Die EU-Kommission hat am 12.09.2023 den Richtlinienentwurf eines EU-weiten Rahmens für die Unternehmensbesteuerung veröffentlicht (Business in Europe: Framework for Income Taxation – kurz „BEFIT“). Die BEFIT ist nach der GKKB/CCTB der nächste Harmonisierungsversuch der EU-Kommission auf dem Gebiet der direkten Steuern. Es soll eine EU-Steuergruppe geben, innerhalb derer Verluste verrechnet werden können und Doppelbesteuerung aufgrund von Verrechnungspreisproblemen der Vergangenheit angehören sollen.

Zielsetzung

Die BEFIT soll das Unternehmenssteuerrecht im Binnenmarkt vereinfachen. Es soll Schluss damit sein, dass in jedem EU-Mitgliedsstaat nach unterschiedlichen Regeln die Steuerbemessungsgrundlagen ermittelt werden müssen. Die steuerlichen Befolgungskosten sollen um bis zu 65% reduziert werden. Die Attraktivität der EU für Investitionen soll hiermit gesteigert werden. Die Gewinnermittlungsregelungen sind nah an den Regelungen der neuen Mindestbesteuerung (Pillar II) angelehnt.

Welche Unternehmensgruppen werden erfasst?

Die BEFIT gilt für alle nationalen und internationalen Unternehmensgruppen, die in den letzten zwei von vier Geschäftsjahren (Art. 2 Abs. 1 lit. a) BEFIT-E) einen konsolidierten Jahresumsatz von mind. 750 Mio. Euro erzielt haben (wie bei Pillar II und CbCR). Die Anwendung von BEFIT gilt verpflichtend für Unternehmenseinheiten, die

  1. in der EU ansässig sein oder EU-Betriebsstätten unterhalten und
  2. Tochtergesellschaften in der EU mit einer Mindestbeteiligung von 75% halten.

Die BEFIT gilt nicht, wenn ein Mutterunternehmen seinen Sitz in einem Drittstaat hat und der Umsatz des Konzerns innerhalb der EU nicht mehr als 5% des gesamten Umsatzes oder den Betrag von 50 Mio. in mindestens zwei der letzten vier Steuerjahre nicht überschreitet (Deminimis-Regelung).

Unternehmen, die nicht verpflichtend der BEFIT unterliegen, können hierzu freiwillig optieren, wenn ein Konzernabschluss nach einem einheitlichen Regelwerk erstellt wird (Art. 2 Abs. 7 BEFIT-E).

Ob die BEFIT tatsächlich beschlossen wird ist offen. Eine Umsetzung in nationales Recht ist bis zum 01.01.2028 vorgesehen. Die Mitgliedstaaten würden die Regelungen ab dem 01.07.2028 anwenden.

Bildung einer BEFIT-Gruppe

Zur BEFIT-Gruppe zählen alle in der EU ansässigen Tochterunternehmen, an denen die Muttergesellschaft zu mindestens 75% beteiligt ist (Art. 5 Abs. 1 lit. a) BEFIT-E). Ferner in der EU belegene Betriebsstätten, die über in Drittstaaten ansässige Tochtergesellschaften vermittelt werden, an denen die Muttergesellschaft zu mindestens 75% unmittelbar oder mittelbar beteiligt ist (Art. 5 Abs. 1 lit. b) BEFIT-E).

Einheitliche Steuerbemessungsgrundlage

In drei Schritten ist eine einheitliche Steuerbemessungsgrundlage für die BEFIT-Gruppe zu ermitteln:

1. Ermittlung eines vorläufigen Ergebnisses der einzelnen Gruppenmitglieder

Im Ausgangspunkt wird für jedes Mitglied der BEFIT-Gruppe ein vorläufiges Ergebnis ausgehend von den Einzelbilanzen ermittelt. Maßgeblich ist grundsätzlich der Rechnungslegungsstandard des obersten Mutterunternehmens.

