Und es gibt sie doch – Corona-Hilfen für gemeinnützige Organisationen

23.04.2020

Darstellungen in den Medien erwecken teilweise den Eindruck, gemeinnützige Organisationen seien von staatlichen bzw. staatlich geförderten Finanzhilfen in der Corona-Krise ausgeschlossen. Behauptet wird etwa, gemeinnützige Organisationen erhielten keine Mittel aus dem KfW-Sonderprogramm 2020, weil sie „keine Unternehmen“ seien. Dies ist so pauschal nicht richtig. Auch gemeinnützige Organisationen können an staatlicher und staatlich geförderter Finanzhilfe partizipieren. Und zwar auch über Zuschüsse für den Wohlfahrtsbereich (Stichwort: „SodEG”) hinaus.

Steuerpflichtige wirtschaftliche Geschäftsbetriebe

Wenn sich Förderprogramme ausschließlich an „gewerbliche Unternehmen” mit „Gewinnerzielungsabsicht” richten und dabei u.a. an die Gewerbesteuerpflicht anknüpfen, so fallen gemeinnützige Organisationen mit ihren steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieben darunter. Manche Förderrichtlinien wie bspw. die der Bayerischen Staatsregierung stellen heraus, dass der Förderung nicht entgegensteht, wenn ein Antragsteller nur partiell steuerpflichtig und im Übrigen steuerbefreit ist. Insoweit gelten die allgemeinen Förderkriterien, insbesondere die Anzahl Mitarbeiter, die dem steuerpflichtigen Bereich nachweislich angehören.

Zweckbetriebe

Auch ertragsteuerfreie Zweckbetriebstätigkeiten gemeinnütziger Organisationen können nach unserer Einschätzung begünstigt sein. Denn auch sie sind wirtschaftliche Aktivitäten am Markt. Dies gilt auch dann, wenn der gemeinnützige Träger mit den Zweckbetriebstätigkeiten zwar Einnahmen-, aber keine Gewinnerzielungsabsicht hat.

 

Die Gewährung staatlicher Beihilfen beruht auf der „Bundesregelung Kleinbeihilfen 2020” vom 19. März 2020; die Europäische Kommission hat diese am 24. März 2020 genehmigt. Beihilfeberechtigt sind danach „Unternehmen”. Nach der KMU-Definition der EU-Kommission, auf die viele Förderprogramme explizit abstellen, gilt als Unternehmen – rechtsformunabhängig – jede Einheit, die eine wirtschaftliche Tätigkeit ausübt.

 

Das baden-württembergerische Wirtschaftsministerium bestätigt auf seiner Website: Auch gemeinnützige Organisationen fallen unter die KMU-Definition, sofern sie wirtschaftlich tätig sind. Auf dieser Linie liegt die Bayerische Staatsregierung, die klarstellt, dass auch voll steuerbefreite Antragsteller gefördert werden, sofern sie dauerhaft am Markt agieren. In diese Richtung geht auch der Hinweis des nordrhein-westfälischen Wirtschaftsministeriums („NRW-Soforthilfe 2020”) auf die Kita-Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur wirtschaftlichen Betätigung von Vereinen. Entscheidend ist die Erbringung von Leistungen am Markt gegen Entgelt; die Ertragsteuerbefreiung wegen Gemeinnützigkeit ist unschädlich.

Auf diese Zusammenhänge sollten notleidende gemeinnützige Organisationen die beihilfegebenden Stellen hinweisen. Hingegen steht wie beispielsweise in Hessen die Beschränkung auf gemeinnützige Sozialunternehmen in der Rechtsform der GmbH in Widerspruch zur Rechtsformneutralität des KMU-Begriffs, auf den im Allgemeinen abgestellt wird.

Besondere Förderprogramme

Für originär gemeinnützige Aktivitäten im ideellen Bereich und in der Zweckbetriebssphäre bestehen daneben je nach Bundesland und Branche besondere Förderprogramme, etwa im Kultur- und im Sportbereich. Mitunter wird die Förderung an wirtschaftliche Aktivitäten angeknüpft. Mitunter explizit ausgenommen werden Vereine, die sich überwiegend aus Mitgliedsbeiträgen, öffentlichen Zuschüssen und Entgelten aus Sponsoringleistungen finanzieren. Für solche Vereine bestehen teilweise besondere Hilfsprogramme, z.B. in Nordrhein-Westfalen für nicht unternehmerisch tätige gemeinnützige Sportvereine.

Daneben bieten einzelne Kreditinstitute, teilweise in Zusammenarbeit mit anderen Organisationen, lokalen gemeinnützigen Körperschaften Finanzhilfen an.

