BFH entscheidet zur Vorsteueraufteilung bei gemischt genutzten Gebäuden

In seinem Urteil vom 11. November 2020, Az. XI R 7/20, nimmt der BFH dazu Stellung, unter welchen Voraussetzungen eine Aufteilung der Vorsteuerbeträge bei gemischt genutzten Gebäuden nach dem Umsatzschlüssel in Betracht kommt. Hierbei entwickelt der BFH seine bisherige Rechtsprechung weiter. Danach sind Vorsteuerbeträge entsprechend des (objektbezogenen) Umsatzschlüssels aufzuteilen, wenn die verschiedenen Zwecke dienenden Räume bei gemischt genutzten Gebäuden sehr unterschiedlich ausgestattet sind.
In dem zugrunde liegenden Sachverhalt errichtete die Klägerin einen gemischt genutzten Gebäudekomplex (Stadtteilzentrum mit einem Supermarkt und einer Senioren-Wohnanlage), der sowohl steuerpflichtig als auch steuerfrei vermietet wurde. Die Klägerin wandte für den Vorsteuerabzug zunächst den Flächenschlüssel an (ca. 36% Vorsteuer). Nachdem die Betriebsprüfung diese Berechnung abgelehnt hatte, machte die Klägerin den Vorsteuerabzug nach einem höheren objektbezogenen Umsatzschüssel geltend (ca. 50% Vorsteuer). Das Finanzgericht ging zwar davon aus, dass der Flächenschlüssel wegen der unterschiedlichen Ausstattung hier eigentlich nicht anwendbar sei, sich aber die unterschiedliche Ausstattung kostenmäßig nicht ausgewirkt habe.
In der Begründung weist der BFH zunächst auf die Vorschrift des § 15 Abs. 4 UStG hin. Verwendet der Unternehmer eine Leistung nur zum Teil zur Ausführung von Umsätzen, die den Vorsteuerabzug ausschließen, ist muss geprüft werden, welcher Teil der jeweiligen Vorsteuerbeträge diesen Umsätzen wirtschaftlich zuzurechnen ist (§ 15 Abs. 4 Satz 1 UStG). Es ist dabei zunächst Sache des Unternehmers, welche Schätzungsmethode er wählt. Finanzbehörden und Finanzgerichte können allerdings nachprüfen, ob die Schätzung sachgerecht ist.
Eine Ermittlung des nicht abziehbaren Teils der Vorsteuerbeträge dem Umsatzschlüssel, d.h. nach dem Verhältnis der Umsätze, die den Vorsteuerabzug ausschließen, zu den Umsätzen, die zum Vorsteuerabzug berechtigen, ist nur zulässig, wenn keine andere wirtschaftliche Zurechnung möglich ist (§ 15 Abs. 4 Satz 3 UStG).
Dieser Vorrang des Flächenschlüssels ist allerdings unionsrechtlich nicht in dieser Weise vorgesehen. Grundsätzlich ist bei der Vorsteueraufteilung nach der Rechtsprechung von EuGH und BFH daher wie folgt zu verfahren:
Bislang haben die Finanzbehörden die oben genannten Grundsätze eher restriktiv angewandt und haben daher oftmals den Flächenschlüssel angewandt, der für die Steuerpflichtigen in der Regel ungünstiger ist.
Insoweit lassen sich einige interessante Schlüsse aus dem Urteil des BFH ziehen, die der geschilderten Praxis der Finanzbehörden nun entgegengehalten werden können.
Der BFH ist hinsichtlich der angewandten Grundsätze auf einer Linie mit seinem Urteil vom 10. August 2016, Az. XI R 31/09. Mit diesem hatte der BFH im Nachgang zum EuGH-Urteil (Wolfgang und Dr. Wilfried Rey Grundstücksgemeinschaft) grundsätzlich zur Vorsteueraufteilung bei gemischt genutzten Gebäuden Stellung genommen. Demnach ermöglicht der objektbezogene Flächenschlüssel bei der Herstellung eines solchen Gebäudes zwar regelmäßig eine sachgerechte und "präzisere" Berechnung des Rechts auf Vorsteuerabzug als der gesamtumsatzbezogene oder der objektbezogene Umsatzschlüssel. Allerdings stellte der BFH damals schon klar, dass dieser Grundsatz nicht ausnahmslos gelte.
Das Urteil des BFH vom 11. November 2020 bietet nun Konkretisierungen bei der praktischen Anwendung des Umsatzschlüssels. Für Unternehmer kann es deshalb interessant sein, für alle noch nicht bestandskräftigen Veranlagungszeiträume zu prüfen, ob die Anwendung des Umsatzschlüssels für sie sachgerechter wäre. Denn dies führt zu oftmals günstigeren Vorsteuerergebnissen und sie sind durch die Anwendung des Flächenschlüssels in den Umsatzsteuererklärungen nicht endgültig gebunden.