International Tax Law / Transfer Pricing | Audit & Valuation

Pillar II Risiken aufgrund mangelhafter CbCRs

10.10.2023 | FGS Blog

Relevanz des Country-by-Country Reporting steigt

Bislang fand der länderbezogene Bericht gem. §138a AO (sog. „Country-by-Country Reporting“ bzw. „CbCR“) in der Praxis vornehmlich im Rahmen der Verrechnungspreisdokumentation Beachtung. So war es die im BEPS-Aktionspunkt 13 formulierte Intention, ein Instrument zu schaffen, das der Risikobewertung von Verrechnungspreisen und BEPS-Risiken für die Steuerverwaltungen dient.

Der länderbezogene Bericht gewinnt mit dem am 11. August 2023 veröffentlichten Regierungsentwurf für ein Gesetz zur Gewährleistung einer globalen Mindestbesteuerung für Unternehmensgruppen („MinStG-E“) nun deutlich an Relevanz. Hintergrund ist die befristete Übergangsregelung gemäß § 81 MinStG-E (sog. „CbCR-Safe-Harbour“), welche im Kern auf dem länderbezogenen Bericht beruht und das Verfahren deutlich vereinfacht. Die Komplexität der globalen Mindeststeuer lässt sich hierdurch in den ersten Jahren erheblich reduzieren.

Anwendungsvoraussetzungen der CbCR-Safe-Harbour Regelung

Die CbCR-Safe-Harbour Regelung erlaubt es unter gewissen Voraussetzungen, den Steuererhöhungsbetrag einschließlich des zusätzlichen Steuererhöhungsbetrags jurisdiktionsbezogen pauschal mit EUR 0 anzusetzen. Die Regelung gilt während eines Übergangszeitraums für Geschäftsjahre, die am oder vor dem 31. Dezember 2026 beginnen und vor dem 1. Juli 2028 enden.

Der CbCR-Safe-Harbour enthält drei selbstständige Anwendungsvoraussetzungen, die auf Basis der in einem „qualifizierten“ länderbezogenen Bericht enthaltenen Informationen geprüft werden sollen. Diese werden für die Anwendung der CbCR-Safe-Harbour Regelung abgebildet in einer Wesentlichkeitsüberlegung (sog. „De-minimis-Test“), einem vereinfacht berechneten effektiven Steuersatz (sog. „ETR-Test“) sowie einem Vergleich des Vorsteuer-Ergebnisses mit der approximierten wirtschaftlichen Substanz der Unternehmensgruppe in einer Jurisdiktion (sog. „Substanztest“).

Qualifizierter länderbezogener Bericht als Anwendungsvoraussetzung

Nach der dem Mindeststeuergesetz eigenen Definition ist ein länderbezogener Bericht „qualifiziert“, wenn dieser mit einem qualifizierten Konzernabschluss erstellt wurde. Als qualifizierter Konzernabschluss wiederum gelten (a) die Handelsbilanzen II, (b) die nach einem anerkannten oder zugelassenen Rechnungslegungsstandard aufgestellten Jahresabschlüsse oder (c) im – Falle einer aus Wesentlichkeitsgründen nicht in den Konzernabschluss einbezogenen Geschäftseinheit – der Jahresabschluss, der für die Erstellung des länderbezogenen Berichts der Unternehmensgruppe verwendet wird.

Damit wird ein besonderes Augenmerk auf die Vollständigkeit des länderbezogenen Berichts gelegt, insbesondere im Hinblick auf gemäß §296 Abs. 2 HGB unwesentliche Geschäftseinheiten. Noch bis zur Änderung des §138a AO im Jahressteuergesetz 2020 war dies in Deutschland zumindest nicht unumstritten.

Fehlerhafter länderbezogener Bericht wird fortan doppelt sanktioniert

Seit jeher stellt die vorsätzliche oder leichtfertige Nichtabgabe sowie die nicht vollständige oder nicht rechtzeitige Abgabe eines länderbezogenen Berichts eine Ordnungswidrigkeit dar. Zwar wurde seitens der OECD in der Vergangenheit bereits eine nicht ausreichende Datenqualität für die Einführungsjahre attestiert, jedoch folgten bislang keine unmittelbaren Auswirkungen auf die materielle Steuerposition der Unternehmensgruppe. Der länderbezogene Bericht stand deshalb zumeist nicht im Fokus von Unternehmen und Finanzbehörden.

Mit der Einführung des Mindeststeuergesetzes ändert sich dies grundlegend. Künftig spielen die Datenqualität und Vollständigkeit des länderbezogenen Berichts eine gewichtige Rolle für die Frage, ob die CbCR-Safe-Harbour Regelung angewandt werden darf oder eine umfassende – teils sehr aufwändige – Ermittlung der Mindeststeuer erfolgen muss.

Wird von der CbCR-Safe-Harbour Regelung Gebrauch gemacht und basiert deren Anwendung auf einem fälschlich als „qualifiziert“ eingeschätzten bzw. eines vorsätzlich oder leichtfertig unvollständigen oder unrichtigen länderbezogenen Berichts, führt dies nun zu einer materiell unrichtigen Mindeststeuererklärung sowie zu einem unrichtigen Mindeststeuerbericht. Somit besteht ein erhebliches Risiko, dass künftig ein fehlerhafter länderbezogener Bericht im Ergebnis mehrfach sanktioniert wird.

CbCR-Prozesse spätestens für das Wirtschaftsjahr 2024 evaluieren

Unternehmensgruppen sollten daher spätestens mit Blick auf den länderbezogenen Bericht für das Wirtschaftsjahr 2024 ihre bestehenden Prozesse und Abläufe evaluieren und – falls noch nicht geschehen – anpassen, um eine angemessene Datenqualität und die fristgerechte Abgabe eines vollständigen länderbezogenen Berichts gewährleisten zu können.

Nicht zu unterschätzen ist dabei auch der Zeitfaktor. Erst mit Vorlage des länderbezogenen Berichts für das Wirtschaftsjahr 2024 kann beurteilt werden, ob die CbCR-Safe-Harbour Regelung zur Anwendung kommen kann. Wird die CbCR-Safe-Harbour Regelung im Wirtschaftsjahr 2024 mangels qualifizierten länderbezogenen Berichts nicht angewendet, ist diese auf Dauer ausgeschlossen. Es ist daher zu empfehlen, durch eine proaktive Evaluierung der bestehenden Prozesse die Anwendungsvoraussetzung für die Erleichterung zu schaffen.