Gutscheinlösung im Veranstaltungsvertragsrecht

Für bestimmte gemeinnützige Einrichtungen könnte zudem die angedachte, im Deutschen Bundestag gestern in erster Lesung debattierte Gutscheinlösung im Veranstaltungsvertragsrecht vorübergehend Liquiditätsengpässe abmildern. Veranstalter von Musik-, Kultur-, Sport- und sonstigen Veranstaltungen sollen berechtigt sein, bei nicht stattgefundenen Veranstaltungen bzw. geschlossenen Einrichtungen einen Gutschein für bereits gezahlte Nutzungsentgelte auszustellen. Erst am 31. Dezember 2021 müsste das Geld ausgezahlt werden, sofern der Gutschein bis dahin nicht eingelöst wurde. Die Regelung hat daher den Effekt einer zinslosen Stundung des Rückzahlungsanspruchs. Ohne sie wären die Veranstalter regelmäßig verpflichtet, den Eintrittspreis bzw. das Nutzungsentgelt sofort zurückzuerstatten. Es sei denn, der Vertragspartner erklärt sich freiwillig mit der Ausstellung eines Gutscheins einverstanden.

Bildungsveranstaltungen und -einrichtungen nennt der Gesetzesentwurf nicht ausdrücklich. Doch gerade sie sind von Schließungen und Absagen betroffen. Ausgeschlossen sein sollen alle Veranstaltungen mit beruflichem Kontext, bspw. berufliche Fortbildungen sowie Seminare und Kongresse, die sich vorrangig an ein Fachpublikum wenden. Andere Veranstaltungen, bspw. Sprachkurse, könnten jedoch je nach Ausrichtung in den Anwendungsbereich fallen. Eine Prüfung im Einzelfall kann sich also lohnen.

Liquiditätshilfen nach dem geänderten Weiterbildungsgesetz

Daneben können Bildungseinrichtungen, die nach den Weiterbildungsgesetzen der Länder anerkannte Einrichtung sind, von Liquiditätshilfen nach dem jeweiligen geänderten Weiterbildungsgesetz profitieren. So können Bildungseinrichtungen bspw. in NRW Förderung nach dem Weiterbildungsgesetz auch dann erhalten, wenn sie die erforderlichen Unterrichtsstunden oder Teilnehmertage infolge pandemiebedingter Schließungen im Jahr 2020 nicht erbringen können.

Erstattungsansprüche nach dem Infektionsschutzgesetz?

Mittlerweile versuchen die ersten kommerziellen Unternehmen, wegen Betriebsschließungen Erstattungsansprüche nach dem Infektionsschutzgesetz durchzusetzen. Entschädigungsansprüche sieht das Infektionsschutzgesetz ausdrücklich allerdings nur für Personen vor, die aufgrund einer Quarantäneanordnung oder wegen selbst durchgeführter Kinderbetreuung einen Verdienstausfall erleiden. Daneben gibt es einen Entschädigungsanspruch auch für gemeinnützige Unternehmen, u.a. wenn sie durch bestimmte Maßnahmen auf Grundlage des Infektionsschutzgesetzes bspw. einen nicht nur unwesentlichen Vermögensnachteil erleiden.

Bislang stehen die Länder auf dem Standpunkt, dass die Betriebsschließungen nicht zu den einen Entschädigungsanspruch auslösenden Maßnahmen gehören, sondern sich auf eine andere Norm im Infektionsschutzgesetz stützen lassen. Nach unserer Ansicht ist diese Interpretation jedoch keinesfalls zwingend.

Weitere Anspruchsgrundlagen

Neben dem Infektionsschutzgesetz gibt es noch verschiedene andere denkbare Anspruchsgrundlagen für eine Entschädigung. Zu unterscheiden sind dabei einerseits Ansprüche, die ein rechtswidriges Handeln des Staates voraussetzen, und andererseits Ansprüche, die auch bei einem rechtmäßigen Verhalten eingreifen können. Nach unserer Ansicht kann der mit den Betriebsschließungen verbundene tiefgreifende Eingriff in die Grundrechte in bestimmten Fällen nur dann (weiterhin) rechtmäßig sein, wenn er durch Entschädigungen abgemildert wird. Ob solche Ansprüche am Ende erfolgreich durchgesetzt werden könnten, ist noch ungewiss. Zudem ist zu beachten, dass Schäden – unabhängig auf welcher Grundlage – grundsätzlich nur ersetzt werden können, wenn alles Zumutbare zur Schadensminimierung unternommen wurde, einschließlich der Beantragung staatlicher Hilfe oder Anordnung von Kurzarbeit.

Notleidende gemeinnützige Organisationen sollten also auf jeden Fall prüfen, ob und welche Förderung ihnen in der Corona-Krise zusteht.