Standard für Nachhaltigkeitsberichterstattung von KMU veröffentlicht

06.02.2024 | FGS Blog

Am 22. Januar 2024 hat der europäische Standardsetter EFRAG einen Standardentwurf für einen Nachhaltigkeitsbericht nicht-kapitalmarktorientierter KMU veröffentlicht (sog. ESRS VSME - voluntary sustainability reporting by SMEs). Ziel des Entwurfs ist es, europaweit einheitliche Vorgaben für ein freiwilliges ESG-Reporting zu machen. Dies soll die Lücke zu berichtspflichtigen großen Unternehmen schließen. Der Entwurf besitzt die Chance, eine allgemein anerkannte Berichtsgrundlage für eine Vielzahl von Unternehmen des deutschen Mittelstands zu etablieren.

Erfordernis eines ESG-Reporting für kleine und mittelgroße Unternehmen

Eine Vielzahl von kleinen und mittelgroßen Unternehmen in Deutschland und der EU sehen sich einer Flut an Anfragen zu ESG-Kennzahlen gegenüber. Die Anfragen stammen von verschiedenen Interessenträgern, wie Lieferanten, Kunden, Banken, Versicherungen oder auch aus der allgemeinen Öffentlichkeit. Das Interesse variiert, angefangen vom allgegenwärtigen CO2-Fußabdruck, zum Verbrauch fossiler Energieträger, zu Angaben zur Luft-, Boden- oder Wasserverschmutzung bis hin zu konkreten Angaben zur eigenen Belegschaft, wie zum Beispiel zum Gender-Pay-Gap.

Dem begründeten Interesse an solchen Angaben steht zugleich die Herausforderung der Ermittlung gegenüber. Begrenzte personelle Kapazität, fehlende interne Berichtswesen- und Compliance-Strukturen sind hier zu nennen.

Vor diesem Hintergrund hat die EFRAG einen einheitlichen Standardentwurf veröffentlicht. Dieser soll das Dilemma zwischen einem möglichst detaillierten Informationsbedürfnis einerseits und einer effizienten Umsetzung in der Praxis andererseits lösen. In einer Konsultationsphase bis zum 21. Mai 2024 kann der Entwurf online kommentiert werden.

Überblick ESG-Reporting nach dem Standardentwurf

Der Entwurf sieht einen dreistufigen modulartigen Aufbau vor. Die jeweiligen Module sollen individuell wählbar sein, wobei das erste Modul, das sog. Basis-Modul (basic module) die „verpflichtende“ Grundlage bildet. Es definiert zwei allgemeine Angaben sowie zehn inhaltliche Aspekte aus allen drei ESG-Bereichen, mit Schwerpunkt auf Umweltaspekten. Die Vorgaben orientieren sich an den bereits verabschiedeten ESRS-Standards, beinhalten allerdings deutliche Erleichterungen.

Hervorzuheben sind exemplarisch zwei Aspekte:

  • Energie- und Treibhausgasemissionen (THG-Emissionen): Gesamtenergieverbrauch in MWh unter Berücksichtigung der Menge an fossilen Energieträgern angeben sowie THG-Emissionen begrenzt auf Angaben zur Scope 1- und Scope 2-Emission ermitteln. Umfassende Angaben zur vor- und nachgelagerten Emission (Scope 3) werden nicht verlangt.
  • Angaben zur geschlechterspezifischen Entlohnung sind auf Basis der Berechnung eines Stundenlohns für männliche und weibliche Beschäftigte (losgelöst von der beruflichen Qualifikation) zu machen, sofern das Unternehmen mehr als 150 Mitarbeiter hat.

Die beiden weiteren Module basieren auf den Angaben entsprechend dem Basis-Modul und erweitern die Angaben. Grundlage ist eine Wesentlichkeitsanalyse. Diese erfolgt angelehnt an die Vorgaben für große Unternehmen, d.h. analog zur doppelten Wesentlichkeitsanalyse. Das zweite Modul fokussiert sich auf Erläuterungen zur Nachhaltigkeitsstrategie und Entwicklung des Unternehmens. Das dritte Modul bezieht sich im Wesentlichen auf Angaben entlang der Wertschöpfungskette und würde z.B. auch zusätzliche Angaben zur THG-Emission (Scope 3) verlangen, sofern diese als wesentlich betrachtet wird.

Der Entwurf sieht eine jährliche Berichterstattung vor, die optional als Teil des Lageberichts oder als eigenständiger Bericht umgesetzt werden kann. Dieses Wahlrecht ist notwendig, da die Mehrzahl der betroffenen Unternehmen nicht über einen Lagebericht verfügt.

Fazit und Beurteilung des Entwurfs

Der Vorstoß der EFRAG ist zu begrüßen. Um das EU-Ziel der Klimaneutralität 2050 zu erreichen, sollten auch Kleinstunternehmen, kleine und mittelgroße Unternehmen ihren Beitrag leisten. Ein Großteil des deutschen Mittelstands fällt in diesen Bereich. Diese Unternehmen sind jedoch mittlerweile ohnehin einer Flut an Anfragen ausgesetzt. Klare Vorgaben für eine freiwillige Umsetzung sind daher ein notwendiger Schritt.

Die Kommentierungsphase wird zeigen, welche Angaben es in einen finalen Standard schaffen werden. So dürften vereinzelte Vorgaben noch wegfallen, auch wenn die EFRAG mit dem modulartigen Ansatz einen guten Kompromiss gefunden hat. Es ist allerdings zu hoffen, dass die Pflichtangaben nicht zu sehr reduziert werden. So sollte der Unterschied zwischen einer freiwilligen und einer verpflichtenden Berichterstattung großer Unternehmen nicht allzu groß sein.

Insgesamt empfiehlt es sich, als betroffenes Unternehmen die anstehende Diskussion zu beobachten. Es gilt, rechtzeitig eine Entscheidung zu treffen, ob man sich an die Vorgaben freiwillig halten will. Insgesamt dürfte dies zu empfehlen sein. Es ist zu erwarten, dass Banken/Versicherungen oder wesentliche Kunden und Lieferanten die Angaben ohnehin abfragen werden. Eine proaktive Anwendung trägt zu einer transparenten Beurteilung positiv bei.