Umsatzsteuerbefreiung auf Vorstufen

02.01.2018 | FGS Blog

Nach zahlreichen EuGH-Urteilen zur Vorstufenbefreiung bei Umsätzen für die Luft- und Seeschifffahrt hat das BMF mit Schreiben vom 6. Oktober 2017 endlich den Anwendungserlass – zumindest teilweise – an diese neuere Rechtsprechung angepasst. Eine Übernahme der EuGH-Rechtsprechung der letzten Jahre war längst überfällig. Dies gilt insbesondere, wenn man berücksichtigt, dass die bisherigen Verwaltungsanweisungen auf einer Überinterpretation der „Elmeka“ Entscheidung (vgl. EuGH-Urt. v. 14.09.06, C-181/04 bis C-183/04) fußten.

EuGH-Urteil „A-Oy“ vom 4. Mai 2017

Fragestellung in dem aktuellen EuGH-Urteil zur Vorstufenbefreiung (EuGH-Urt. v. 04.05.2017, C-33/16): Sind Leistungen der A Oy, wie  das Be- und Entladen von auf hoher See zur Ausübung von Handelstätigkeiten eingesetzten Schiffen, von der Umsatzsteuer befreit?

 

Der EuGH entschied, dass das Be- und Entladen eines Schiffs auch als Leistungen unmittelbar für den Bedarf eines Schiffs und seiner Ladung zu verstehen sind, wenn der Schiffsbetreiber nicht unmittelbarer Vertragspartner ist. Entsprechend kam er zu dem Schluss, dass die Steuerbefreiung auch bei Be- und Entladedienstleistungen wie den im Ausgangsverfahren fraglichen (= Dienstleistungen von einem Unterauftragnehmer/Subunternehmer an einen Auftraggeber, die dieser dann einem Speditions- oder Transportunternehmen weiterberechnet) auf einer vorangehenden Handelsstufe gilt.

Anpassung der Verwaltungsauffassung zu Umsatzsteuerbefreiung

Nach dem BMF-Schreiben vom 6. Oktober 2017 wird nun in der entsprechende Stelle in den Verwaltungsanweisungen (Abschn. 8.1. Abs. 1 S. 3 des UStAE n.F.) negativ abgegrenzt. Dort heißt es: die Steuerbefreiung kann sich „… nicht auf Umsätze auf den vorherigen Stufen erstrecken, wenn im Zeitpunkt dieser Leistungen deren endgültige Verwendung für den Bedarf eines Seeschiffes ihrem Wesen nach nicht feststeht; …“.

 

So könnte man nun im Umkehrschluss positiv annehmen, dass die Befreiung des § 8 Abs. 1 UStG auch auf Leistungen auf den Vorstufen Anwendung findet. Dies jedoch nur, wenn im Zeitpunkt der Leistungserbringung deren endgültige Verwendung für den Bedarf eines Seeschiffes ihrem Wesen nach feststeht.

 

Im neuen UStAE wurde jedoch die zusätzliche Bedingung aufgeführt, dass:

 

„[…]die endgültige Zweckbestimmung der Leistung nicht erst durch besondere Kontroll- und Überwachungsmechanismen nachvollziehbar[…]“ sein darf, damit auch auf den Vorstufen die Befreiung greift.

 

Heißt das also im Umkehrschluss, dass die Steuerbefreiung gilt, sobald leicht und einfach nachvollziehbar feststeht, dass die Leistung auf der Vorstufe endgültig für den Bedarf eines Seeschiffes verwendet wird?

 

Oder erfährt die Anwendung der Steuerbefreiung hier eine erhebliche Einschränkung, wenn die Verwendung der Leistungen nicht bereits ihrer Art nach, sondern erst durch Kontroll- und Überwachungsmechanismen feststellbar ist?

 

Folgt man der Rechtsprechung des EuGH, müsste die Steuerbefreiung auf jeden Fall zum Tragen kommen, wenn bereits Kontroll- und Überwachungsmechanismen eingerichtet sind. Diese müssen gewährleisten, dass die endgültige Zweckbestimmung einer Lieferung oder Dienstleistung schon auf den vorherigen Handelsstufen dokumentiert wird. Der EuGH hat in der Sache „Elmeka“ die Einführung von zusätzlichen Kontroll- und Überwachungsmechanismen in den Mitgliedstaaten explizit negiert. Eine Steuerbefreiung müsse von den Mitgliedstaaten generell auf eine einfache Weise umgesetzt werden können, um eine korrekte Anwendung sowie die Verhinderung von Steuerhinterziehung, Steuerumgehung oder Missbrauch zu ermöglichen. Entsprechend wird auch die Formulierung im BMF-Schreiben dahingehend verstanden werden müssen, dass die Verwendung nicht erst durch zusätzliche noch zu schaffende Überwachungsmechanismen feststehen darf.

 

Das BMF-Schreiben lässt jedoch offen, was vor dem „erst“ ist, wenn die Zweckbestimmung „nicht erst“ durch (noch zu schaffende) Kontroll- und Überwachungsmechanismen nachvollziehbar sein darf. Somit bleibt die Frage nach den Belegen bzw. Nachweisen – Art, Form und Umfang – der Verwendung leider ungeklärt.