International Tax Law / Transfer Pricing | Audit & Valuation

Vereinfachung für unwesentliche Einheiten (Pillar 2)

17.01.2024 | FGS Blog

OECD veröffentlicht weitere Hinweise zu Pillar 2 Safe-Harbour-Regelungen

Das Inclusive Framework der OECD hat im Dezember 2023 eine dritte Verwaltungsrichtlinie („Administrative Guidance“) zum Pillar 2 GloBE-Regelwerk veröffentlicht. Neben detaillierten Hinweisen zur Anwendung der übergangsweisen CbCR-Safe-Harbour-Regelung (vgl. FGS-Blog v. 10.10.2023, FGS-Blog v. 02.01.2024 sowie FGS-Blog v. 10.01.2024) wird dort auch eine spezielle Safe-Harbour-Regelung für sog. „unwesentliche Geschäftseinheiten“ beschrieben.

In der Praxis wird bei der Aufstellung von Konzernabschlüssen regelmäßig darauf verzichtet, unwesentliche Tochterunternehmen einzubeziehen. Dies ist zulässig, sofern der Abschluss weiterhin ein Bild widerspiegelt, dass den tatsächlichen Verhältnissen der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage entspricht. Da für Pillar 2-Zwecke (ebenso wie für den länderbezogenen Bericht i.S.d. § 138a AO) zwingend sämtliche Geschäftseinheiten – auch die nicht konsolidierten – zu berücksichtigen sind, führt dies dazu, dass Pillar 2-relevante Informationen hinsichtlich solcher Gesellschaften aufwändig nacherhoben werden müssen. Hier kann die Safe-Harbour-Regelungen für sog. „unwesentliche Geschäftseinheiten“ eine dauerhafte Erleichterung bieten.

Nachstehend soll vor dem Hintergrund des am 21.12.2023 veröffentlichten MinStG sowie der dritten Verwaltungsrichtlinie beleuchtet werden, wann eine „unwesentliche Geschäftseinheit“ vorliegt und welche Erleichterungen damit einhergehen.

Unwesentliche Geschäftseinheiten

Einheiten sind unwesentlich i.S.d. Safe-Harbour-Regelung, wenn sie

(1)         grundsätzlich als Geschäftseinheit qualifizieren,

(2)         allein aus Größen- oder Wesentlichkeitsgründen nicht in den Konzernabschluss einbezogen wurden,

(3)         dieser nach Maßgabe eines anerkannten oder zugelassenen Rechnungslegungsstandard aufgestellt wurde und

(4)         der Konzernabschluss (und damit implizit auch die Zulässigkeit des Nicht-Einbezugs) durch einen externen Prüfer (i.d.R. eines Wirtschaftsprüfers) geprüft und bestätigt wurde sowie

(5)         – nur im Falle potenziell unwesentlicher Geschäftseinheiten deren Gesamtumsatz EUR 50 Mio. überschreitet – die Einzelabschlüsse, die zur Erstellung des länderbezogenen Berichts („Country-by-Country Report“) herangezogen wurden, ebenfalls nach Maßgabe eines anerkannten oder zugelassenen Rechnungslegungsstandards erstellt wurden.

Für Betriebsstätten gilt, da diese im Konzernabschluss mangels Rechtsträgereigenschaft nicht gesondert ausgewiesen werden, dass diese nur dann als unwesentliche Einheit qualifizieren, wenn auch das Stammhaus die o.g. Voraussetzungen erfüllt.

