Klage hat die Vorinstanz (Finanzgericht Köln) abgewiesen. Der sowohl in § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1a Satz 1 EStG als auch in § 40 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 EStG verwendete Begriff der Betriebsveranstaltung sei einheitlich auszulegen. Das FG Köln schloss sich der Bewertung des Finanzamts an, dass die Tatsache, dass nicht alle Arbeitnehmer des Betriebs bzw. eines Betriebsteils zu der Betriebsveranstaltung eingeladen waren, der Pauschalversteuerung entgegenstehe.

Pauschalierungsvorschrift definiert den Begriff der Betriebsveranstaltung nicht

Der Begriff der Betriebsveranstaltung bildet ein Tatbestandsmerkmal des § 40 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 EStG. Allerdings weist die Vorschrift keine gesetzliche Definition des Begriffs der Betriebsveranstaltung auf, was der Gesetzgeber mit Wirkung ab dem 01.01.2015 in § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1a Satz 1 EStG nachgeholt hat. Bislang war allerdings streitig, ob das definierte Kriterium, dass die Veranstaltung allen Betriebsangehörigen offenstehen muss, das entscheidende Kriterium für pauschalierungsfähige Betriebsveranstaltungen bildet. Sowohl die Vorinstanz als auch das FG Münster (Urteil vom 20.02.2020, 8 K 32/19 E, P, L, EFG 2020, 682) haben die Sichtweise der Finanzverwaltung bestätigt und damit die Pauschalbesteuerung auf Betriebsveranstaltungen beschränkt, die allen Betriebsangehörigen offenstehen.

Pauschalierungsfähig sind Betriebsveranstaltungen i.S.d. § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1a Satz 1 EStG

Der BFH hat die Streitfrage dahingehend entschieden, dass für die Anwendung der Pauschalbesteuerung der Betriebsveranstaltung die gesetzliche Definition ausschlaggebend ist. Es muss sich danach um eine Veranstaltung auf betrieblicher Ebene mit gesellschaftlichem Charakter handeln. Dieses Kriterium erfüllen auch Veranstaltungen an denen – wie im Streitfall – nicht alle Betriebsangehörigen teilnehmen dürfen. Das Offenstehen der Betriebsveranstaltung für alle Betriebsangehörigen ist allein für die Inanspruchnahme des Freibetrages von EUR 110 je teilnehmendem Arbeitnehmer von Relevanz. Der BFH hat richtigerweise entschieden, dass nach der Gesetzessystematik das Kriterium des Offenstehens der Veranstaltung nicht als ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal des Betriebsveranstaltungsbegriffs in den Satz 1 des § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1a EStG hineingelesen werden kann.

Vereinfachungszweck der Pauschalierungsvorschrift

Richtigerweise weist der BFH auch darauf hin, dass der Zweck des § 40 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 EStG in einer Vereinfachung des Besteuerungsverfahrens besteht. Die vereinfachte Berechnung der Lohnsteuer mit einem festen Steuersatz soll übermäßigen Arbeitsaufwand in einer Vielzahl gleichgelagerter Fälle vermeiden. Diesem Begünstigungszweck widersprach aber bislang die Sichtweise der Finanzverwaltung, die den Anwendungsbereich der Pauschalierungsvorschrift eng interpretierte.

Bedeutung der Entscheidung für die Praxis

Aus Sicht der Praxis ist die Entscheidung des BFH grundsätzlich zu begrüßen. Der Anwendungsbereich der Lohnsteuerpauschalierung für Betriebsveranstaltungen mit 25 % wird hierdurch deutlich ausgeweitet. Dies ist auch deshalb von Bedeutung, weil damit (bei fristgerechter Anmeldung der pauschal zu versteuernden Beträge) die Sozialversicherungsfreiheit einhergeht. Die Reaktion der Finanzverwaltung auf die Entscheidung steht allerdings noch aus. Für die Anwendung des Freibetrages von EUR 110 je teilnehmendem Arbeitnehmer bleibt es aber dabei, dass die Veranstaltung allen Betriebsangehörigen offenstehen muss und die Anzahl der tatsächlichen Teilnehmer zu dokumentieren ist.