Capital Markets Law

Update ESG: Fondsnamen und Greenwashing – Konsultation zu neuen ESMA-Leitlinien

30.01.2023 | FGS Blog

Am 18. November 2022 hat die ESMA (European Securities and Markets Authority) ein Konsultationspapier zu Leitlinien veröffentlicht, nach welchen die Vorgaben aus der am 31. Mai 2022 veröffentlichen Unterrichtung der Aufsichtsbehörden über nachhaltigkeitsbezogene Risiken und Offenlegungen („supervisory briefing on sustainability risks and disclosures“) ergänzt werden. Im Anschluss an umfangreiche gesetzliche Neuerungen im Themenbereich ESG (Enviromental, Social and Governance) rücken mit der aktuellen Konsultation erneut Fonds in den Fokus ESG-spezifischer Regulierung.

Nach den im Konsultationspapier vorgesehenen Leitlinien der ESMA sollen Aufsichtsbehörden künftig sicherstellen, dass Fondsnamen, die ESG-bezogene oder sonstige nachhaltigkeitsbezogene Begrifflichkeiten beinhalten, lediglich auf der Grundlage  von nachweisbaren Nachhaltigkeitsmerkmalen oder -zielen des Fonds gewählt werden können. Hierdurch soll Fonds das sogenannte „Greenwashing“ weiter erschwert werden.   

Anwendungsbereich:

Nach dem aktuellen Entwurf gelten die Leitlinien für OGAW-Verwaltungsgesellschaften, einschließlich aller OGAW, die keine OGAW-Verwaltungsgesellschaft benannt haben, Verwalter alternativer Investmentfonds (AIFM), EuVECA-, EuSEF- und ELTIF-Verwalter sowie für die jeweils zuständigen Aufsichtsbehörden.

In inhaltlicher Hinsicht knüpfen die Leitlinien an einzelne Bestimmungen der OGAW-Richtlinie (2009/65/EC), der AIFM-Richtlinie (2011/61/EU), und der EU-Verordnung zur Erleichterung des grenzüberschreitenden Vertriebs von Organismen für gemeinsame Anlagen (2019/1156) an. Nach den einschlägigen Regelungen dieser Sekundärakte sollen Fondsmanager ihren Geschäftsaktivitäten in ehrlicher, fairer und sorgfältiger Weise nachgehen und im Rahmen der Fondsdokumentation und Marktmitteilungen sicherstellen, dass diese zum Schutz (potenzieller) Investoren fair, klar und nicht irreführend sind. Gerade der Name eines Fonds ist eines der wichtigsten Marketingtools im Rahmen des Vertriebs von Fondsbeteiligungen und hat daher einen wesentlichen Einfluss auf die Investmententscheidung eines potenziellen Anlegers. Die ESG-bezogene Namensgebung soll daher einer entsprechenden Prüfung unterzogen werden.   

Allgemeine Anforderungen:

Zur Vermeidung von Greenwashing und zur Schaffung größtmöglicher Transparenz sollen ESG- oder nachhaltigkeitsbezogene Fondsnamen mit den spezifischen Investmentcharakteristika des Fonds verknüpft sein. ESG- und nachhaltigkeitsspezifische Schlüsselwörter dürfen in Fondsnamen demnach nur dann auftauchen, sofern sich bestimmte Nachhaltigkeitsziele aus der Fondsdokumentation, unter anderem den entsprechenden Investitionszielen und der Anlagepolitik des Fonds erkennen lassen.

Investment-Schwellenwerte bei nachhaltigkeitsspezifischen Fondsnamen:

Die Sicherstellung, dass der Fondsname mit der Investmentallokation des Fonds vereinbar ist, soll mittels eines Abgleichs von nach der Offenlegungsverordnung (2019/2088) offenzulegenden, nachhaltigkeitsbezogenen Investments und den in den Leitlinien festgelegten Schwellenwerten erfolgen.

Nach dem Vorschlag der ESMA werden unterschiedliche Schwellenwerte als Grundlage für die Beurteilung über die Zulässigkeit eines Fondsnamens herangezogen:

  • Sofern der Fondsname ESG-bezogene Schlüsselwörter beinhaltet, muss der Fonds einen Anteil von mindestens 80 % seiner Anlagen dazu verwenden, um ökologische, oder soziale Merkmale oder nachhaltige Anlageziele gemäß seiner Investmentstrategie zu erfüllen.
  • Sollte der Name des Fonds das Wort "nachhaltig" (sustainable) oder ein anderes von diesem Begriff abgeleitetes Wort beinhalten, so sollen die vorgenannten Investitionen in Höhe von 80%, gleichzeitig zu mindestens 50% aus nachhaltigen Investitionen im Sinne von Artikel 2 Absatz 17 der Offenlegungsverordnung bestehen
  • Fonds, welche das Wort „impact“ oder sonstige impact-bezogene Begrifflichkeiten in ihrem Namen tragen, müssen ebenfalls Investments in Höhe der vorgenannten 80%- und 50%-Schwellenwerte tätigen. Darüber hinaus müssen diese Investitionen in der Absicht getätigt werden, neben der finanziellen Rendite auch positive, messbare soziale oder ökologische Auswirkungen zu erzielen.

Weitere Ausschlusskriterien:

Verbleibende Investitionen oberhalb der vorgenannten Schwellenwerte sollen ebenfalls die Unzulässigkeit eines Fondsnamens mit Nachhaltigkeitsbezug begründen können (sog. „Safeguards“). Die ESMA schlägt in diesem Zusammenhang die Ausschlusskriterien gemäß Artikel 12 Abs. 1 bis 2 der Delegierten Verordnung zur Ergänzung der Verordnung über Mindeststandards für EU-Referenzwerte für den klimabedingten Wandel und für Paris abgestimmte EU-Referenzwerte (2020/1818) vor (z.B. Investments in Tabakunternehmen).

In Kraft treten:

Nach dem aktuellen Konsultationsentwurf treten die Leitlinien drei Monate nach der offiziellen Veröffentlichung der finalen Fassung auf der Internetseite der ESMA in Kraft. Für Fonds, die zum Zeitpunkt der Veröffentlichung bereits existieren, soll eine Übergangsfrist von sechs Monaten ab offizieller Veröffentlichung der Leitlinien gelten, wobei die betroffenen Fonds nach Ablauf der Übergangsfrist entweder ihre Investitionen an die entsprechenden Schwellenwerte angleichen oder ihren Namen abändern müssen. 

Ausblick:

Vor dem Hintergrund des Ablaufs der Konsultationsfrist am 20. Februar 2023 bleibt abzuwarten, inwieweit noch weitere Änderungen, bzw. Ergänzungen des Leitlinienentwurfs erfolgen. Aufgrund der stetig zunehmenden Regulierung im Bereich ESG sollten jedenfalls die entsprechenden Veröffentlichungen der ESMA laufend im Auge behalten werden.