Anwendung modifizierter CbCR-Safe-Harbour-Tests

Im Rahmen des Safe-Harbour für unwesentliche Geschäftseinheiten greift das Inclusive Framework der OECD sodann auf bekannte Elemente des CbCR-Safe-Harbour zurück: den Routinegewinn-, den Wesentlichkeitsgrenzen- und den Effektivsteuersatztest. Die wesentliche Erleichterung liegt in der Verwendung vereinfachter Ausgangsgrößen. Der für CbCR-Zwecke ermittelte Gesamtumsatz wird sowohl als vereinfacht bestimmtes Einkommen („GloBE Income or Loss“) als auch als Umsatz („GloBE Revenue“) herangezogen. Die Steuern („Adjusted Covered Taxes“) werden ebenfalls aus dem CbCR (dort: „Steuern vom Einkommen und Ertrag - lfd. Jahr“, ohne Aufwendungen aus latenten Steuerpositionen, Aufwendungen für Vorjahre und ungewisse Steuerrisiken) übernommen.

Systembedingt wird die breitere Einkommens- und engere Steuerdefinition zu einer niedrigeren effektiven Steuerquote (ETR) führen, als dies bei Anwendungen der GloBE-Regelungen der Fall wäre. Dies soll sicherstellen, dass auch bei Anwendung der Safe-Harbour-Regelung das Mindestbesteuerungsziel erreicht wird. Damit einher geht jedoch eine wesentliche Reduzierung der praktischen Anwendungsfälle.

MinStG setzt den Safe-Harbour für sog. „unwesentliche Geschäftseinheiten“ bereits um

Der deutsche Gesetzgeber hat den Safe-Harbour bereits in §§ 79f. MinStG („Wahlrecht für vereinfachte Ausgangsgrößen bei unwesentlichen Geschäftseinheiten“) umgesetzt. Nach der Definition des § 80 Abs. 1 Satz 2 MinStG sind Geschäftseinheiten unwesentlich, wenn sie aufgrund von Wesentlichkeitserwägungen für das Geschäftsjahr nicht in einen durch einen externen Prüfer testierten Konzernabschluss einbezogen wurden.

Auf Antrag der berichtspflichtigen Geschäftseinheit wird der Steuererhöhungsbetrag auf der Grundlage zugelassener vereinfachter Berechnungen (s.o.) für eine Unternehmensgruppe auf null reduziert:

  • bei Erfüllung des Routinegewinn-Tests (= der nach den vereinfachten Berechnungen ermittelte Mindeststeuer-Gewinn ist gleich oder geringer als der substanzbasierte Freibetrag),
  • des Wesentlichkeitsgrenze-Tests (= nach den vereinfachten Berechnungen beträgt der durchschnittliche Mindeststeuer-Gesamtumsatz weniger als 10 Millionen Euro und der durchschnittliche Mindeststeuer-Gesamtgewinn weniger als 1 Million Euro Gewinn oder es liegt ein Mindeststeuer-Gesamtverlust vor) oder
  • des Effektivsteuersatz-Tests (= der nach den vereinfachten Berechnungen ermittelte effektiver Steuersatz entspricht mindestens dem Mindeststeuersatz) .

Der Safe-Harbour für vereinfachte Berechnungen (§§ 79f. MinStG) weist starke Parallelen zum CbCR-Safe-Harbour (§ 84 MinStG) auf, allerdings ohne zeitliche Befristung. Es handelt sich um ein dauerhaftes Wahlrecht.

Empfehlung

Wie auch der CbCR-Safe-Harbour stellt der Safe-Harbour für sog. unwesentliche Geschäftseinheiten spezifische Anforderungen an die Jahresabschlüsse, die Prüfung des Konzernabschlusses und nicht zuletzt an den CbCR-Prozess. Unternehmen, die im Konzernabschluss auf den Einbezug unwesentlicher Geschäftseinheiten verzichten, sollten deshalb zeitnah prüfen, ob die Inanspruchnahme das Wahlrechts gewünscht ist und entsprechende Vorbereitungen treffen. Abschließend sei noch darauf hingewiesen, dass auch nach der Definition des §§ 79f. MinStG unwesentliche Geschäftseinheiten weiterhin für Zwecke des länderbezogenen Berichts (§ 138a AO) zu berücksichtigen sind.