Neue Regeln zur hybriden und virtuellen Beschlussfassung

10.02.2023 | FGS Blog

Die Sonderregelungen für virtuelle Mitgliederversammlungen sowie virtuelle Sitzungen von Stiftungs- und Vereinsvorständen oder sonstiger Organe waren nach mehrfacher Verlängerung zum 31.8.2022 ausgelaufen. Nun hat der Gesetzgeber eine dauerhafte Möglichkeit zur digitalen Beschlussfassung geschaffen – allerdings ohne Rückwirkung.

Bis Ende August 2022 geltende Rechtslage

Digitale und hybride Sitzungen gehören seit knapp drei Jahren zum Alltag vieler Vereine und Stiftungen. Möglich machte dies eine vorübergehende pandemiebedingte gesetzliche Sonderregelung. Danach konnten Organe Beschlüsse – in Abweichung zur regulären Gesetzeslage –in digitaler Form fassen. Eine Satzungsregelung oder eine Zustimmung aller Organmitglieder war nicht erforderlich. Nachdem die Sonderregelung seit dem 1.9.2022 nicht mehr gilt, hat der Gesetzgeber nun endlich reagiert und mit der Ergänzung des § 32 BGB eine dauerhafte Regelung geschaffen. Am 9.2.2023 hat der Bundestag das Gesetz in der Fassung der Beschlussempfehlung des Rechtsausschusses (BT-Drucks. 20/5585) beschlossen. Eine Zustimmung des Bundesrates ist nicht erforderlich.

Neu: Generelle Zulässigkeit von hybriden Versammlungen und Sitzungen

Die gesetzliche Neuregelung sieht vor, dass zukünftig jeder Verein ohne Satzungsermächtigung hybride Mitgliederversammlungen durchführen kann. Über die Verweisungen in § 28 und § 86 BGB bzw. (ab 1.7.2023) § 84b BGB gilt dies auch für Sitzungen der Vereins- und Stiftungsvorstände sowie anderer Vereins- und Stiftungsorgane. Die Entscheidung, ob eine hybride Sitzung oder eine Präsenzsitzung durchgeführt wird, obliegt dem Einberufungsorgan, sofern die Satzung keine andere Regelung vorsieht.

Entscheidet sich das Einberufungsorgan für eine hybride Sitzung, muss es in der Einladung angeben, wie die Mitglieder ihre Rechte im Wege der elektronischen Kommunikation ausüben können. Anders als noch im Gesetzgebungsverfahren diskutiert, können neben Videokonferenztechnik auch alle anderen elektronischen Kommunikationsmittel verwendet werden, so dass bspw. auch die Teilnahme per Telefonkonferenz oder Chat möglich ist. Bei einer hybriden Sitzung können die Teilnehmer selbst entscheiden, ob sie digital oder vor Ort teilnehmen.

Neu: Rein virtuelle Versammlungen und Sitzungen nach Beschluss

Neben hybriden Versammlungen/Sitzungen sind auch rein virtuelle Versammlungen/Sitzungen möglich, allerdings nur, wenn die Mitglieder des betroffenen Organs dies durch Beschluss vorsehen. Eine Aufnahme in der Satzung ist nicht erforderlich. Der Beschluss ist mit der für einfache Beschlüsse vorgesehenen Mehrheit zu fassen, also in der Regel mit der Mehrheit der abgegebenen Stimmen. 

Es empfiehlt sich daher, auf der nächsten Mitgliederversammlung bzw. Organsitzung einen Beschluss darüber zu fassen, ob das Berufungsorgan ermächtigt wird, zukünftig auch zu rein virtuellen Versammlungen einzuladen. Im Unterschied zur hybriden Versammlung müssen dann alle Teilnehmer virtuell teilnehmen. Der Beschluss kann für einzelne oder alle künftigen Veranstaltungen gelten. Enthält die Satzung bereits eine Regelung, wonach rein virtuelle Sitzungen möglich sind, muss kein Beschluss gefasst werden. Wenn eine Geschäftsordnung existiert, kann dies auch darin geregelt werden. Wenn für die Erstellung und Änderung der Geschäftsordnung allerdings nicht das Organ selbst zuständig ist, muss zusätzlich von dem betroffenen Organ ein Beschluss über die Zulässigkeit der virtuellen Sitzung gefasst werden.

Keine Erleichterungen für schriftliche Umlaufbeschlüsse

Die pandemiebedingten Erleichterungen in Bezug auf schriftliche Beschlussfassungen außerhalb von (virtuellen/hybriden/Präsenz-) Sitzungen wurden nicht ins BGB übernommen. Hier gilt also weiter die seit dem 1.9.2022 wieder geltende Vor-Corona-Rechtslage. Das heißt schriftliche Umlaufbeschlüsse sind ohne Satzungsregelung nur wirksam, wenn alle Mitglieder zustimmen (§ 32 Abs. 3 BGB). Sollen zukünftig weiterhin auch im schriftlichen Umlaufverfahren Beschlüsse ohne Zustimmung aller Mitglieder gefasst werden können, muss dies in der Satzung vorgesehen werden. 

Keine Rückwirkung der Neuregelung

Die ursprünglich vorgesehene Rückwirkung zum 1.9.2022, die eine nahtlose Anknüpfung an die pandemiebedingten Erleichterungen bedeutet hätte, wurde leider nicht umgesetzt. Die Neuregelung tritt stattdessen am Tag nach der Verkündung in Kraft.

Mangels Rückwirkung der gesetzlichen Neuregelung bleibt es bei der „Lücke“ zwischen Auslaufen der pandemiebedingten Erleichterungen und dem Inkrafttreten der Neuregelung. Organbeschlüsse, die seit dem 1.9.2022 in digitaler Form gefasst wurden, sind daher nichtig, wenn es an einer Satzungsermächtigung bzw. Zustimmung aller Mitglieder fehlte. Diese Beschlüsse müssen daher wiederholt werden, was nach Inkrafttreten der Neuregelung im Rahmen einer hybriden Sitzung möglich ist.