Zum Jahreswechsel hat die Bundesregierung ihren „Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 2021/2101 im Hinblick auf die Offenlegung von Ertragsteuerinformationen durch bestimmte Unternehmen und Zweigniederlassungen“ in das Gesetzgebungsverfahren eingebracht (BR-Drucks. 686/22 v. 30.12.2022). Das Gesetz sieht vor, dass die betroffenen Unternehmen bestimmte Ertragsteuerinformationen zu veröffentlichen haben. Dies soll für nach dem 22. Juni 2024 beginnende Geschäftsjahre gelten. Die betroffenen Informationen wären bei kalenderjahrgleichen Wirtschaftsjahren also erstmals für 2025 zu veröffentlichen.

Verankerung im HGB

Kern des Gesetzgebungsverfahrens ist die Neuaufnahme der §§ 342 bis 342p HGB-E, die die Anwendungsvoraussetzungen, die Inhalte und diversen Begleitregelungen zum Public Country-by-Country Reporting enthalten. Dies erfolgt parallel zu § 138a AO, d.h. den Regelungen zum bisherigen „normalen“, also behördeninternen, Country-by-Country Reporting („Länderbezogener Bericht multinationaler Unternehmensgruppen“). Insoweit werden zukünftig zwei verschiedene Regelungswerke mit diversen Überschneidungen existieren. Die Verankerung der Neuregelung im HGB geht auf die EU-rechtliche Verortung im Bereich der Rechnungslegung zurück. Hierfür ist dem Vernehmen nach ursächlich, dass Richtlinien für den Bereich der Rechnungslegung mit qualifizierter Mehrheit der Mitgliedsstaaten beschlossen werden können, wohingegen es bei ertragsteuerlichen Richtlinien einer Einstimmigkeit bedarf.

Betroffene Unternehmen

Das Public Country-by-Country Reporting betrifft nur bestimmte Unternehmen. Voraussetzung ist insbesondere, dass ein Unternehmen bzw. eine Unternehmensgruppe die Umsatzgrenze von 750 Mio. Euro in mindestens zwei aufeinanderfolgenden Geschäftsjahren überschreitet. Dabei werden die Konzernumsatzerlöse als eine konsolidierte Größe zugrunde gelegt, wobei sämtliche verbundene Unternehmen einzubeziehen sind, die dem konkret betrachteten Über-/Unterordnungskonzern i.S.v. § 290 HGB angehören. Hält eine natürliche Person oder eine Gruppe natürlicher Personen Beteiligungen an mehreren Gesellschaften, liegt mangels übergeordnetem Mutterunternehmen kein Über-/Unterordnungskonzern i.S.v. § 290 HGB vor.

Ferner werden nicht alle Rechtsformen umfasst, sondern nur Kapitalgesellschaften (d.h. z.B. AG, GmbH, KGaA) und Personenhandelsgesellschaften (OHG, KG), bei denen keine natürliche Person unmittelbar oder mittelbar unbeschränkt persönlich haftet. Einzelunternehmen, Gesellschaften bürgerlichen Rechts sowie solche Offenen Handelsgesellschaften und Kommanditgesellschaften, bei denen eine natürliche Person mittelbar oder unmittelbar unbeschränkt haftet, sind daher jedenfalls als Obergesellschaft einer Gruppe grundsätzlich nicht zu einem Public Country-by-Country Reporting verpflichtet.

Schließlich ist ein Auslandsbezug nötig, der sich aus Tochtergesellschaften, Niederlassungen, festen Geschäftseinrichtungen oder einer dauerhaften Geschäftstätigkeit im Ausland ergeben kann. Insoweit spricht viel dafür, unter diese Begriffe das zu fassen, was steuerlich und insbesondere nach Doppelbesteuerungsabkommen unter einer Betriebsstätte zu verstehen ist. Denn nur dann liegt eine grenzüberschreitende Besteuerungssituation vor. Mit einer Tätigkeit von Arbeitnehmern und/oder Führungskräften aus einem ausländischen „Home-Office“ oder von einem ausländischen Wohnort aus wird folglich keine Niederlassung, feste Geschäftseinrichtung oder dauerhafte Geschäftstätigkeit im Ausland begründet; denn insoweit fehlt es mangels Verfügungsmöglichkeit bzw. einem Innehaben durch das inländische Unternehmen an einer steuerlichen Betriebsstätte.

