Anforderungen an die dingliche Bestimmtheit beim Asset Deal

18.04.2023 | FGS Blog

Mit welchem Maß an Bestimmtheit müssen Vermögensgegenstände, die im Rahmen eines Asset Deals verkauft und übereignet werden sollen, bezeichnet werden? Mit dieser praxisrelevanten Frage hat sich der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) in seinem Urteil vom 16. Dezember 2022 (Az.: V ZR 174/21) befasst.

Asset Deal als Variante des Unternehmenskaufs

Beim Unternehmenskauf im Wege des Asset Deals erwirbt der Käufer – anders als beim Share Deal, bei dem Gesellschaftsanteile (z.B. GmbH-Geschäftsanteile) erworben werden – eine Gesamtheit von Einzelwirtschaftsgütern. Diese Transaktionsgestaltung bietet den Parteien – vorbehaltlich steuerlicher Erwägungen – den Vorteil, dass sie die betreffenden Einzelwirtschaftsgüter individuell auswählen können, ohne dass diese zunächst im Rahmen eines Carve-Outs aus dem zu verkaufenden Unternehmen herausgelöst werden müssen. So ist es möglich, nur bestimmte Wirtschaftsgüter, etwa bestimmte Lagerwaren, zu erwerben, während andere Gegenstände nicht Teil der Transaktion sind. In der Insolvenz des Zielunternehmens, wenn ein Käufer an der Übernahme werthaltiger Vermögensgegenstände interessiert ist, ist der Asset Deal daher besonders verbreitet.

Ausgangspunkt: Sachenrechtlicher Bestimmtheitsgrundsatz

Da die Einzelwirtschaftsgüter, die der Käufer übernehmen möchte, beim Asset Deal im Wege der Einzelrechtsnachfolge an ihn übereignet werden müssen, kommt dem Bestimmtheitsgrundsatz maßgebliche Bedeutung zu. Dieser Grundsatz zählt zu den elementaren Grundprinzipien des deutschen Sachenrechts und verlangt, dass die zu übertragenden Einzelwirtschaftsgüter genau bezeichnet werden. Da bei einem Asset Deal regelmäßig ein ganzes Unternehmen oder ein Unternehmensteil als Sachgesamtheit übereignet werden soll, muss klar sein, welche Einzelgegenstände übereignet werden sollen.

Eckpunkte der bisherigen Rechtsprechung

Der BGH hat schon früh anerkannt, dass die Bestimmtheit auch durch die Verwendung einer Sammelbezeichnung sichergestellt werden kann. Entscheidend ist stets, dass „in Folge der Wahl einfacher äußerer Abgrenzungskriterien für jeden, der die Parteiabreden in dem für den Eigentumsübergang vereinbarten Zeitpunkt kennt, ohne Weiteres ersichtlich ist, welche individuell bestimmten Sachen übereignet worden sind“ (BGH, Urt. v. 13.6.1956 - IV ZR 24/56, NJW 1956, 1315). Dem genügt etwa die Individualisierung anhand eines bestimmten Merkmals (z.B. Container mit einer bestimmten Größe, BGH, Urt. v. 4. Oktober 1993, Az. II ZR 156/92) oder anhand räumlicher Kriterien (etwa alle sich in einem bestimmten Lagerraum befindenden Waren). Auch darüberhinausgehend wird die merkmalbezogene Zuordnung für zulässig erachtet, wenn die betreffenden Sachen räumlich voneinander getrennt sind, d.h. wenn sie sich etwa nicht in demselben Lagerraum befinden. Nicht ausreichend sind hingegen rechtliche Unterscheidungsmerkmale, wie beispielsweise das Eigentum an den zu übereignenden Sachen. Dies folgt daraus, dass ein außenstehender Dritter nämlich nicht ohne außervertragliche Quellen (z.B. Warenbücher) bestimmen kann, welche Gegenstände dem Übertragenden tatsächlich gehören.

Entscheidung des BGH

Die Entscheidung des BGH vom 16. Dezember 2022 ordnet sich in diesem Zusammenhang ein.

In der Sache geht es um eine Unterlassungsklage, aufgrund derer die Klägerin die Beklagte in Anspruch nahm, die Befüllung von Flüssiggasbehältern zu unterlassen. Die Beklagte hatte mit Vertrag vom 1. September 2005 zum Flüssiggastankgeschäft gehörende Wirtschaftsgüter der Verkäuferin (die nicht Prozesspartei war) erworben. Hierzu gehörten unter anderem Flüssiggastanks, die an Endkunden der Verkäuferin vermietet waren und die sich in deren Besitz befanden. Insoweit wurde im Kaufvertrag vereinbart, dass alle von der Verkäuferin „an ihre Kunden überlassenen Flüssiggastanks“ durch Abtretung des gegen die Kunden gerichteten Herausgabeanspruchs übereignet werden. Die Klägerin war nun der Ansicht, dass im Rahmen dieser Abtretung auch ein Tank an sie übereignet worden ist, den die Beklagte mehrmals mit Flüssiggas befüllt hat und verlangte Unterlassung.

Der BGH hat die strengen Anforderungen an die sachenrechtliche Bestimmtheit unterstrichen. Er gelangt zu dem Ergebnis, dass die Beschreibung „an ihre Kunden überlassenen Flüssiggastanks“ nicht dem Bestimmtheitsgrundsatz genügt. Auch im Wege der Auslegung sei nicht erkennbar, welche konkreten Flüssiggastanks von der Übereignung erfasst seien. Mangels einer räumlichen Zusammenfassung fehle es an der Individualisierbarkeit. Ein Dritter könne ohne außervertragliche Erkenntnisquellen (z.B. Verträge, Bücher, Rechnungen) nicht erkennen, ob es sich bei den unmittelbaren Besitzern um Kunden der Verkäuferin gehandelt habe und ob diesen Flüssiggastanks von dieser überlassen worden seien.

Folgen für die Praxis

Die Entscheidung des BGH zeigt deutlich auf, dass die Anforderungen an den sachenrechtlichen Bestimmtheitsgrundsatz ernst zu nehmen sind. Unklarheiten gehen in der Regel zu Lasten der Käuferin, die sich auf ihr Eigentum beruft. Bei der Formulierung von Asset Deal-Kaufverträgen ist deshalb besondere Sorgfalt geboten. Im eigenen Interesse sollten die Vertragsparteien die zu übereignenden Wirtschaftsgüter genau bezeichnen und nach Möglichkeit mit dezidierten Sachverzeichnissen oder -listen arbeiten, die als Anlage zum Vertrag genommen werden. Soweit eine Feststellung der zu übereignenden Gegenstände nicht trennscharf möglich ist (wie etwa einem Warenlager mit ständig wechselndem Bestand), ist eine klare räumliche Abgrenzung (notfalls durch räumliche Absonderung der zu erwerbenden Gegenstände) notwendig.

Der Entscheidung des BGH kommt darüber hinaus auch Bedeutung für die Spaltung nach dem UmwG zu. Zwar kommt es hierbei zu einer beschränkten Universalsukzession und – anders als beim Asset Deal - kann das bilanzielle Sachanlagevermögen als Rechtsbegriff als Abgrenzungskriterium vorgesehen werden (siehe § 126 Abs. 2 UmwG). Allerdings ist auch hier das zu übertragende Vermögen genau zu beschreiben.