Im Rahmen der beschränkten Steuerpflicht erfolgt die Besteuerung überwiegend durch Steuerabzug (§ 43 ff., § 50a EStG). Dieser entfaltet in der Regel Abgeltungswirkung. Selbst wenn gesetzlich eine Erstattungs- oder Entlastungsmöglichkeit vorgesehen ist, gestaltet sich dieses Verfahren vor dem Hintergrund der Restriktionen des § 50d EStG oftmals schwerfällig.

In seiner Entscheidung vom 29.11.2017 – I R 58/15 hatte sich der BFH nun mit der Frage zu befassen, ob für beschränkt Steuerpflichtige auch die Veranlagungsmöglichkeit gegeben ist, wenn Einkünfte über eine gewerblich geprägte Personengesellschaft erzielt werden, weil insofern ein inländischer Betrieb besteht.

Entscheidung des BFH

Streitgegenständlich waren Dividenden einer inländischen GmbH, die zwei chilenische Kapitalgesellschaften über eine inländische, gewerblich geprägte KG erzielten. Die GmbH hatte hierauf KESt einbehalten und abgeführt. Der Steuerabzug entfaltet grundsätzlich Abgeltungswirkung (§ 32 Abs. Abs. 1 KStG). Mangels DBA mit Chile hätte sich eine Entlastung nur auf § 44a Abs. 9 EStG stützen lassen. Die Klägerinnen argumentierten, dass durch die Erzielung der Dividenden über eine gewerblich geprägte KG eine Veranlagungsoption bestünde, da die betreffenden Einkünfte in einem inländischen Betrieb der beschränkt Steuerpflichten angefallen seien (§ 32 Abs. Abs. 1 Nr. 2 KStG). Folge dessen wäre die 95%ige Steuerfreistellung gemäß § 8b Abs. 1, Abs. 5 KStG gewesen.

Dieses Ergebnis konnte der BFH im vorliegenden Urteil nicht abschließend bestätigen und verwies die Entscheidung an die Vorinstanz (FG Bremen) zurück. Grund dafür war die Unklarheit, ob die betreffenden Dividenden wirtschaftlich durch den inländischen Betrieb veranlasst werden – maW: dem inländischen Betrieb (KG) zuzurechnen waren.

Nach Ansicht des BFH fingiert § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG gewerbliche Einkünfte, sodass sich auch die bloße vermögensverwaltende Tätigkeit – hier: inländische Vermietungstätigkeit und das Halten einer inländischen Beteiligung – vollumfänglich als Gewerbebetrieb qualifiziert. Eine beschränkte Steuerpflicht ist nach § 49 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a) EStG gegeben, wenn dieser (fiktive) Gewerbebetrieb im Inland eine Betriebsstätte unterhält. Jeder Gewerbebetrieb verfügt zumindest über eine Stätte der Geschäftsleitung, die vorliegend durch den Geschäftsführer der inländischen Komplementär-GmbH vermittelt wurde. Eine aktive gewerbliche Tätigkeit iSd § 15 Abs. 1 Nr. 1 EStG ist insoweit nicht erforderlich. Mithin lag ein inländischer Betrieb – wegen der inländischen Geschäftsleitungsbetriebsstätte – vor, weshalb grundsätzlich auch die Veranlagungsoption gemäß § 32 Abs. 1 Nr. 2 KStG in Betracht käme.

Allerdings müssen die betreffenden Dividenden auch im inländischen Betrieb anfallen, dh wirtschaftlich durch diesen Betrieb veranlasst sein. Aufgrund des grenzüberschreitenden Sachverhalts genügt der bloße Ausweis im Gesamthandsvermögen der KG – also die rechtliche Zuordnung – aber nicht. Es bedarf auch der wirtschaftlichen Veranlassung; also der Zuordenbarkeit. Dies war vorliegend fraglich und bedurfte weiterer Feststellungen, weshalb die Entscheidung letztlich nicht abschließend entschieden werden konnte und an das FG Bremen zurückgewiesen wurde.

Sofern auch die wirtschaftliche Veranlassung bestanden hätte, wären die beschränkt steuerpflichtigen Kapitalgesellschaften in den Genuss der Steuerbefreiung nach § 8b Abs. 1, Abs. 5 KStG gekommen, ohne die Prüfung des § 50d Abs. 3 EStG durchlaufen zu müssen. Vor diesem Hintergrund ist die Entscheidung überaus praxisrelevant, auch wenn sie kein endgültiges Ergebnis parat hält.

