Umsatzsteuerliche Begünstigung von Corona-Tests und Corona-Impfungen

04.11.2020 | FGS Blog
Dr. Andreas Erdbrügger      Dr. Bastian Liegmann

Die EU-Kommission hat am 28. Oktober 2020 beschlossen, die vorläufigen Begünstigungen für die Einfuhr von medizinischem Corona-Equipment und Corona-Tests bis einschließlich April 2021 zu verlängern (COM(2020) 688 final).

 

Darüber hinaus hat die EU-Kommission einen Vorschlag für weitreichende umsatzsteuerliche Begünstigungen bei Lieferungen von COVID-19-Tests und -Impfstoffen sowie der damit eng zusammenhängenden Dienstleistungen vorgestellt.

 

Die Mitgliedstaaten können demnach – fakultativ – für diese Leistungen einen ermäßigten Steuersatz oder sogar eine „echte“ Umsatzsteuerbefreiung einführen (Art. 129a MwStSystRL n.F.). Das heißt: Trotz der Umsatzsteuerfreiheit würden die hiervon profitierenden Unternehmer das Recht zum Vorsteuerabzug behalten.

 

Der Richtlinienvorschlag gibt vor, dass es sich bei den begünstigungsfähigen Corona-Tests um COVID-19-In-vitro-Diagnostika handeln soll, die den Bestimmungen der Verordnung (EU) 2017/745 sowie sonstigen anwendbaren Harmonisierungsvorschriften der EU entsprechen. Danach müssen die Tests insbesondere eine CE-Kennzeichnung tragen. Zudem ist hinsichtlich der Impfstoffe vorgesehen, dass nur diejenigen Impfstoffe von den Steuerbegünstigungen erfasst sein sollen, die von der EU-Kommission oder von Mitgliedstaaten zugelassen sind. Impfstoffe, die etwa in den USA zugelassen worden sind, wären mithin nicht erfasst. Insoweit sind bei diesem so wichtigen Thema Abgrenzungsschwierigkeiten zu befürchten.

Hintergrund der Umsatzsteuerbegünstigungen

Mit dem jetzigen Vorschlag flankiert die Kommission die bereits am 18. Juni 2020 vorgestellte EU-Strategie für COVID-19-Impfstoffe (COM(2020) 245 final). Hierbei handelte es sich um einen Leitfaden, mit dem die Qualität, Sicherheit und Wirksamkeit der Impfstoffe sowie einen raschen und gleichberechtigten Zugang zu solchem im europäischen Raum zu gewährleisten. Gleichzeitig wurden im Laufe der Zeit die Corona-Testungen in den Mitgliedstaaten durchgeführt. Hieran knüpft nun der neue Vorschlag der EU-Kommission an.

 

Ziel ist es, die Lieferungen von COVID-19-Tests und -Impfstoffen und damit eng zusammenhängende Dienstleistungen noch stärker zu begünstigen. Damit sollen insbesondere Krankenhäuser und Gesundheitsämter als Hauptabnehmer entlastet werden, die in der Regel bezüglich dieser Eingangsleistungen nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt wären.

 

Derzeit sieht das Unionsrecht zwar die Möglichkeit eines ermäßigten Steuersatzes für Impfstoffe, nicht jedoch für Tests vor (Art. 98 MwStSystRL). Zudem sind ärztliche Heilbehandlungen und Krankenhausbehandlungen unter den Voraussetzungen der Art. 132 Abs. 1 Buchst. b) und c) MwStSystRL umsatzsteuerfrei, jedoch mit korrespondierendem Ausschluss des Vorsteuerabzugs.

 

Die EU-Kommission hält die bisherigen Maßnahmen für unzureichend, um den aktuellen Herausforderungen im Zusammenhang der Pandemie zu begegnen.

 

Die umsatzsteuerlichen Begünstigungen wirken sich zunächst insbesondere auf die Hersteller und Lieferanten von COVID-19-Tests und -Impfstoffen aus. Hier bleibt allerdings abzuwarten, ob und in welchem Umfang – nach der zunächst erforderlichen Verabschiedung des Richtlinienvorschlags – Deutschland die neuen Begünstigungsmöglichkeiten umsetzen wird.

 

Abgrenzungsfragen dürften sich in der Praxis dazu ergeben, welche Dienstleistungen mit den Tests und den Impfungen ausreichend „eng zusammenhängen“. Der Richtlinienentwurf gibt hierfür noch keine Hinweise.