Bereits seit einigen Jahren ist die Gebrauchtwagengarantie ein immer wiederkehrender Klassiker, wenn es darum geht, ob der Garantiepreis der Versicherungsteuer oder der Umsatzsteuer unterliegt.
Zunächst wurde die entgeltliche Garantiezusage eines Kfz-Händlers von der Verwaltung und auch den Finanzgerichten regelmäßig als unselbständige Nebenleistung zum KFZ-Verkauf eingeordnet. Mit Urteil vom 14. November 2018 hatte der Bundesfinanzhof (BFH) jedoch bereits festgestellt, dass es sich dabei nicht um eine unselbständige Nebenleistung zur Fahrzeuglieferung, sondern um eine eigenständige Leistung handelt. Sofern im Rahmen dieser Garantiezusage der Kfz-Verkäufer als Garantiegeber im Garantiefall eine Geldleistung verspricht, liege zudem eine Leistung aufgrund eines Versicherungsverhältnisses im Sinne des VersStG vor. Diese sei zwar versicherungsteuerpflichtig, aber folglich umsatzsteuerfrei (§ 4 Nr. 10 Buchst. a UStG). Unter Verweis auf die Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) hat der BFH zudem festgestellt, dass die Leistung, die der Versicherer im Versicherungsfall erbringen muss, nicht zwingend ein Geldbetrag sein muss, sondern auch aus Beistandsleistungen, entweder durch Geldzahlung oder Sachleistungen, bestehen kann.
Damit hatte die Judikative die Gebrauchtwagenbranche bereits ordentlich in Aufruhr versetzt. Denn diese sah sie sich seitdem der Gefahr ausgesetzt, vom Bundeszentralamt für Steuern als Versicherer – und somit als versicherungsteuerpflichtig – eingeordnet zu werden. Bisher hatte die Verwaltung sich jedoch noch nicht zu dem Urteil geäußert. Ein Schreiben des Bundesministeriums für Finanzen (BMF) aus dem Jahr 2010, welches die Garantieleistung grundsätzlich als als umsatzsteuerpflichtig einordnete, galt bis zum 10. Mai 2021 fort. Dies hat sich nun mit Schreiben vom 11. Mai 2021 geändert.
Die Umsetzung durch das BMF
Einordnung als selbständige Leistung
Zunächst einmal übernimmt das BMF die mittlerweile gefestigte Haltung des BFH, also die Einordnung der Leistung als selbständige Leistung. Damit kehrt es der teilweise noch vertretenen Auffassung endgültig den Rücken, wonach Garantiezusagen als Nebenleistung zum Kauf eingeordnet und entsprechend behandelt wurden.
Versicherungsteuer oder Umsatzsteuer
Im Weiteren nimmt das Schreiben zu der wesentlich brisanteren Rechtsfolge für die KFZ-Händler Stellung. Nämlich zu der Frage, ob die gegen Entgelt übernommene Garantie eine Versicherung darstellt oder eine umsatzsteuerpflichtige sonstige Leistung.
Auch hier schließt sich das BMF der Sichtweise des BFH an. Dieser hatte entschieden, dass die Garantie eine Versicherung darstellt und damit zwar umsatzsteuerfrei, aber gleichzeitig versicherungsteuerpflichtig. Dies soll unabhängig davon gelten, ob der Garantiegeber im Garantiefall eine Geldleistung oder eine Reparaturleistung verspricht. Dies ist nach Ansicht des BMF unerheblich.
Lediglich wenn ein Vollwartungsvertrag geschlossen wird, soll eine umsatzsteuerpflichtige Leistung vorliegen, da in diesen Fällen offensichtlich kein fremdes, sondern ein eigenes Risiko abgesichert würde.