Quintessenz der Entscheidung

Die Leitplanken lassen sich komprimiert wie folgt setzen: Liegt ein inländischer Betrieb vor, ist die Veranlagungsoption grundsätzlich möglich; die Abgeltungswirkung des Steuerabzugs wird suspendiert. Voraussetzung für einen inländischen Betrieb ist eine inländische Betriebsstätte (notfalls die Geschäftsleitungsbetriebsstätte); eine aktiv-gewerbliche Tätigkeit hingegen nicht. Schließlich müssen die fraglichen Einkünfte diesem inländischen Betrieb auch wirtschaftlich zuzurechnen rein, dh dem Betrieb in irgendeiner Form dienen. Sind diese Voraussetzungen erfüllt, könnten anstelle des 25%igen KESt-Abzugs etwa Dividenden steuerfrei vereinnahmt werden. Entscheidend ist indes, dass man sich den strengen Anforderungen des § 50d Abs. 3 EStG – ungeachtet der unionsrechtlichen Problematik (dazu Süß) – entledigen kann.

Folgen für DBA-Fälle

Die Existenz eines DBA ist für die vorstehende Beurteilung vollkommen unbeachtlich.

  1. Hat der BFH erst jüngst entschieden, dass die DBA-Bestimmungen auf das nationale Rechtsverständnis nicht einwirken können (BFH vom 20.7.2016 – I R 50/15).
  2. Sofern man bereits nach innerstaatlicher Würdigung zum Ergebnis der Steuerbefreiung nach § 8b Abs. 1, Abs. 5 KStG gelangt – was über § 8b Abs. 6 KStG auch für Mitunternehmerschaften gilt – bedarf es keiner DBA-Anwendung mehr; zumal auch die 5%ige Schachtelstrafe durch ein DBA nicht vermieden wird (BFH vom 22.9.2016 – I R 29/15). Nur bei einer Steuerpflicht nach § 8b Abs. 4 (Satz 5) KStG – oder für beschränkt steuerpflichtige, natürliche Personen – wird ein DBA überhaupt relevant, kann aber den innerstaatlich bestehenden Besteuerungsanspruch nur einschränken, nicht erweitern. Gewerbesteuerlich wären zudem die Voraussetzungen des § 9 Nr. 7 GewStG maßgebend, wobei auf die unionsrechtlich problematischen Einschränkungen gegenüber Drittstaaten hinzuweisen ist (siehe Schlussantrag des GA vom 7.2.2018 – C-685/16)
  3. Würden bei Zuordnung der Beteiligung zu einer ausländischen Betriebsstätte keine beschränkt steuerpflichtigen Einkünfte vorliegen, die unter den DBA-Schutz fallen würden.

Auswirkungen für Outbound-Fälle

Die Entscheidung ist auch für Outbound-Situationen relevant. Bei Zuordnung zu einer ausländischen Betriebsstätte sind insbesondere die gewerbesteuerlichen Konsequenzen fraglich. Grundsätzlich denkbar wäre eine Kürzung ausländischer Betriebsstättengewinne gemäß § 9 Nr. 2 GewStG. Gleichwohl sollten die Ergänzungen des § 7 GewStG – dort vorliegend insbesondere Satz 8 – nicht übersehen werden. Sofern die Kürzung wegen § 9 Nr. 2 Satz 2 Halbs. 2 iVm § 7 Satz 8 GewStG ausscheidet, bleibt gleichwohl § 9 Nr. 7 GewStG zu prüfen.

Implikationen für Veräußerungsvorgänge

Für Veräußerungsvorgänge sollte bei Zuordnung zum inländischen Betrieb die Steuerfreistellung nach § 8b Abs. 2, Abs. 3 KStG maßgebend sein. Bei Zuordnung zur ausländischen Betriebsstätte wären die Voraussetzungen für die beschränkte Steuerpflicht näher zu prüfen – insb. § 49 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. e) EStG. Für diese Fälle jedenfalls scheidet die 5%ige Schachtelstrafe mangels inländischen Betriebes aus (BFH vom 31.05.2017 - I R 37/15, Weiss).

Ein Veräußerungsvorgang könnte auch angenommen werden, wenn aufgrund des schwindenden Veranlassungszusammenhangs die Zuordnung vom inländischen Betrieb zum ausländischen Betrieb erfolgt. Folge dessen wäre die Steuerentstrickung der Anteile, für welche aber wiederum § 8b Abs. 2, Abs. 3 KStG einschlägig wäre. Zu prüfen wäre dann die Möglichkeit einer Steuerstundung in EU/EWR-Fällen; das Gesetz beschränkt diese Option in unionsrechtlich fraglicher Weise nur auf unbeschränkt Steuerpflichtige.