Missbrauchsvermeidungsregelung § 50d Abs. 3 EStG auf EU-Fälle nicht mehr anwendbar

11.04.2018

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat in der Entscheidung „Deister u.a.“ (C-504/16 vom 20. Dezember 2017) die Europarechtswidrigkeit der Missbrauchsvermeidungsregelung des § 50d Abs. 3 EStG in der Fassung des Jahressteuergesetzes 2007 festgestellt (siehe Blogpost vom 15. Januar 2017). Bereits damals wurde angenommen, dass diese Entscheidung auch für die aktuell gültige Regelung mindestens Signalwirkung haben würde. Dies hat sich nun bestätigt.

Keine Anwendung auf Fälle, die unter die Mutter-Tocher-Richtlinie fallen

Das Bundesfinanzministerium hat ein Schreiben veröffentlicht (IV B 3 - S 2411/07/10016, DOK2018/0148776 vom 4. April 2018), in dem es die Anwendung auch des aktuellen § 50d Abs. 3 EStG für Fälle ausschließt, die unter die Mutter-Tocher-Richtlinie fallen. Insoweit nimmt es eine Entscheidung in den diesbezüglich anhängigen Fällen beim EuGH vorweg.

 

Nunmehr wird in diesen Fällen auch die Verwaltung von Wirtschaftsgütern als Teilnahme am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr angesehen, wenn die Gesellschaft ihre Rechte als Gesellschafterin tatsächlich ausübt. Auch wird nicht zwingend vorausgesetzt, dass der für die Verwaltung von Wirtschaftsgütern erforderliche angemessenen eingerichtete Geschäftsbetrieb ständig sowohl geschäftsleitendes als auch anderes Personal beschäftigt. Eine Erstattung der Kapitalertragsteuer soll jedoch weiter ausgeschlossen sein, wenn sich aus einer Gesamtwürdigung der Umstände des Einzelfalls ergebe, dass mit der Einschaltung der ausländischen Gesellschaft im Wesentlichen nur ein steuerlicher Vorteil bezweckt werden soll. Damit werden nicht nur die Rechtsgrundsätze aus der „Deister“-Entscheidung umgesetzt, sondern ausgehend von der Entscheidung insoweit auch die Europarechtswidrigkeit der aktuellen Fassung der Norm faktisch anerkannt.

§ 50d Abs. 3 EStG gilt weiter in DBA-, Drittstaats- oder EWR-Fällen

Allerdings wird diese erfreuliche Nachricht durch die im BMF-Schreiben nicht genannten Sachverhaltskonstellationen getrübt: Beispielsweise in DBA-, Drittstaats- oder auch EWR-Fällen soll demnach § 50d Abs. 3 EStG weiter unverändert Anwendung finden. Ob dieses Vorgehen zutreffend ist, darf mit guten Argumenten bezweifelt werden. Auch hier finden die zur alten Fassung vom EuGH geltend gemachten Zweifel an der Norm grundsätzlich Anwendung.