Ausnahme: Wahlrecht ob Reparaturkostenersatzanspruch oder Reparaturanspruch
Sofern der Verkäufer eine Garantiezusage erteilt, bei der der Kunde wählen kann, ob er entweder einen Reparaturanspruch gegenüber dem Verkäufer oder einen Reparaturkostenersatzanspruch gegenüber einem (anderen) Versicherer geltend macht, ist zu differenzieren Dann besteht ein Versicherungsverhältnis zwischen Verkäufer und Kunde. Im Rahmen des weiteren Rechtsverhältnisses wird hingegen Versicherungsschutz verschafft. Dabei ist der Verkäufer der Versicherungsnehmer und der Kunde die versicherte Person. Beide Leistungen sind nach § 4 Nr. 10 Buchstabe a beziehungsweise b UStG umsatzsteuerfrei. Für Zwecke der Versicherungsteuer muss der Verkäufer allerdings zwischen den Rechtsverhältnissen differenzieren. Für den Anteil vom Garantieentgelt, das der Verkäufer behält, ist dieser in der Steuerpflicht. Den Anteil, den der Verkäufer an einen (anderen) Versicherer weitergibt, muss letzterer versteuern.
Verkaufsaufschläge – Versicherung für fremde Rechnung
Es ist nicht unüblich, dass Händler eine Versicherung abschließen, aus dem im Garantiefall Ansprüche des Käufers gegen den Versicherer resultieren. Hat er mit Preisaufschlag an den Kunden verrechnet, wird auch für den Preisaufschlag Versicherungsteuer fällig. Die Steuer muss in diesem Fall grundsätzlich der Versicherer entrichten. Damit dieser die Steuer ordnungsgemäß berechnen und abführen kann, ist der Händler verpflichtet, dem Versicherer die Höhe des Verkaufsaufschlags mitzuteilen. Ausnahme: Der Verkäufer als Versicherungsnehmer nimmt die Anmeldung und die Entrichtung der Steuer selbst vor.
Praxishinweise
Das BMF-Schreiben ist die konsequente Umsetzung der BFH-Rechtsprechung und dürfte sowohl von Berater- als auch Unternehmerseite erwartet beziehungsweise. befürchtet worden sein. In naher Zukunft sollten sich Garantiegeber daher darauf einstellen, dass das Bundeszentralamt für Steuern sich die Sachverhalte genauer ansehen wird.
Es lässt allerdings auch noch einige Fragen offen. So wird beispielsweise zu klären sein, in welchen Fällen von einem entgeltlichen Versicherungsvertrag auszugehen ist. Ferner ist nicht abschließend geklärt, wo die Grenze zwischen Vollwartungsvertrag und Garantie zu ziehen ist.
Das Schreiben findet bereits Anwendung auf Verträge, die ab dem 1. Juli 2021 geschlossen werden. Daher wird es nicht überall gelingen, die Verträge anzupassen, um die Versicherungsteuer zu vermeiden. Unternehmer, die Autokäufern eine Garantiezusage erteilen, werden durch die Anordnung des BFM steuerrechtlich gesehen zu Versicherern. Damit müssen sie sich gegebenenfalls beim Bundeszentralamt für Steuern registrieren lassen, monatlich Versicherungssteuer anmelden und abführen, besonderen Aufzeichnungspflichten nachkommen und separate Rechnungen für die Garantiezusagen erteilen. Dies wird einen erheblichen administrativen Mehraufwand mit sich bringen. Ein wesentlich größeres Risiko birgt allerdings die Tatsache, dass aufgrund der künftig versicherungssteuerpflichtigen, aber umsatzsteuerfreien Garantiezusagen der Vorsteuerabzug des Garantiegebers aus Eingangsleistungen (Ersatzteile, Gemeinkosten) nicht mehr möglich sein wird. Daraus resultiert eine erhebliche wirtschaftliche Schlechterstellung.
Hinsichtlich der allgemeinen Eingangsumsätze ist dann außerdem ein Vorsteuerschlüssel zu bilden. Man muss kein Prophet sein, um zu erkennen, dass die kurzfristige Umstellung einen hohen Korrekturaufwand, Rückzahlungen und in einigen Fällen sogar die wirtschaftliche Doppelbelastung mit Versicherungs- und Umsatzsteuer nach sich ziehen kann (vergleiche hierzu das Urteil des FG Köln vom 10. April 2019 - 2 K 362/16).
Um die rückwirkende Festsetzung von Versicherungsteuer bei gleichzeitiger Umsatzsteuerschuld gemäß § 14c UStG zu vermeiden, sollte jeder Unternehmer, der derartige Garantien verkauft, sich mit der Frage beschäftigen, ob er nicht ab dem 1. Juli 2021 zum Versicherer wird.