Das Rechnungslegungsergebnis wird um international übliche Anpassungen zwischen dem für Rechnungslegungszwecke ausgewiesenen Ergebnis und dem steuerpflichtigen Gewinn/Verlust hinzugerechnet oder gekürzt. Dazu gehört bspw. eine 95%-Kürzung von Dividendenausschüttungen (Art. 8 BEFIT-E) und Anteilsveräußerungsgewinnen (Art. 9 BEFIT -E), wenn die Beteiligung mindestens 10% beträgt und die Mindesthaltedauer von einem Jahr erfüllt ist.

Gleichwohl geht die BEFIT weiter. Sie enthält auch diverse (steuerbilanzielle) Sondervorschriften. Dazu gehören u.a. Regelungen zu den steuerlichen Abschreibungen (Art. 22-28 BEFIT- E), der Vorratsbewertung (Art. 29 BEFIT-E), den Rückstellungen (Art. 30 BEFIT-E), bei Forderungsausfällen (Art. 31 BEFIT-E) sowie Bestimmungen für den Aus- und Eintritt aus bzw. in die BEFIT-Gruppe (Art. 34 BEFIT-E).

Eine Zwischenergebniseliminierung innerhalb der BEFIT-Gruppe ist nicht vorgesehen.

2. Aggregation der vorläufigen Einzelergebnisse zu einer „BEFIT tax base“

Die je Gruppenmitglied ermittelten Ergebnisse werden dann in einer gemeinsamen Steuerbemessungsgrundlage aggregiert und bilden die „BEFIT tax base“ (Art. 42-44 BEFIT-E). Insofern tritt eine grenzüberschreitende Verlustverrechnung ein, da Gewinne eines BEFIT-Gruppenmitglieds mit Verlusten eines anderen BEFIT-Gruppenmitglieds verrechnet werden.

Wenn verbundene Unternehmen nicht Teil der BEFIT-Gruppe sind (z.B. weil sie nicht in der EU ansässig sind), scheidet eine solche Verlustverrechnung aus. Unbeschadet dessen soll das neue, harmonisierte Verrechnungspreisregime und eine Risikobewertung gelten (s. Art. 50-53 BEFIT-E, siehe dazu separat erscheinender Blogbeitrag).

3. Aufteilung der „BEFIT tax base“ auf die einzelnen BEFIT-Gruppenmitglieder

Die BEFIT tax base wird im dritten Schritt auf die einzelnen Gruppenmitglieder aufgeteilt. Für einen siebenjährigen Übergangszeitraum sieht der Entwurf einen festen Aufteilungsschlüssel vor (transition allocation rule, Art. 45 BEFIT-E). Demnach erhält jedes Gruppenmitglied einen prozentualen Anteil der BEFIT tax base der sich aus dem Verhältnis der durchschnittlichen Steuerergebnisse der vorangegangenen drei Jahre zur gesamten BEFIT tax base ergibt. Langfristig ist ein formelhafter Aufteilungsmechanismus zu entwickeln (s. Fragen und Antworten zu BEFIT).

Nach der Aufteilung erfolgen wiederrum auf Ebene des jeweiligen BEFIT-Gruppenmitglieds zusätzliche technische Anpassungen der zugeteilten Bemessungsgrundlage. Den Mitgliedstaaten steht es frei, bestimmte lokale Anpassungen vorzusehen (z.B. für Schenkungen, Spenden etc.).

BEFIT-Verfahren

Die oberste Muttergesellschaft einer BEFIT-Gruppe muss gegenüber einer neuen EU-Behörde eine gemeinsame Erklärung abgeben (sog. BEFIT-Information-Return). Zeitlich soll der BEFIT-Information-Return spätestens vier Monate nach Ende des jeweiligen Wirtschaftsjahres abzugeben sein (Art. 57 BEFIT-E). Zusätzlich ist aber auch jedes BEFIT-Gruppenmitglied gegenüber seiner lokalen Steuerbehörde als Teil der BEFIT-Gruppe erklärungspflichtig. Rechtsbehelfs- und Finanzgerichtsverfahren der Gruppenmitglieder werden unverändert in den jeweiligen EU-Mitgliedsstaaten geführt.

Hinweis:

Weitere Details zur BEFIT und Vorhaben der EU-Kommission erhalten Sie am 15. November 2023 von 11:00 bis 12:00 Uhr in unserem Webinar „Neuordnung der Unternehmensbesteuerung in Europa“.