Tax Law

Wachstumschancengesetz zur Stärkung der steuerlichen Forschungsförderung (Teil 2) - Gesetzesentwurf sieht Verbesserungen des FZulG vor

19.07.2023 | FGS Blog

Mit der Forschungszulage existiert in Deutschland seit 2020 eine steuerliche Forschungsförderung. Gegenüber ähnlichen Förderungen anderer OECD-Staaten bleibt die Forschungszulage jedoch insbesondere hinsichtlich ihres Umfangs zurück. So ist sie der Höhe nach begrenzt und berücksichtigt außerdem grundsätzlich nur Personalaufwendungen des Forschung & Entwicklung (F&E) betreibenden Unternehmens. Mit dem Entwurf eines Wachstumschancengesetzes (der „Entwurf“) plant das Bundesministerium der Finanzen (BMF) nun u.a. Änderungen des Forschungszulagengesetzes (FZulG), die die Wettbewerbsfähigkeit der Forschungszulage im internationalen Vergleich deutlich erhöhen könnten. Die wesentlichen Änderungen:

Förderung auch von Materialaufwendungen

Die sogenannte förderfähigen Aufwendungen bilden die Bemessungsgrundlage der Forschungszulage. Bei eigenbetrieblich durchgeführten F&E-Vorhaben sind dies bislang im Wesentlichen die von dem forschenden Unternehmen an seine F&E-Mitarbeitende gezahlten steuerpflichtigen Arbeitslöhne und Zukunftssicherungsleistungen (d.h. insb. Sozialversicherungsbeiträge). Förderfähig sind außerdem die für Auftragsforschung an den Auftragnehmer gezahlten Entgelte, jedoch nur i.H.v. 60%, was pauschal dem Anteil des Personalaufwands im Entgelt entsprechen soll. Die Berücksichtigung von Materialaufwendungen war daher bislang allenfalls mittelbar möglich, indem entsprechende F&E-Vorhaben im Wege der Auftragsforschung durchgeführt wurden.

Der Entwurf sieht nun für Wirtschaftsjahre, die nach dem 31.12.2023 beginnen, zusätzlich eine Förderfähigkeit von Materialaufwendungen vor (§ 3 Abs. 3a FZulG-E). So sollen auch die jährlichen Wertminderungen von abnutzbaren beweglichen Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens (= Abschreibungen) förderfähig sein. Dies jedoch nur, wenn

  • es sich nicht um geringwertige Wirtschaftsgüter (§ 6 Abs. 2 EStG) oder Wirtschaftsgüter, für die ein Sammelposten gebildet wurde (§ 6 Abs. 2a EStG), handelt;
  • das Wirtschaftsgut im begünstigten F&E-Vorhaben ausschließlich eigenbetrieblich verwendet wird und
  • das Wirtschaftsgut für die Durchführung des F&E-Vorhabens erforderlich und unerlässlich ist.

Sofern diese Voraussetzungen nicht während des gesamten Wirtschaftsjahres erfüllt sind, sollen sich die förderfähigen Aufwendungen um ein Zwölftel für jeden Monat mindern, in dem die Voraussetzungen nicht vorliegen. Würde zukünftig beispielsweise ein Wirtschaftsgut des Anlagevermögens nur während eines halben Jahres ausschließlich eigenbetrieblich in einem begünstigten F&E-Vorhaben genutzt, wären auch nur 50% (= 6/12) der jährlichen Abschreibung förderfähig. Welche Voraussetzungen an die „Unerlässlichkeit“ des Wirtschaftsguts zu stellen sind, definiert der Entwurf nicht. Um diesbezügliche Streitigkeiten zwischen den Steuerpflichtigen und der Finanzverwaltung zu vermeiden, soll diese Prüfung der Bescheinigungsstelle Forschungszulage überlassen werden. Bei einer positiven Prüfung ist die Unerlässlichkeit in die Bescheinigung nach § 6 FZulG aufzunehmen.

Durch die Bezugnahme auf das Anlagevermögen bleiben Aufwendungen in Zusammenhang mit Wirtschaftsgütern des Umlaufvermögens nicht förderfähig. Die Erweiterung der förderfähigen Aufwendungen soll außerdem nur für zukünftige Wirtschaftsjahre gelten. Bereits vor dem 1.1.2024 entstandene Materialaufwendungen sollen gemäß der Entwurfsbegründung ausdrücklich nicht förderfähig sein.

Erhöhung des förderfähigen Auftragsentgelts

Der Entwurf sieht außerdem Änderungen bei der Förderfähigkeit von Auftragsforschung vor. So sollen für nach dem 31.12.2023 vergebene Aufträge 70% des vom Auftraggeber gezahlten Entgelts bei diesem förderfähig sein (§ 3 Abs. 4 Satz 2 FZulG-E). Welche Vorteile die Auftragsforschung bei materialintensiven F&E-Vorhaben bringt, wird durch die moderate Erhöhung zukünftig genauer zu prüfen sein. Sie erscheint insbesondere dann vorteilhaft, wenn zur Durchführung des F&E-Vorhabens vor allem Verbrauchsmaterialien (d.h. Wirtschaftsgüter des Umlaufvermögens) benötigt werden.

Verdreifachung der Forschungszulage

Für nach dem 30.6.2020 und vor dem 1.7.2026 entstandene förderfähige Aufwendungen beträgt die Bemessungsgrundlage bislang max. 4 Mio. EUR je Wirtschaftsjahr. Die Forschungszulage beträgt davon 25%, d.h. aktuell max. 1 Mio. EUR.

Mit dem Entwurf soll die Höhe der Forschungszulage zukünftig verdreifacht werden. Es ist vorgesehen, dass die Bemessungsgrundlage für nach dem 31.12.2023 entstandene förderfähige Aufwendungen max. 12 Mio. EUR betragen soll (§ 3 Abs. 5 Nr. 3 FZulG-E). Für nach dem 1.1.2024 beginnende Wirtschaftsjahre würde die Forschungszulage dann max. 3 Mio. EUR betragen.

Beschleunigte Auszahlung der Forschungszulage

Daneben sieht der Entwurf u.a. vor, dass das Finanzamt verpflichtet wird,  die Einkommen- oder Körperschaftsteuervorauszahlungen des letzten noch nicht veranlagten Zeitraums auf die Höhe der festgesetzten Forschungszulage herabzusetzen. Anspruchsberechtigte sollen damit bereits vor der nächsten Einkommen- oder Körperschaftsteuerfestsetzung den wirtschaftlichen Vorteil aus der Forschungszulage erhalten können. Da die Vorauszahlungen allenfalls auf 0 EUR herabgesetzt werden können, kann die festgesetzte Forschungszulage die Herabsetzung übersteigen. Ein verbleibendes „Mehr“ an Forschungszulage wird dann bei der nächsten Veranlagung ausgezahlt. Hieraus dürfte F&E betreibenden Unternehmen regelmäßig ein Liquiditätsvorteil entstehen.

Ausblick

Die in dem Entwurf eines Wachstumschancengesetzes vorgesehenen Änderungen des FZulG sind durchweg zu begrüßen. Die Erweiterung der förderfähigen Aufwendungen sowie die vorgesehene Erhöhung der Forschungszulage dürften die Attraktivität der Forschungszulage weiter steigern. Steuerpflichtigen, die F&E betreiben, sei geraten, den weiteren Gesetzgebungsprozess im Auge zu behalten, um ggf. ab 1.1.2024 die höchstmögliche Förderung zu erhalten.