DCGK 2019: Empfehlungen zu Vorstandsvergütung und Unabhängigkeit der Aufsichtsratsmitglieder

02.09.2019

Mit der neuen Fassung des Corporate Governance Kodex hat die Regierungskommission „Deutscher Corporate Governance Kodex“ das Regelwerk einer umfassenden Prüfung unterzogen. Neben zahlreichen materiellen Änderungen wurde auch die Struktur des Kodex überarbeitet. Damit handelt es sich 17 Jahre nach Einführung des Kodex um die bislang umfangreichste und grundlegendste Reform. Der neue Kodex wird erst nach Inkrafttreten des ARUG II – vermutlich im Herbst 2019 – beim Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz zur Veröffentlichung eingereicht.

Strukturelle Neuerungen im DCGK

Die wesentliche Neuerung mit Blick auf die Struktur des Corporate Governance Kodex ist die Einführung sog. Grundsätze, die den jeweiligen Empfehlungen (gekennzeichnet durch das Wort „soll“) und Anregungen (gekennzeichnet durch das Wort „sollte“) vorangestellt sind. Dabei ersetzen die insgesamt 25 Grundsätze die bisher enthaltenen umfassenden Gesetzeswiedergaben. Sie stellen stattdessen die wichtigsten gesetzlichen Regelungen zur Corporate Governance einer deutschen börsennotierten Gesellschaft kurz und prägnant dar. Dies führt insbesondere zu einer Verbesserung der Verständlichkeit des DCGK.

 

Die Grundsätze spiegeln somit die wesentlichen rechtlichen Vorgaben verantwortungsvoller Unternehmensführung wider. Hingegen handelt es sich bei den Empfehlungen und Anregungen um weitergehende Konkretisierungen mit unterschiedlicher Bindungswirkung. Während Unternehmen bei Nichtanwendung von Empfehlungen die Abweichungen jährlich offenlegen und begründen müssen („comply or explain“), können sie bei Anregungen ohne Offenlegung abweichen. Eine Abweichung soll Unternehmen die Möglichkeit geben, branchen- oder unternehmensspezifische Besonderheiten zur Erzielung einer guten Corporate Governance zu berücksichtigen.

 

Daneben wurde im Rahmen der Reform die Gliederung des Corporate Governance Kodex geändert. Die neu formulierten Kapitel des DCGK umfassen insbesondere die Themen Aufgaben, Arbeitsweise, Besetzung/Zusammensetzung sowie Vergütung des Vorstands/Aufsichtsrats. Zudem gibt es gesonderte Kapitel zu den Themen Interessenkonflikte und Transparenz bzw. externe Berichterstattung.

Inhaltliche Neuerungen des Kodex

Die wesentlichen inhaltlichen Neuerungen der Reform des DCGK betreffen die Themen Vorstandsvergütung, Unabhängigkeit des Aufsichtsrats sowie Berichterstattung:

Vorstandsvergütung

Der Corporate Governance Kodex 2019 umfasst insgesamt 16 überwiegend neue Empfehlungen zur Vorstandsvergütung. Ziel ist dabei, anhand des Vergütungssystems die Anreize für das Handeln des Vorstands so zu setzen, dass dieses die Geschäftsstrategie und die langfristige Entwicklung der Gesellschaft fördert. Wesentlicher Eckpfeiler ist hierbei das Konzept einer Ziel- und Maximal-Gesamtvergütung. Die Ziel-Gesamtvergütung soll sich hierbei aus einer Festvergütung sowie kurz- und langfristigen variablen Vergütungsbestandteilen zusammensetzen. Dabei soll der Anteil der langfristigen variablen Vergütung den Anteil der kurzfristigen variablen Vergütung übersteigen.

 

Daneben sollen sog. Clawback-Klauseln in Vergütungsvereinbarungen aufgenommen werden. Sie geben dem Aufsichtsrat bei außergewöhnlichen Entwicklungen die Möglichkeit, in begründeten Fällen eine variable Vergütung einzubehalten oder zurückzufordern. Im Hinblick auf Vergütungsleistungen für den Fall der vorzeitigen Vertragsbeendigung finden sich im neuen Kodex die Empfehlungen, dass die Zahlungen an ein Vorstandsmitglied weder den Wert von zwei Jahresvergütungen (Abfindungs-Cap) noch den Wert der Restlaufzeit des Anstellungsvertrags überschreiten sollen. Außerdem sollen die Abfindungszahlungen bei Vorliegen eines nachvertraglichen Wettbewerbsverbots auf die Karenzentschädigung angerechnet werden.

Unabhängigkeit des Aufsichtsrats

Mit Blick auf die Unabhängigkeit des Aufsichtsrats ist die wesentliche Neuerung des DCGK 2019 darin zu sehen, dass die Frage der Unabhängigkeit der Anteilseignervertreter zukünftig aus zwei Blickwinkeln zu betrachten ist: die Unabhängigkeit vom Vorstand bzw. der Gesellschaft und die Unabhängigkeit vom kontrollierenden Aktionär. Fehlt die Unabhängigkeit in einem der beiden Fälle, so ist die Unabhängigkeit des jeweiligen Anteilseignervertreters im Ganzen nicht gegeben. Zu beachten ist zudem, dass zukünftig mehr als die Hälfte der Anteilseignervertreter unabhängig vom Vorstand bzw. der Gesellschaft sein soll.

Berichterstattung

Die Änderung im Hinblick auf die Corporate Governance Berichterstattung führt zu einer Vereinfachung. Durch den neuen Grundsatz 22 wird zukünftig die Erklärung zur Unternehmensführung (§ 289f HGB) zum zentralen Instrument der Corporate Governance Berichterstattung. Der nach dem alten Kodex erforderliche Corporate Governance Bericht (Ziff. 3.10 DCGK a.F.) wird damit abgeschafft. Dadurch soll eine Dopplung von Informationen in Zukunft vermieden werden.

Fazit

Durch die umfassende Überarbeitung und Neustrukturierung des Deutschen Corporate Governance Kodex hat die Regierungskommission das Ziel, die Verständlichkeit des Kodex zu verbessern weitgehend erreicht. Dies gilt vor allem hinsichtlich der Unterscheidbarkeit von gesetzlichen Vorschriften und freiwilligen Empfehlungen bzw. Anregungen. Allerdings enthält die Neufassung des DCGK vor allem zu den Themen Vorstandsvergütung und Unabhängigkeit der Aufsichtsratsmitglieder einige neue, komplexe Empfehlungen. Hier bleibt abzuwarten, wie die Akzeptanz durch die Unternehmen ausfällt.