Entwurf eines Gesetzes zur Ermöglichung digitaler Mitgliederversammlungen im Vereinsrecht

13.05.2022 | FGS Blog

Gastbeitrag von Professor Dr. Lars Leuschner, Universität Osnabrück

 

Der Freistaat Bayern hat einen Gesetzesantrag in den Bundesrat eingebracht, wonach es Vereinen zukünftig (dauerhaft) möglich sein soll, auch ohne entsprechende Satzungsregelung Mitgliederversammlungen im Wege der elektronischen Kommunikation durchzuführen (Entwurf). Die Änderung soll am 1. September 2022 in Kraft treten und die pandemiebedingte Sonderregelung des § 5 Abs. 2 Nr. 1 COVMG ersetzen, welche zum 31. August 2022 außer Kraft tritt. Konkret vorgeschlagen wird, § 32 BGB um folgenden Absatz 1a zu ergänzen:

 

"(1a) Der Vorstand kann auch ohne Ermächtigung in der Satzung vorsehen, dass Vereinsmitglieder an der Mitgliederversammlung ohne Anwesenheit am Versammlungsort teilnehmen und Mitgliederrechte im Wege der elektronischen Kommunikation ausüben können."

 

Eine Abweichung vom bisherigen § 5 Abs. 2 Nr. 1 Hs. 2 COVMG beinhaltet der Vorschlag insoweit, als die Worte „oder müssen“ gestrichen wurden. Dadurch soll klargestellt werden, dass Mitgliedern, die die virtuelle Teilnahme ablehnen, die Möglichkeit der präsenten Teilnahme eröffnet bleiben muss. Im Ergebnis bedeutet das: Sofern nicht alle Mitglieder der rein virtuellen Mitgliederversammlung zustimmen, ist lediglich eine sog. hybride Versammlung möglich, bei der sich ein Teil der Mitglieder in Präsenz am Veranstaltungsort zusammenfindet, während andere Mitglieder virtuell teilnehmen.

Einordnung

Der Vorschlag ist zu begrüßen. Ein ersatzloses Auslaufenlassen des § 5 Abs. 2 Nr. 1 COVMG hätte zur Folge, dass viele Vereine, die sich an die Vorzüge der virtuellen Versammlung gewöhnt haben, für die Zeit nach dem 31. August 2022 eine  Satzungsgrundlage schaffen müssten. Der damit (auch für die Registergerichte) verbundene Aufwand erscheint unnötig und sollte vermieden werden. Dass sich der Entwurf der Sache nach auf die Ermöglichung einer hybriden Versammlung beschränkt, mag auf den ersten Blick etwas halbherzig wirken.

 

Tatsächlich dürfte die Einschränkung aber wohl auf der berechtigten Annahme beruhen, dass eine weitergehende Regelung politisch schwer durchzusetzen wäre. Sie erscheint insoweit verschmerzbar, als es Vereinen, die auch zukünftig rein virtuelle Mitgliederversammlung durchführen wollten, unbenommen bleibt, hierfür durch entsprechende Satzungsänderung eine Grundlage zu schaffen. Da hierfür gemäß § 33 Abs. 1 Satz1 BGB die Mehrheit von drei Vierteln der abgegebenen Stimmen genügt, lässt sich dies auch gegen eine (kleine) Minderheit durchsetzen.