Inhalt des zu veröffentlichenden Berichts

Die Pflicht zur Offenlegung von Ertragsteuerinformationen bezieht sich bei inländischer oberster Muttergesellschaft auf das oberste Mutterunternehmen und alle Tochterunternehmen, die in den für den Berichtszeitraum aufgestellten Konzernabschluss des obersten Mutterunternehmens einbezogen sind. Zu veröffentlichen sind u.a. die folgenden Informationen:

  • die Namen der Unternehmen;
  • eine kurze Beschreibung der Art der Geschäftstätigkeit im Berichtszeitraum;
  • die Zahl der Arbeitnehmer im Berichtszeitraum;
  • die Umsatzerlöse (Erträge) im Berichtszeitraum, einschließlich der Erträge aus Geschäften mit nahestehenden Unternehmen und Personen;
  • der Gewinn oder Verlust vor Ertragsteuern im Berichtszeitraum;
  • die für den Berichtszeitraum zu zahlende Ertragsteuer;
  • die im Berichtszeitraum gezahlte Ertragsteuer auf Kassenbasis;
  • die einbehaltenen Gewinne am Ende des Berichtszeitraums.

Die Daten sind länderbezogen auszuweisen, soweit EU/EWR-Länder oder durch die EU als nicht kooperativ eingeordnete Staaten/Gebiete betroffen sind. Im Übrigen erfolgt ein aggregierter Ausweis. Die Veröffentlichung findet im Unternehmensregister sowie ergänzend auf der Internetseite der Gesellschaft statt.

Schutzklausel

Daten zu Umsatz und Gewinn werden von deutschen Familienunternehmen zu Recht häufig als Geschäftsgeheimnis betrachtet. Denn eine Offenlegung und einfache aggregierte Abrufbarkeit dieser Daten kann vielfältige Nachteile haben. Denkbar ist beispielsweise ein erhöhter Preisdruck seitens der Kunden und/oder Lieferanten. Aber auch die Privatsphäre der Familiengesellschafter und ggf. ihrer Kinder ist zu berücksichtigen. Viele Gesellschafter von Familienunternehmen legen Wert darauf, trotz hoher Einkünfte bescheiden und in normalen Verhältnissen zu leben. Eine öffentliche Bekanntheit der Einkommenssituation kann dies massiv beeinträchtigen.

Vor diesem Hintergrund sieht der Gesetzentwurf eine „Schutzklausel“ vor. Danach brauchen bestimmte Angaben nicht in den Ertragsteuerinformationsbericht aufgenommen werden, wenn ihre Offenlegung den Unternehmen, auf die sie sich beziehen, einen erheblichen Nachteil zufügen würde. Dies erfordert allerdings jeweils eine gebührende Begründung. Auch können die Angaben nicht dauerhaft „weggelassen“ werden, sondern sind spätestens in den Ertragsteuerinformationsbericht aufzunehmen, der für das fünfte Geschäftsjahr nach dem Berichtszeitraum erstellt wird.

Das Vorliegen der tatbestandlichen Voraussetzungen für ein Weglassen ist zudem für jede Angabe gesondert zu prüfen.

Sanktionen

Die Nichtbefolgung der Verpflichtungen aus dem Public Country-by-Country Reporting wird sanktionsbewehrt sein und die Festsetzung von Bußgeldern von bis zu 200.000 Euro ermöglichen. Zudem kann das Ordnungsgeld mehrfach und so lange festgesetzt werden, bis die entsprechende Handlung erfolgt ist. Die Sanktionsregelungen sind mithin nicht zu unterschätzen. Eine Strategie, die Sanktionen in Kauf zu nehmen, um keinen Ertragsteuerinformationsbericht zu veröffentlichen, dürfte daher sehr „teuer“ werden und letztlich nicht zielführend sein.­­ Eine ausführliche Darstellung des Gesetzgebungsvorhabens finden Sie in der aktuellen Finanzrundschau (FR 2/2023, 41–48).